Winterberg. Immer wieder gibt es Debatten über die Klimaverträglichkeit von Schneeerzeugern. Hier sind die Zahlen und Fakten zum Winterberger Skigebiet.

Jeden Winter flammt erneut Kritik auf. In den Skigebieten des Sauerlands laufen die Schneekanonen an und sorgen für eine wintersportgerechte Pistenbeschneiung. Der Stromverbrauch und der mögliche Klimaschaden solcher Anlagen ist immer wieder Anlass für Diskussionen. Wie viel Strom diese Anlagen wirklich verbrauchen und welchen Nutzen oder Schaden sie bringen, kann anhand einiger Vergleichswerte grob berechnet werden.

Schneekanonen: Wieviel sie wirklich verbrauchen

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Laut Susanne Schulten der Sprecherin der Wintersport-Arena Sauerland, gibt es in der Region ungefähr 670 Schneeerzeuger von denen etwa 370 im Skiliftkarussell Winterberg aufzufinden sind. Es handelt sich um eine Vielzahl von Modellen verschiedener Hersteller, die daher unterschiedliche technische Daten haben. Ältere Modelle wie der TechnoAlpin M18 und M20, aber auch neuere Geräte wie der TF10 oder Titan 3.0 von Demaclenko sind häufiger vertreten.

Die Maschinen haben verschiedene Spezifikationen. Zur Vereinfachung wird in dieser Überprüfung von denen mit höheren Leistungen ausgegangen – in etwa 25 Kilowatt (kW). Nach den Angaben der Wintersport-Arena Sauerland benötigt es für die Grundbeschneiung der Pisten etwa eine Woche. Um eine Vorstellung über den möglichen Stromverbrauch zu bekommen, bietet sich daher folgende Rechnung an:

370 (Schneeerzeuger) x 25 kW x 24 (Stunden/h) x 7 (Tage) = 1.554.000 Kilowattstunden (kWh)

Der durchgehende Betrieb aller Schneeerzeuger im Skiliftkarussell Winterberg für eine Woche würde also 1.554 MWh Strom verbrauchen. Laut Umweltbundesamt werden in Deutschland pro kWh des verbrauchten Stroms durchschnittlich 380 Gramm CO2 ausgestoßen. Um den Treibhausgas-Ausstoß zu berechnen, bietet sich daher nun folgende Rechnung an:

1.554.000 (kWh) x 0,38 kg = 590.520 kg

Demnach würde ein einwöchiger ununterbrochener Betrieb aller 370 Schneeerzeuger im Skiliftkarussell Winterberg 590,52 Tonnen CO2 ausstoßen. Das wäre laut Umweltbundesamt in etwa der durchschnittliche CO2-Ausstoß von 59 Personen in einem Jahr in Deutschland.

Angaben der Wintersport-Arena Sauerland zufolge sind je nach Winter ein bis drei Grundbeschneiungen notwendig. Das würde einen CO2-Ausstoß zwischen 590 und 1.770 Tonnen CO2 bedeuten - ausgehend von dem durchschnittlichen deutschen Strommix. .„Darüber hinaus wird im gesamten Skigebiet ‚grüner‘ Strom genutzt“, wie Schulten mitteilt. Bei Verwendung von Ökostrom würden diese Werte bedeutend niedriger liegen. Da jedoch kein Einblick in den genauen Strom-Mix des Skiliftkarussells Winterberg besteht, wird sich weiterhin am deutschen Strommix orientiert.

Schneekanonen: Die Allwettererzeuger

Neben normalen Schneeerzeugern werden auch Allwetterschneeerzeuger im Skiliftkarussell Winterberg eingesetzt. Maschinen wie KTIsnowPRO 210 und 360. Diese Anlagen können 210 bis 360 Kubikmeter Schnee am Tag erzeugen – auch bei Plusgraden. Nach Angaben auf der Webseite von Demaclenko, dem Vertriebspartner des Herstellers KTI Plersch, haben diese Geräte einen Verbrauch von 21,4 kWh/m³ und 16,9 kWh/m³.

Sieben neue Anlagen dieser Art sollen im kommenden Winter im Skiliftkarussell Winterberg stehen. Dabei würde es sich bei ununterbrochener einwöchiger Nutzung, um einen Stromverbrauch zwischen 220 Megawattstunden (MWh) und 298 MWh handeln. Der CO2-Ausstoß würde sich dabei auf zwölf bis 16 Tonnen belaufen.

Wenn diese Maschinen aufgrund ihrer Ungebundenheit an die Witterung von Oktober bis März durchgehend in Betrieb wären, würden sie 5.720 MWh bis 7.748 MWh Strom verbrauchen. Genug um 1.650 bis 2.230 Zwei-Personen-Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen - nach Zahlen des Statistischen Bundesamts für das Jahr 2021. Dies würde einen CO2-Ausstoß von 2.173 bis 2.944 Tonnen bedeuten.

Bei zwei dieser Anlagen kann ebenfalls noch die Gewinnung von Wärmeenergie mit einberechnet werden. Bei der Erzeugung des Schnees entsteht nämlich Abwärme, die für die Wärmeversorgung mittels Fernwärme genutzt werden kann. Die Anlagen am Schneewittchenhaus und am Poppenberg können dabei eine Leistung von 95 kW und 160 kW erreichen. Das Schneewittchenhaus wird bereits durch die Anlage mit Fernwärme versorgt - am Poppenberg finden aktuell noch Arbeiten dafür statt.

