Essen. Auf den Fall Opel folgt Arcandor: Die SPD-Spitze legt sich auf Staatshilfe für den angeschlagenen Mutterkonzern der Kaufhauskette Karstadt fest. Parteichef Franz Müntefering plädiert für eine staatliche Bürgschaft, doch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wartet erst einmal ab.

Sollen die Steuerzahler den Karstadt-Mutterkonzern Arcandor retten? Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Antwort auf diese Frage einem Ausschuss überlassen. „Wir setzen auf Sachverstand, damit wir gerecht bleiben können”, sagte die CDU-Chefin auf einer Wahlkampfveranstaltung in Bayern. Die Regierung habe sich mit der Berufung des Bürgschaftsausschusses ein klares Entscheidungsverfahren gegeben.

Auch die NRW-Landesregierung hält sich im Fall Arcandor zunächst zurück. Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) wollte die Staatshilfe für Arcandor bislang zumindest nicht ausschließen. Man müsse die negativen Folgen einer Insolvenz bedenken: „Tausende Menschen würden ihren Arbeitsplatz verlieren”, „Innenstädte drohten zu veröden”. Die Schwierigkeiten von Arcandor seien erst nach der Finanzkrise „existenziell” geworden, sagte Rüttgers.

SPD-Chef Franz Müntefering dagegen legte sich eindeutig fest. Er nannte eine Bürgschaft für Karstadt „notwendig und zukunftsträchtig”.

Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick warb mit einem gewagten Vergleich für staatliche Hilfen. „Das, was für die Finanzbranche die Insolvenz von Lehman Brothers war, wäre für den Handel die Insolvenz von Arcandor”, sagte er.

Doch einige Unionspolitiker sehen die Arcandor-Eigentümer in der Pflicht: die Millionärin Madeleine Schickedanz und die Privatbank Sal. Oppenheim. Immerhin: Erhält der Essener Konzern die Staatsbürgschaften, wollen Schickedanz und Oppenheim 60 Millionen Euro ins Unternehmen stecken. Zusätzlich will ein neuer Investor 40 Millionen Euro investieren: die italienische Mediobanca.

Sollte der Staat bei Arcandor aushelfen, wäre viel Geld der Steuerzahler im Risiko: Der Konzern fordert eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro und einen Kredit der Staatsbank KfW über 200 Millionen Euro.

Ohne Bürgschaft droht Arcandor die Insolvenz, weil am 12. Juni Millionen-Kredite fällig werden. Sollte Arcandor nach Bewilligung der Bürgschaft später doch in die Insolvenz gehen, sind die Steuergelder verbrannt. In dieser Woche soll sich der Bürgschaftsausschuss erneut mit der heiklen Frage befassen.

Über Bürgschaften aus dem „Wirtschaftsfonds Deutschland” entscheidet der „Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung”, dem Staatssekretäre des Wirtschafts-, Finanz- und Justizministeriums und ein Vertreter des Kanzleramts angehören. Ein „Lenkungsrat” gibt vor dem Ausschuss eine Empfehlung ab. Diesem Rat gehören unter anderem Ex-BDI-Präsident Michael Rogowski, IGBCE-Chef Hubertus Schmoldt und Ex-Steag-Manager Alfred Tacke an.

Die Kriterien für eine Bürschaft: Die Firma muss in der Lage sein, nach der Finanzkrise ohne Staatshilfe auszukommen. Und es dürfen keine „gravierenden Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten” sein. Arcandor-Konkurrent Metro hatte vehement vor Wettbewerbsverzerrungen gewarnt und eine Fusion der Warenhäuser Karstadt und Kaufhof ins Gespräch gebracht.

Arcandor wirbt auch mit Hilfe der Kunden für die Bürgschaft. Der Konzern hat nach eigenen Angaben 700 000 Unterschriften für den Erhalt der Karstadt-Warenhäuser gesammelt.