Schwelm. „Welcher junge Mensch arbeitet schon gern im Kreishaus, wenn es woanders moderner ist?“, fragen sich Mitarbeitende des EN-Kreises.
Im Streit um die Sanierung des Kreishauses melden sich auch die Mitarbeitenden zu Wort. Wie eine Quelle aus der Belegschaft (Name der Redaktion bekannt) berichtet, belastet das Thema vor allem auch die jüngeren Kolleginnen und Kollegen der Kreisverwaltung.
So berichtet die Person, die in diesem Zusammenhang gerne anonym bleiben möchte, dass diese sich Sorgen um die Sicherheit und Attraktivität ihres Arbeitsplatzes machten. Auf der einen Seite steht die - wohlgemerkt überspitzt formulierte - Frage: Fällt uns hier gleich die Decke auf den Kopf? Auf der anderen Seite steht die Frage: Wie lange möchten wir hier noch arbeiten, wenn die Sanierung noch länger auf sich warten lässt?
Das deckt sich mit den Stellungnahmen, die der Personalrat des Ennepe-Ruhr-Kreises bereits abgegeben hat. Auch hier geht es vor allem um Arbeitssicherheit und Fachkräftemangel. So heißt es: „Der Personalrat fordert für alle Mitarbeiter einen sicheren und gesunden Arbeitsplatz und ein Dienstgebäude, das der Wertschätzung der Mitarbeiter angemessen ist.“
Sanierung ist Städten zu teuer
Zum Hintergrund: Ein Gutachten kommt zu dem Schluss, dass der Hauptverwaltungssitz des Ennepe-Ruhr-Kreises in Schwelm ab Ende 2027 nicht mehr genutzt werden darf. Dabei geht es um sicherheitsrelevante, bauliche Mängel, eine völlig überholte Elektrik und Schadstoffe in der Bausubstanz. Die Sanierung des Kreishauses und des dazugehörigen Parkdecks würde mindestens 141 Millionen Euro kosten. Geld, das die neun Kommunen im Landkreis über die sogenannte Kreisumlage bezahlen müssten.
Die wiederum sehen sich selbst finanziell mit dem Rücken zur Wand. In einem gemeinsamen Schreiben forderten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister vom Landrat und den Kreistagsmitgliedern, in den Planungen zur Kreishaussanierung mitentscheiden zu können, bis auch sie sich konsensuell den Plänen der Kreisverwaltung anschließen könnten.
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Das wiederum brachte Landrat Olaf Schade und die Kreistagspolitikerinnen und -politiker ordentlich auf die Palme. Der Kreistag fasste den Beschluss, dass der Landrat mit den Städten umgehend eine gemeinsame Planung für eine Bestandssanierung des Kreishauses auf den Weg bringt. Diese soll zum einen die rechtlich unabdingbar notwendigen Maßnahmen für die Sanierung abdecken, gleichzeitig aber kostenmäßig deutlich unterhalb des Betrages liegen, der für die aktuell von der Kreisverwaltung favorisierte Lösung veranschlagt würde. Dazu bittet der Landrat die Städte, einen eigenen Gutachter vorzuschlagen, der diesen Prozess begleitet oder durchführt. Bedeutet: Die ganze Sache zieht sich weiter in die Länge.
In Sorge vor Teufelskreis
„Die Kritik an den Kosten der geplanten Sanierung ist aus Sicht der kreisangehörigen Städte grundsätzlich nachvollziehbar, aber wie Gutachter und Planer zeigen, nicht umgehbar“, heißt es dazu in dem anonymen Schreiben, das der Redaktion aus der Kreisbelegschaft bereits im Vorfeld des Beschlusses zugegangen ist. Mit der Kreishaussanierung versuche der Ennepe-Ruhr-Kreis nicht nur eine funktionale und zeitgerechte Arbeitsumgebung für seine Belegschaft zu schaffen, sondern allem voran einen gefahrenfreien, arbeitsrechtskonformen und schadstofffreien Arbeitsplatz sicherzustellen - so wie es von einem Arbeitgeber erwartet werde.
„Alle Welt redet über den notwendigen Wandel der Arbeitswelt (Stichwort: New Work). Die Babyboomer gehen bald zahlreich in Rente und drohender Personalmangel macht sich bereits heute bemerkbar - Letzteres vor allem im öffentlichen Dienst“, heißt es weiter in der Zuschrift. Der Arbeitsmarkt sei längst zu einem hart umkämpften Wettbewerb geworden.
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„Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sprechen sich gegen die vorgeschlagene Sanierung aus. Dass dadurch die nachfolgenden Generationen dann diesen Missstand ausbaden müssen, scheint nicht zu interessieren“, so die Person aus dem Kreishaus. „Ein Aufschieben der Sanierung führt vor allem in Zeiten mit solch freiem Arbeitsplatzangebot zu vorprogrammiertem Personalmangel und einem Teufelskreis, dem die Kreisverwaltung nicht entkommen wird.“
Diverse Sicherheitsmaßnahmen
Die Rede ist von tropfenden Decken, sich lösenden Böden, von der Sorge vor gesundheitlichen Auswirkungen. „Ist es wirklich das, was die Kommunalpolitik den Mitarbeitenden beim Kreis zumuten möchte?“, fragt die anonyme Quelle. Bereits jetzt gebe es eine Vielzahl an unbesetzten Stellen. „Welcher junge Mensch wählt schon gern das sanierungsbedürftige und schadstoffbelastete Kreishaus als Ort, an dem er den Großteil seiner Woche verbringt, wenn es woanders wesentlich moderner und sicherer ist?“ Eine Kreisverwaltung ohne Mitarbeitende könne ihre verpflichtenden Aufgaben nicht erfüllen - nicht für die Bürgerinnen und Bürger und auch nicht für die Städte im Kreis.
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Die Kreisumlage steht das nächste Mal für die Sitzung des Kreistages am Montag, 28. Oktober, ab 17 Uhr im Kreistagssitzungssaal, Hauptstraße 92 in Schwelm, auf der Tagesordnung. Dann wird es auch um die gemeinsame Stellungnahme der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister zum Kreishaushalt gehen.