Marsberg. Viele Eltern folgten einem Aufruf per Elternbrief und zeigten für das Gymnasium Marsberg Präsenz beim Stadtrat. Dafür ernteten sie auch Kritik:
Eine Übergangslösung für das Carolus-Magnus-Gymnasium Marsberg (CMG) scheint in greifbare Nähe gerückt: In seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag hat der Stadtrat Marsberg einen Beschluss zur Anschaffung von Klassenraumcontainern und zur Bereitstellung von finanziellen Mitteln für eine mögliche Sanierung oder einen Neubau gefasst. Einige Eltern, Lehrende und auch Schülervertreter waren in der entscheidenden Ratssitzung am Donnerstagabend vor Ort, um dem Anliegen Nachdruck zu verleihen – ein Elternbrief hatte zu Beginn der Woche dazu aufgerufen. Eine Initiative, die nicht bei allen Ratsmitgliedern auf Verständnis traf:
Elternvertreter werben in Brief für rege Teilnahme
„Eine Präsenz vieler Eltern hat sicher eine gute Wirkung auf die Ratsmitglieder und zeigt unser dringliches Anliegen, das zeitnahe Lösungen für unser Gymnasium erfolgen müssen.“ – Mit diesem Appell warben die Elternvertreter Gudrun Fobbe, Sandra Pohlmeyer, Beate Nädler-Hardung und Lars Ilius in ihrem Elternbrief für eine rege Beteiligung an der Ratssitzung. Diesem Aufruf waren viele gefolgt: Rund 30 Eltern, Vertreter der Schülerschaft, Schulleiter Ralf Trachternach und Teile des Lehrerkollegiums des CMG verfolgten das Geschehen im Stadtrat aufmerksam von den Zuschauerplätzen. Während sie die Beschlüsse des Stadtrats über die schnelle Bereitstellung finanzieller Mittel für die Anschaffung der Container und mögliche Sanierungsarbeiten mit großer Erleichterung und Dankbarkeit zur Kenntnis nahmen, sorgte die Reaktion des CDU-Fraktionsvorsitzenden Maximilian Becker bei vielen der Anwesenden für Überraschung: Offenbar fühlte sich der Ratsherr von durch den Aufruf der Elternvertreter provoziert.
„Es ist eine Unverschämtheit, uns im Rat so darzustellen, als hätten wir keine Ahnung und würden nichts tun.“
In seiner Haushaltsrede bezog sich Maximilian Becker direkt auf den Elternbrief und die erhoffte Wirkung, die eine Elternbeteiligung auf die Ratsmitglieder habe: „Da schwingt für mich ein Unterton mit, als würde die Verwaltung nichts tun.“ Eine solche Haltung den Eindruck vermitteln, dass in der Lösungsfrage beim Gymnasium vonseiten des Rats und der Verwaltung nichts getan werde. „Es ist eine Unverschämtheit, uns im Rat so darzustellen, als hätten wir keine Ahnung und würden nichts tun.“
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Scharfe Worte sorgen für viel Irritation
Dieser Ausbruch sorgte bei den anwesenden Vertretern der Schulinteressengemeinschaft für große Irritation: „Dass unsere Initiative so wahrgenommen wird, hat uns doch sehr überrascht“, erklärt eine Mutter im Anschluss an die Sitzung: Durch ihre Anwesenheit hätten die Eltern lediglich ihrem großen Interesse an dem Anliegen Nachdruck verleihen und Beteiligung zeigen wollen. Auch Elternvertreterin Gudrun Fobbe zeigte sich über die Reaktion des CDU-Fraktionsvorsitzenden sehr verwundert: „Es war nie unsere Absicht, die Politik mit unserer Anwesenheit unter Druck zu setzen.“
