Brilon. Reerdigung ist ein neuer Trend. Verstorbene werden im Schnellverfahren zu neuer Erde umgewandelt. Was Bestatter aus Brilon davon halten.

Was passiert nach dem Tod? Die Frage nach Bestattungsformen beschäftigt jeden Menschen früher oder später. Neben bekannten Arten wie Erd- oder Feuerbestattung werden auch immer wieder neue Wege diskutiert. So zum Beispiel auch die Reerdigung, bei der der menschliche Körper bei einer Prozedur im Schnellverfahren zersetzt wird. Die verstorbene Person wird in einem speziellen Behältnis zusammen mit Pflanzenresten für etwa 40 Tage aufbewahrt. In dieser Zeit zersetzen Mikroorganismen den menschlichen Körper. Das Endprodukt davon ist fruchtbare Erde. Der Briloner Bestattungsunternehmer Christian Schirm erzählt von seiner Perspektive auf diese und andere neue Ideen:

Wohin mit der Urne?

„In Fachzeitungen liest man immer, was es Neues gibt“, so Schirm. Nordrhein-Westfalen sei da jedoch immer schon konservativ eingestellt gewesen – es gelte zum Beispiel ein Friedhofszwang in NRW. Das bedeutet, dass Bestattungen nur an entsprechend dafür gewidmeten Orten stattfinden dürfen. Dennoch werde schon seit Jahren immer wieder diskutiert, ob eine Urne mit nach Hause genommen werden darf oder auf den Friedhof kommen soll.

Laut Schirm gebe es immer häufiger Anfragen zu alternativen Bestattungsformen: „Bestattungswälder werden auch gerne angenommen.“ Die Aufbewahrung im eigenen Heim könne jedoch in bestimmten Situationen problematisch werden, erklärt der Fachmann: „Angenommen, drei Kinder sind untereinander zerstritten und einer kriegt die Urne mit dem Vater nach Hause, dann kann niemand ihn besuchen. Auf den Friedhof kann hingegen jeder hingehen.“ Auch Fälle, in denen die letzten Verwandten eines Verstorbenen selbst versterben, würden schwierig werden. Die Frage sei da, was dann mit der bis dahin im Haus aufbewahrten Urne passiere.

Ebenso verhalte es sich mit Beerdigungen auf Privatgrundstücken, erklärt der Bestatter. Das Haus mit Garten mag sich zwar zum Zeitpunkt der Beerdigung in Familienbesitz befinden. Doch sollte es eines Tages verkauft werden, wäre es fraglich, was mit den Verstorbenen passiere. Im schlimmsten Fall wäre die Grabstätte nicht gekennzeichnet, und die neuen Besitzer würden es merken, wenn sie Umbauarbeiten im Garten verrichten. Eine unschöne Überraschung für die neuen Bewohner und eine ungewollte Störung der Totenruhe.

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Ökologische Bestattung

Auch andere Bestattungsformen werden immer mal wieder thematisiert, so zum Beispiel die Reerdigung. „Es gibt doch bereits die Möglichkeit der ökologischen Bestattung“, meint Schirm. Ein roher Sarg, der nicht lackiert wurde. Ökologische Urnen und Sargausstattung. Generell sei nichts ökologischer als eine Erdbestattung. „Ob man wirklich eine Kompostierung anstreben muss? Mich überzeugt das nicht.“ Solche Versuche gebe es bereits lange. Das erste Mal habe er vor vier oder fünf Jahren davon gehört. Bei solchen Versuchen würden zunächst Schweinekadaver verwendet, bevor ein echter Verstorbener so beigesetzt werde. Die Reerdigung funktioniere im Endeffekt nur bedingt, laut Schirm: „Die Knochen bleiben übrig und müssen in eine Urne rein.“

Bestatter Christian Schirm aus Brilon
Bestatter Christian Schirm sieht viele Möglichkeiten zur ökologischen Bestattung. © Kevin Schmidt | Kevin Schmidt

Zudem müssten für derartige Bestattungen zunächst auch Anlagen gebaut werden. „Wer will Geld dafür in die Hand nehmen?“, fragt Schirm. Nachhaltiger wollen allerdings viele im Bereich der Bestattung agieren. Erste Krematorien wollen zum Beispiel auf Wasserstoff umstellen, erklärt der Fachmann. Was bei Wasserstoffknappheit passieren würde, sei dann allerdings fragwürdig.

Die Frage nach der Würde

Bestattung sei am Ende ein hochkomplexes Thema. Die Art und Weise des Umgangs mit dem Verstorbenen sei das Entscheidende. Bei klassischen Beerdigungen wird der Körper möglichst unversehrt zur Ruhe gebettet. „Ob das Kompostieren wirklich mit der Würde des Verstorbenen vereinbar ist, ist die Frage“, sagt Schirm, bevor er sich nachdenklich zeigt: „Das kann man beim Einäschern auch fragen.“ Vielleicht sei diese Form der Bestattung nur deswegen akzeptiert, weil die Möglichkeit dazu schon lange existiert. Sein Fazit ist auf jeden Fall, dass er nicht viel von diesen neuen Methoden hält. „Die sind nicht ausgegoren, nicht durchdacht.“ Dass sich in Zukunft jedoch etwas ändere, davon ist Christian Schirm überzeugt: „Aber aktuell sehe ich das nicht.“