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Klimabilanz der Schneeerzeuger: Wie sind die Zahlen einzuordnen?

Im Klimaschutzkonzept des Hochsauerlandkreises aus dem Jahr 2023 wurden Berechnungen nach der Bilanzierungs-Systematik für Kommunen (BISKO) für einzelne Gemeinden im Kreis erstellt. BISKO ist für grobe Hochrechnungen geeignet, kann jedoch nicht alle Faktoren passgenau einbinden – so können zum Beispiel nur leitungsgebundene Verbrauchswerte überprüft werden. Da die Schneeerzeuger am Stromnetz angeschlossen sind, kann man jedoch davon ausgehen, dass diese in die Berechnungen aufgenommen werden.

Für die Gemeinde Winterberg wurde für das Jahr 2019 ein Endenergiebedarf von 365.743 MWh errechnet. Davon entfielen in etwa 18 Prozent beziehungsweise 65.833 MWh auf den Energieträger Strom. Eine Woche Dauerbetrieb aller Schneekanonen im Skiliftkarussell Winterberg würde also etwa zwei Prozent des Gesamtjahresbedarfs an Strom in der Gemeinde ausmachen. Bei drei Grundbeschneiungen wären es sechs Prozent und mit einem sechs-monatigen Dauerbetrieb der Allwetter-Geräte etwa 16 bis 19 Prozent.

Lokal
Erstes Skiwochenende der Saison 2024/2025 in Winterberg. Am Poppenberg waren einige Skifahrer auf der Piste unterwegs. Möglich machen das Allwetter-Schneeerzeuger. © Mark Clemens | Mark Clemens

Der Ausstoß an Treibhausgasen der Gemeinde Winterberg im Jahr 2019 wurde ebenfalls mittels BISKO errechnet und beläuft sich auf 110.874 Tonnen. Der CO2-Ausstoß bei einem einwöchigen Dauerbetrieb aller Schneekanonen würde davon in etwa ein halbes Prozent ausmachen. Bei drei Grundbeschneiungen wären es 1,5 Prozent und mit einem sechsmonatigen Dauerbetrieb der Allwetter-Geräte etwa 3,5 bis vier Prozent.

Klimabilanz der Schneeerzeuger: Ökostrom in Winterberg

Die Liftbetreiber in Winterberg arbeiten an ihrer Klimabilanz. Nach Angaben von Susanne Schulten werden über die Photovoltaik-Anlagen der Liftbetreiber jährlich in etwa 900 MWh Strom erzeugt. Das Umweltbundesamt gibt an, dass Strom aus Photovoltaik-Anlagen bei einer Nutzungsdauer von 30 Jahren etwa 43 bis 63 Gramm CO2 pro kWh verursacht. Dies beruht auf der Freisetzung im Rahmen der Herstellung der Anlagen. Für die Berechnung wird daher ein Mittelwert von 54 Gramm pro kWh angenommen.

Die Photovoltaik-Anlagen produzieren also 47,7 Tonnen CO2 im Jahr – im deutschen Strommix würde die gleiche Menge Strom 342 Tonnen CO2 verursachen. Dank der Solaranlagen werden somit fast 300 Tonnen CO2 eingespart. Dieser Strom wird zwar nicht direkt für den Betrieb der Schneeerzeuger eingesetzt, aber die Ersparnis am CO2-Ausstoß kann den Betreibern dennoch auf ihre Klimabilanz zugerechnet werden.

Klimabilanz der Schneeerzeuger: Fazit

Im Klimaschutzkonzept steht die Gemeinde Winterberg zudem im Bereich Klimaneutralität besser dar, als die meisten anderen Städte im HSK. Die Fokussierung auf den Tourismus zeigt hier einen Einfluss, da beim Endenergiebedarf der GHD-Sektor (Gewerbe, Handel und Dienstleistung) stark ins Gewicht fällt. Schneesicherheit als Garant für Wintertourismus spielt daher eine wirtschaftlich bedeutende Rolle in Winterberg. In Gemeinden, die wirtschaftlich mehr auf die Industrie angewiesen sind, wie Brilon und Marsberg ist der CO2-Ausstoß pro Kopf vergleichsweise noch bedeutend höher.

Im Vergleich zu industriellen Firmen wie Egger Holzwerkstoffe in Brilon ist der CO2-Ausstoß der Schneeerzeuger eher gering. Nach eigenen Angaben stößt Egger in etwa 500.000 Tonnen CO2 im Jahr aus. 96 Prozent dieser Ausstöße seien auf nicht weiter verwertbares Holz zurückzuführen und somit biogen - das bedeutet, dass das CO2 aus natürlichen beziehungsweise pflanzlichen Quellen stammt. Theoretisch wäre der Ausstoß mit der Pflanzung neuer Bäume in gleicher Menge daher ausgleichbar. Dennoch würden davon 20.000 Tonnen CO2 übrigbleiben. Um 20.000 Tonnen CO2 auszustoßen, müssten alle Schneeerzeuger im Skiliftkarussell Winterberg etwas mehr als ein halbes Jahr lang in Dauerbetrieb sein.