Essen. Wer Opel hilft, muss auch Arcandor helfen - dieser Satz ist seit einigen Tagen immer wieder zu hören. Doch das heißt nicht, dass er stimmt. Gegner wie Unterstützer von Staatshilfen feilen derzeit an ihrer Kommunikationstaktik. Und sollten dabei den Wähler nicht für dumm verkaufen.
Vom ehemaligen liberalen Wirtschaftsminister Rexrodt stammt der Satz: Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt. Nie war er so falsch wie heute. Aber auch der Umkehrschluss wäre falsch: Politik findet in der Politik statt. Längst findet Politik in der Wirtschaft statt. Tatsächlich haben sich wohl noch nie in der deutschen Nachkriegsgeschichte Politik und Wirtschaft so gegenseitig durchdrungen wie heute. Ob das gut ist für Deutschland, wissen wir nicht.
Nun glaubt alle Welt an einen Automatismus, der so aussieht: Wer Opel hilft, kann Arcandor die Hilfe nicht verweigern. Und dann auch nicht Schaeffler, nicht Porsche, usw. Aber das stimmt so nicht, jedenfalls nicht unbedingt. Es ist auch eine Frage der Deutungshoheit. Will sagen: Gerade jetzt ist Kommunikation gefragt. Wer bringt seine Argumente besser an die Frau, den Mann?
Nieten in Nadelstreifen
Den Aufschlag hat der SPD-Kandidat Steinmeier gemacht, der Opel erst um jeden Preis retten wollte und dann öffentlich Magna favorisierte. Die Kommunikationslinie lautete: Wir dürfen die Arbeiter nicht im Stich lassen. Inzwischen folgt Müntefering bei Arcandor. Seine Kommunikations-Taktik: Wer Arbeiter rettet, muss auch die Verkäuferinnen herauspauken.
Das wird nicht leicht zu widerlegen sein. Es sei denn, den Gegnern des lockeren Staatsgeldes fallen ein paar ebenso eingängige Slogans ein. Also etwa: Warum soll der deutsche Steuerzahler die Aktionäre von Thomas Cook päppeln (die profitieren, wenn sie nicht von ihrem Eigentümer Arcandor in die Pflicht genommen werden)? Weshalb sollen wir alle bluten für Nieten in Nadelstreifen? Wieviel von unserem Geld kommt überhaupt bei der Karstadt-Verkäuferin an? Soll sich der Staat von einer Manager-Elite erpressen lassen, ihnen unser wohl verdientes und hoch versteuertes Geld gleich säckeweise hinterherwerfen?
Opel ist noch längst nicht gerettet
Man sollte Wähler nicht für dumm verkaufen. Schon die Opel-Rettung lehnte die Hälfte der Deutschen ab. Und in der Tat ist Opel noch längst nicht gerettet, offenbar muss gerade der Standort Bochum schwer bluten. Und ob Investoren erst einmal Milliarden von unserem Geld einkassieren, um dann hinterher doch Werke zuzumachen, wissen wir nicht.
Dass Ministerpräsidenten Werke in ihren Bundesländern retten wollen, ist klar. Aber das hat mehr mit Politik als mit Wirtschaft zu tun. Die Kanzlerin versucht, die Dinge auszupendeln. Das wird sie nicht durchhalten können. Interessant, dass zu den Zweiflern der SPD-Finanzminister gehört. Er weiß, wer am Ende die Zeche zahlen muss.