Witten. Bei der Kommunalwahl 2025 will die SPD das Wittener Rathaus zurückerobern. Nun hat sie einen Kandidaten gekürt, den niemand kennt. Was er vorhat.

74 Jahre lang hat die SPD stets den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin von Witten gestellt. Bis 2020, als das Amt nach einer Stichwahl erstmals an den Kandidaten der CDU ging – an das heutige Stadtoberhaupt Lars König. Bei den Kommunalwahlen im kommenden Jahr wollen sich die Sozialdemokraten das Amt zurückholen. Der Stadtverband hat dafür nun seinen Kandidaten bestimmt. Ins Rennen gegen Amtsinhaber König wird Dirk Leistner gehen. Dirk wer?

Wenn Ihnen dieser Name nichts sagt, geht es Ihnen wie wohl den meisten Menschen in Witten. Denn politisch in Erscheinung getreten ist der am Samstag (27.4.) beim SPD-Parteitag gekürte Dirk Leistner in der Ruhrstadt bislang nicht. Der 50-Jährige ist Mitglied im Ortsverband Bommern und leitet in der Bochumer Stadtverwaltung seit über fünf Jahren das Referat für Service.

Dirk Leistner (Mitte) ist der Bürgermeisterkandidat der SPD Witten für die Kommunalwahlen 2025. Mit im Bild: Axel Echeverria (links, MdB und Vorsitzender der SPD Witten) und Frederick Cordes (Generalsekretär der NRW SPD).
Dirk Leistner (Mitte) ist der Bürgermeisterkandidat der SPD Witten für die Kommunalwahlen 2025. Mit im Bild: Axel Echeverria (links, MdB und Vorsitzender der SPD Witten) und Frederick Cordes (Generalsekretär der NRW SPD). © SPD Witten | SPD Witten

Mitbewerber spricht von „gutem und fairen Wahlkampf“

Ebenfalls angetreten war Armin Suceska (42). Der frühere stellvertretende Vorsitzende der bosnischen Gemeinde leitet hauptberuflich das Büro von EN-Landrat Olaf Schade, dessen Referent er ist. Gleichzeitig ist er stellvertretender Vorsitzender des hiesigen SPD-Stadtverbandes. Wirklich enttäuscht sei er nach seiner Niederlage aber nicht, sagt Suceska. „Es war ein fairer und guter interner Wahlkampf.“ Mit sachlichen Diskussionen und einem fairen Umgang miteinander. Nun gehe es darum, „weiter gemeinsam nach vorne zu gehen“.

Auch Armin Suceska wollte Bürgermeister-Kandidat der SPD in Witten werden. Durchsetzen konnte sich der 42-Jährige nicht.
Auch Armin Suceska wollte Bürgermeister-Kandidat der SPD in Witten werden. Durchsetzen konnte sich der 42-Jährige nicht. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

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Bei der Kommunalwahl 2020 waren die Sozialdemokraten von 35,5 Prozent (2014) auf 25,2 Prozent abgestürzt, Amtsinhaberin Sonja Leidemann musste sich in der Stichwahl mit knapp 40 zu 60 Prozent der Stimmen ihrem Herausforderer Lars König geschlagen geben. Auch der war damals zu Beginn des Wahlkampfes in der Öffentlichkeit recht unbekannt. Geschadet hat ihm das am Ende ganz offensichtlich nicht. Allerdings profitierte der CDU-Mann auch von der Wechselstimmung nach Jahrzehnten SPD-Vorherrschaft in Rat und Rathaus.

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Hoffnung der SPD: Auch ein unbekannter Kandidat kann überzeugen

Rund ein halbes Jahr dauerte die Suche der Sozialdemokraten nach geeigneten Kandidaten und deren anschließende Vorstellung innerhalb der Partei. Dirk Leistner als politisch unbeschriebenes Blatt soll es nun also richten. „Nur weil jemand nicht bekannt ist, heißt das ja nicht, dass diese Person keine guten Ideen für Witten hat, die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen kann und mit seinen Zielen überzeugen kann“, sagt Axel Echeverría, SPD-Stadtverbandsvorsitzender und Bundestagsabgeordneter.

Man habe den Kandidaten auch ganz bewusst bereits so früh gekürt, damit dieser nun noch viel Zeit habe, sich in Witten bekannt zu machen, so Echeverría. „Mir geht es um eine Zukunft für Witten, in der soziale Gerechtigkeit, Chancengleichheit, Bildung und Teilhabe keine Fremdwörter sind“, sagt Leistner selbst. Er freue sich „tierisch“ über seine Nominierung und darauf, nun mit den Menschen in der Stadt ins Gespräch zu kommen und ihre Bedürfnisse zu erfahren.

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Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verbände stärker einbinden

Sollte er es im Herbst 25 auf den Bürgermeistersessel schaffen, will Leistner, der seit 2013 SPD-Mitglied ist, vor allem die Bürgerinnen und Bürger mehr in Entscheidungsprozesse einbinden, die Partizipation stärken. „Das wird in der Politik bislang häufig vergessen“, sei aber wichtig für die Akzeptanz. Auch wolle er transparenter kommunizieren, eine „gute Informationspolitik“ betreiben.

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„Wir hatten zwei wirklich gute Kandidaten“, betont Echeverría. Wen er gewählt hat, verrät er nicht. Aber so viel: „Ich war hin- und hergerissen bis zur Wahlkabine. Und ich weiß, dass es nicht nur mir so ging.“ Am liebsten, sagt er, hätte er eine Doppelspitze für den Posten nominiert. „Weil sich die beiden so gut ergänzt haben.“ Das Ergebnis sei dann aber doch recht eindeutig gewesen. Bleibt abzuwarten, wann und wie sich das neue Gesicht der SPD in Witten den Menschen vor Ort vorstellen wird – und ob der Bommeraner auch sie von seiner Zukunftsvision überzeugen kann.

Nur Stadtklima hat bereits Kandidaten

Die SPD ist die zweite Partei, die sich auf einen Spitzenkandidaten festlegt. Auch wenn es bei der CDU mit großer Sicherheit auf Amtsinhaber König hinauslaufen wird, wollen die Christdemokraten sich erst in der zweiten Jahreshälfte 2025 beraten. Auch die Grünen werden nach einem Wahlergebnis von über 20 Prozent 2020 wohl eine eigene Kandidatin oder Kandidaten aufstellen.

Ebenso wie Linkspartei, Bürgerforum+, WBG, FDP und AfD. Namen werden allerdings noch nicht genannt. Allein Michael Hasenkamp will für die von ihm selbst gegründete Partei Stadtklima erneut als Bürgermeister kandidieren. 2020 erhielt der umstrittene Politiker 3,1 Prozent der Stimmen.

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