Brilon. Der Schutzstatus des Wolfs wurde herabgestuft. Mit Rechtsänderungen könnte der Wolf bald auch im Sauerland zum Abschuss freigegeben werden.

Die Rückkehr des Wolfs in heimische Wälder und die Sorge, er könnte Schafe und andere Nutztiere reißen, sind auch im Sauerland ein wiederkehrendes Thema. Im Jahr 2023 wurde in Hallenberg erstmals nachweislich ein Weidetier von einem Wolf gerissen. Nun haben die Mitgliedsstaaten der Berner Konvention den besonderen Schutzstatus des Wolfs herabgesetzt. Dadurch ist der Weg frei, um diese Entscheidung auch im europäischen und deutschen Recht umzusetzen. Der Wolf könnte dann zum Abschuss freigegeben werden.

Politische Reaktionen

„Dies ist eine gute Nachricht für die Menschen in unserer Region, insbesondere für die Weidetierhalter“, erklärt der südwestfälische CDU-Europaabgeordnete Dr. Peter Liese in einer Pressemitteilung. Die Entscheidung gehe auf eine Initiative seiner Fraktion im Europäischen Parlament aus dem Jahr 2022 zurück. Jetzt gelte es, diese auch in europäisches Recht umzusetzen. „Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dies zügig geschieht. Der Wolf ist schon lange nicht mehr vom Aussterben bedroht. Vielmehr bedroht der Wolf andere Tiere, insbesondere Weidetiere und die damit verbundene naturnahe Landwirtschaft“, so Liese.

Peter liese, CDU
Dr. Peter Liese (CDU) begrüßt die Entscheidung und will sich für eine schnelle Umsetzung im europäischen Recht einsetzen. © CDU | cdu

Auch der Bundestagsabgeordnete und stellvertretende SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese begrüßt in einer Pressemitteilung die Entscheidung: „Weidetierhaltung und Wolfsschutz können so besser in Einklang gebracht werden. Denn klar ist: Mehr Wölfe können zu mehr Rissen auf der Weide führen, auch bei uns im Sauerland. Das belastet unsere heimischen Weidetierhaltenden sehr.“ Nun sei es möglich, klare und rechtssichere Regeln für den Umgang mit problematischen Wölfen zu schaffen. Bevor jedoch Gesetze auch in Deutschland geändert werden könnten, müsse zunächst das EU-Recht angepasst werden.

EU-Verordnung zur Bekämpfung der Entwaldung
Dirk Wiese (SPD) sieht durch die Entscheidung nun die Möglichkeit die Wolfsbestände gleichzeitig zu regulieren und zu schützen. © WP | Dirk Wiese

Sorgen der Landwirtschaft

Die von den Politikern angesprochenen Sorgen um Weidetiere teilt auch Barbara Kruse, Sprecherin des Landwirtschaftlichen Kreisverbands im Hochsauerlandkreis: „Mit den Schutzzäunen wurden bisher schlechte Erfahrungen gemacht.“ Diese seien in der Praxis wenig effektiv. Wichtig sei jedoch zu bedenken, dass neben dem europäischen Recht auch das Bundesnaturschutzgesetz geändert werden müsse. Erst dann könnten Landesregierungen eigene Regelungen treffen. „Bei der derzeitigen politischen Lage ist da ein Termin noch nicht in Sicht.“ Dennoch sei festzuhalten, dass die Entscheidung ein Schritt in die richtige Richtung für Weidetierhalter sei. Dies gelte sowohl für Tierhalter im Sauerland, als auch im Rest Deutschlands.

Lesen Sie auch:

Perspektive der Jägerschaft

„Praktisch ändert sich erst einmal noch nichts“, sagt Ansgar Wulf, Sprecher der Kreisjägerschaft. Auch er verweist darauf, dass noch ein langer Weg durch die unterschiedlichen legislativen Instanzen bevorstehe. Zunächst müssten die EU FFH Richtlinien geändert werden, dann müsse die Bundesregierung aktiv werden - und entweder das Bundesnaturschutzgesetz oder das Jagdgesetz anpassen. „Was die Herabstufung für die Praxis bedeutet, bleibt also noch abzuwarten. Bezogen auf die Forderung der Verbände im ländlichen Raum nach einem aktiven Wolfsmanagement kann diese Entscheidung aber wohl als erster Schritt gewertet werden.“

Ansgar Wulf Sprecher der Kreisjägerschaft im HSK
Laut Ansgar Wulf ist es noch zu früh abzuschätzen, was die Entscheidung für die Praxis bedeutet. © WP | Katharina Kalejs

Position des Landes NRW

Insgesamt lebt nur ein Prozent der deutschen Wölfe in NRW, dennoch sei auch immer mit durchwandernden Tieren zu rechnen. Diese könnten sich für mehrere Tage oder Wochen und daher auch in Gebieten aufhalten, in denen keine ständigen Populationen sind. Malte Wetzel, Sprecher des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in NRW, betont, dass die Landesregierungen das Wolfsmanagement inklusive Herdenschutz dauerhaft weiterentwickeln. Unabhängig von der Entscheidung der Berner Konvention spiele der Weidetierschutz auch weiterhin eine zentrale Rolle. „Die von der EU geplante Anpassung des Schutzstatus kann helfen, die Wölfe, die erhebliche Schäden verursachen, entnehmen zu können. Als Land setzen wir uns für praktikable und rechtssichere Lösungen ein.“

Opposition von Seiten der Tierschützer

Wolfgang Kwasnitza, Sprecher des Landesfachausschusses Wolf beim NABU NRW, erklärt, der Landesverband teile die kritische Einschätzung des Bundesverbands. Der NABU NRW befürchtet, dass diese Entscheidung den Natur- und Artenschutz schwächt. Er betont, dass die Entscheidung auf der Berner Konvention politisch motiviert gewesen sei und nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe. „Der einfachere Abschuss einzelner Wölfe sowie die Bestandsregulierung durch Bejagung werden nicht zu einer Reduzierung der Nutztierrisse führen. Im Gegenteil: Die Zerstörung der sozialen Strukturen der Wolfsrudel kann mehr Übergriffe auf immer noch ungenügend oder gar nicht geschützte Weidetiere zur Folge haben.“ Stattdessen fordere der NABU NRW eine höhere Förderung und Finanzierung wirksamer Herdenschutzmaßnahmen.