Auf Nachfrage reagiert Maximilian Becker versöhnlich und spricht im Nachhinein von einem Missverständnis: Er erlebe häufig Situationen, in denen von Außenstehenden die Kompetenz des Stadtrats und der Verwaltung infrage gestellt werde. „Es heißt dann immer: Die Stadt tue nichts. Dabei haben Themen wie das Gymnasium selbstverständlich oberste Priorität.“ Den Elternbrief habe er im ersten Moment anders aufgefasst, als er gemeint gewesen sei: „In dem Moment habe ich mich ein bisschen darüber geärgert.“ Aufgrund des offensichtlichen Missverständnisses hege er jedoch keinen Groll und betont, dass der Rat das Engagement und die Teilnahme von Bürgern an den öffentlichen Sitzungen stets begrüße. Und letztendlich stehe das Gymnasium als gemeinsames Anliegen für jeden Beteiligten an erster Stelle: „Wir ziehen hier alle an einem Strang.“
Knapp 10 Millionen Euro für das Gymnasium
Für die notwendigen Maßnahmen am CMG sollen der Standverwaltung auf Ratsbeschluss knapp 10 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Darin enthalten ist die planmäßige die Abdeckung mehrerer Kostenpunkte: Für die Anmietung von Klassenraumcontainern, in denen der Unterricht der Gymnasialschüler für den Zeitraum einer möglichen Gebäudesanierung oder eines Neubaus zukünftig stattfinden soll, werden der Stadtverwaltung auf Ratsbeschluss 2.455.000 Euro zur Verfügung gestellt. Zusätzlich will die Stadt Marsberg Fachraumcontainer für den Naturwissenschaftsunterricht kaufen, die aufgrund der Sonderanforderungen für den Naturwissenschaftsunterricht benötigt werden, erhält die Verwaltung ein Budget von 2.213.000 Euro. Weiter sollen 4,9 Millionen Euro für eine mögliche Sanierung des mangelhaften Schulgebäudes bereitgestellt werden – zusammen kommen auf diese Weise knapp 10 Millionen Euro, die in die notwendigen Maßnahmen am CMG fließen sollen. Den ursprünglichen Zeitplan, noch vor den Osterferien eine Containerlösung am Standort des Gymnasiums schaffen zu können, könne die Stadt Marsberg jedoch nicht einhalten, erklärt Bürgermeister Thomas Schröder in einem aktuellen Brief an die Eltern. Doch er versichert weiterhin: „Ich stehe zu meiner Aussage, dass das CMG ab dem Schuljahr 2025/26 wieder gemeinsam unter einer Adresse zu finden sein wird, und zwar an der Schöffenwiese.“
Ob eine Sanierung des Bestandgebäudes möglich ist oder ein Neubau notwendig sein wird, solle sich Ende Januar zeigen: Dann werde eine Statikprüfung mithilfe von hydraulischem Druck zeigen, ob eine Sanierung zur Behebung der Baumängel ausreichend ist. Für den Fall eines erforderlichen Neubaus halte der Haushalt eine weitere Million Euro vor, damit die Verwaltung schnell handlungsfähig ist und Planungskosten abgedeckt werden können. Im Falle einer möglichen Sanierung sei dann zu klären, ob diese in einem kleineren Umfang ausreicht oder mit größerem Aufwand verbunden sein wird. „Derzeit gehen wir von einer Sanierungsdauer von rund zwei Jahren aus, während dieses Zeitraums findet der Unterricht dann in den Containern sowie in fast allen aktuell genutzten Räumen am Standort Schöffenwiese statt“, erklärt der Bürgermeister.
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Die Elterngemeinschaft sei dankbar für die schnellen Beschlüsse des Stadtrats und die umfangreichen finanziellen Mittel, die für das Gymnasium bereitgestellt werden. Das erklärt Elternvertreterin Gudrun Fobbe: „Wir sind sehr froh, dass alle Beteiligten in der Angelegenheit einer Meinung sind und Lösungen voranbringen wollen.“ Und dass so viele Eltern und Lehrende dem Aufruf zur Teilnahme gefolgt sind, mach eines sehr deutlich: „Dass so viele dabei waren zeigt, wie wichtig uns das Anliegen ist.“