Berlin/Essen. Für Arcandor wird es eng. Eine staatliche Bürgschaft scheint in weite Ferne gerückt. Die EU und auch Wirtschaftsminister zu Guttenberg melden massive Bedenken gegen eine Staatsbürgschaft an. Noch aber ist eine offizielle Entscheidung nicht gefallen.
Die Hoffnungen des angeschlagenen Essener Reise- und Warenhauskonzerns Arcandor auf Hilfe aus dem Deutschlandfonds haben am Mittwoch einen schweren Dämpfer bekommen. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sagte, die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes habe ihm gegenüber Bedenken gegen Hilfen aus dem Deutschlandfonds geäußert. Arcandor sei bereits vor dem Stichtag 1. Juli 2008 in Schwierigkeiten gewesen. Dies würde Arcandor den Weg zu Mitteln aus dem Fonds der Bundesregierung versperren, sagte Guttenberg.
Allerdings gebe es noch andere Wege für Arcandor, sagte der Minister. Der Konzern solle jetzt über Rettungsbeihilfen nachdenken. Dies habe er dem Arcandor-Vorstandschef Karl-Gerhard Eick nahegelegt. Dessen ungeachtet werde das Prüfverfahren zum Antrag von Arcandor wie geplant fortgesetzt.
Arcandor prüft alternative Rettungswege
Der Konzern erklärte, sich mit den Bedenken der EU zum Bürgschaftsantrag befassen zu wollen. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der Begründung und der angedeuteten Alternativen. Das Thema Rettungsbeihilfen würde aktiv aufgegriffen werden, die konstruktiven Gespräche auf politischer Ebene fortgesetzt. «Wir sind nach wie vor überzeugt, dass die Arcandor AG die Kriterien für eine Staatsbürgschaft aus dem Deutschlandfonds erfüllt», sagte Eick. Diese bleibe deshalb der präferierte Weg.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sieht bei dem Konzern jetzt «die Eigentümer in der Pflicht». Neben der Kreditvergabe müsse auch geprüft werden, ob Vermögensteile von Arcandor veräußert werden könnten. Laut «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Mittwochausgabe) führt Oppenheim-Bankier und Arcandor-Aufsichtsratschef Friedrich Carl Janssen Gespräche mit Politikern von CDU/CSU und SPD. Dabei gehe es um mögliche Beiträge der beiden Haupteigner, dem Bankhaus Oppenheim und der Familie Schickedanz
Der SPD-Kanzlerkandidat, Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, erklärte angesichts der neuen Entwicklung, er werde weiter mit aller Kraft daran arbeiten, «eine Gesamtlösung für den Warenhaussektor in Deutschland zu erarbeiten, bei der möglichst viele Arbeitsplätze zu fairen Arbeitsbedingungen erhalten bleiben». Eine Insolvenz von Arcandor wäre aus Sicht der Beschäftigten die schlechteste Lösung.
Arcandor-Sprecher Gerd Koslowski sagte der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires, der Konzern werde die Gespräche mit dem Düsseldorfer Handelskonzern Metro über eine mögliche Zusammenarbeit der Warenhäuser Karstadt und Kaufhof fortsetzen. Arcandor-Chef Eick habe sich mit dem Metro-Vorstandsvorsitzenden Eckhard Cordes bereits auf den nächsten Termin geeinigt. Die beiden Vorstände würde ihre Unterredung in «naher Zukunft» fortsetzen.
Laut Kaufhof-Chef Lovro Mandac strebt die Metro-Gruppe «eine privatwirtschaftliche Lösung» an und wolle für die Zukunft «eine Warenhauslösung für Gesamt-Deutschland herbeiführen». Insofern würde der Metro-Gruppe auch eine Insolvenz des Konkurrenzunternehmens «nicht in die Hände spielen», sagte er im ZDF-«Morgenmagazin».
Beschäftigte demonstrieren
Am Mittwochnachmittag nahmen rund 4000 Arcandor-Beschäftigte an einer Kundgebung vor der Zentrale der Arcandor-Versandhandelstochter Primondo (Quelle) in Nürnberg teil, zu der die Gewerkschaft ver.di aufgerufen hatte.
Nach Informationen des «Handelsblatts» entscheidet sich voraussichtlich am Montag, wie es bei Arcandor weitergeht. An diesem Tag werde sich der Lenkungsausschuss Unternehmensfinanzierung mit dem Antrag des Unternehmens auf Staatshilfe befassen. Arcandor hat Bundesbürgschaften über 650 Millionen Euro sowie KfW-Kredite über 200 Millionen Euro beantragt. Ohne Staatshilfe droht dem Konzern ab dem 12. Juni die Insolvenz. (ddp)
- Diskussion: Arcandor in der Krise