Berlin. Der umstrittene Rettungspakt für Opel hat in der Großen Koalition den Streit über staatliche Stützungsmaßnahmen massiv verschärft. Nächster Konfliktherd: Arcandor. Während sich die SPD auf ein Rettungspaket festlegt, warnen Union und Wirtschaftsminister zu Guttenberg vor voreiligen Zusagen.

Während sich SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und SPD-Parteichef Franz Müntefering unmissverständlich für ein Eingreifen des Staates bei dem angeschlagenen Kaufhaus-Konzern stark machten, wirft die Union dem Koalitionspartner voreilige Versprechungen und Wettbewerbsverzerrungen vor.

Finanzspritze bis 12. Juni nötig

Arcandor hatte zuletzt Bürgschaften und Kredite in Höhe von 850 Millionen Euro beim Bund beantragt. Sollten die Gelder bis zum 12. Juni nicht bewilligt werden, stünde der Konzern mit mehr als 50 000 Beschäftigten vor der Insolvenz, sagte Vorstandschef Karl-Gerhard Eick.

Steinmeier und Müntefering sagten, dass ohne staatliche Hilfe die Verödung ganzer Innenstädte und ein massiver Jobverlust drohe. Allerdings müsse eine unternehmerische Lösung unter Beteiligung des Metro-Konzerns bevorzugt geprüft werden, so Steinmeier.

Guttenberg bremst

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), der bereits das Hilfspaket für Opel nur widerwillig mittrug, warb dafür, erst eine „fachliche Prüfung” der Gegebenheiten bei Arcandor abzuwarten. Aus Unionskreisen hieß es, Arcandor habe überaus solvente Eigentümer, die nun in der Pflicht stünden.

Wie aus Regierungskreisen bestätigt wird, gibt es bislang aus der deutschen Wirtschaft knapp 1200 Anträge auf staatliche Kredite in einem Gesamtumfang von rund fünf Milliarden Euro. Dazu kommen 20 Gesuche auf Bürgschaften in Höhe von insgesamt sieben Milliarden Euro.

Vor diesem Hintergrund sieht FDP-Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle den „teuersten Wahlkampf der Republikgeschichte” auf Deutschland zukommen. Im Gespräch mit dieser Zeitung sagte Westerwelle: „Die Regierungsparteien müssen ihren Wahlkampf gegeneinander auf Kosten der Arbeitnehmer in gefährdeten Unternehmen und auf Kosten der Steuerzahler unverzüglich beenden. Die Beschäftigten und die Steuerzahler werden zunehmend zum Spielball parteitaktischer Manöver zwischen Schwarz-Rot.”

Aus Sicht der Liberalen gehe es den Ministern nicht mehr um Opel, Arcandor oder andere Unternehmen, „sondern nur noch um Vorteile im Wahlkampf gegeneinander”. Westerwelle: „Den Großen wird geholfen, den Mittelstand lässt man pleite gehen. Diese Dax-Hörigkeit der deutschen Wirtschaftspolitik werden wir in der nächsten Bundesregierung beenden.”