Witten. Manche vermuten einen Aprilscherz, aber dafür ist es noch zu früh. Sollte Witten die DNA aller Hunde erfassen, um Haufen auf die Spur zu kommen?
Natürlich ist das unappetitliche Thema durchaus ernst gemeint. Schließlich geht es der Wittener Bürger Gemeinschaft (WBG), die es ins Rollen gebracht hat, um die Sauberkeit in der Stadt. Die lässt bekanntlich zu wünschen übrig. Einige Zeitgenossen werfen ihren Müll einfach auf die Straße oder den Bürgersteig. Und einige unverbesserliche Hundehalter lassen die Hinterlassenschaft ihres geliebten Rex immer noch achtlos liegen. Dagegen will die WBG nun einmal mehr vorgehen.
Die Kleinfraktion im Rat fragt wie berichtet nicht nur nach der Anschaffung eines „Hundekotsaugers“, sondern auch nach einer Datenbank. Dabei geht es um die „Erfassung und Speicherung von DNA-Proben von angemeldeten Hunden. Die dann mit Hinterlassenschaften verglichen werden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“, wie es in einer Anfrage an den Bürgermeister heißt.
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Allerdings sei die Einführung einer solchen DNA-Datenbank für Hunde in einigen Städten am Datenschutz gescheitert, weiß die WBG. Mittlerweile gebe es in NRW jedoch Bestrebungen von kreisangehörigen Städten und Gemeinden, „in Sitzungen des Rechtsausschusses über eine solche Datenbank zu beraten“. Und nun kommt die entscheidende Frage: „Würde die Stadt Witten die Einführung einer solchen Datenbank unterstützen?“
Selbstverständlich, das stellt die WBG klar, geht es nicht um die „verantwortungsbewussten Hundebesitzenden, die die Hinterlassenschaften ihrer Hunde regelmäßig und ordnungsgemäß beseitigen“. Aufgrund der vorliegenden DNA sollen vielmehr jene ermittelt werden, die die Haufen einfach liegen lassen. Um im Verdachtsfall die Spreu vom Weizen zu trennen, müsste aber einmal die DNA aller angemeldeten Hunde in Witten ermittelt werden. Das wären immerhin über 6400.
Wittener WBG-Chef: „Es gibt private Firmen, die das als Dienstleister machen“
Man stelle sich das allein praktisch vor: Wer soll diese Datenbank erstellen? Und wie geht es dann weiter? Vermutlich rein digital. Obwohl: Irgendjemand müsste ja Proben von verdächtigen Haufen nehmen, eventuell mit Mundschutz, Gummihandschuhen, Wattestäbchen und Plastikdöschen bewaffnet. Womöglich eine Aufgabe für den Kommunalen Ordnungsdienst. Der wird sich bedanken. „Es gibt private Firmen, die das als Dienstleister machen“, sagt WBG-Chef Siegmut Brömmelsiek. Auch der Städtetag werde sich des Themas annehmen.
Der 72-Jährige ist übrigens selbst Hundebesitzer, nimmt eigenen Angaben zufolge beim Gassi gehen aber „immer einen Beutel mit“. Dass seine Fraktion gerade jetzt mit dem Kotsauger und der Hunde-DNA um die Ecke kommt, liegt an dem seiner Ansicht nach wieder erhöhten Haufenaufkommen.
„Sie wissen doch gar nicht mehr, wo sie hintreten sollen“, sagt der Annener. Auch Anwohner seien betroffen, die liebevoll ihre Blumenbeete vorm Haus pflegten. Es sei unzumutbar, immer wieder den Dreck aus den Rabatten entfernen zu müssen. In jedem Stadtteil gebe es gefährliche Einflugschneisen, weiß Brömmelsiek, „in Annen zum Beispiel die Holzkampstraße, Albert-Schweitzer-Straße, Eckardstraße, das geht durch bis zur Steinbachstraße.“ Auch Naherholungstrassen wie der Rheinische Esel gelten als berüchtigte Tretminen-Fallen. Und die Innenstadt sowieso.
Brömmelsiek ärgert sich, dass die Stadt keinerei Gegenleistungen erbringe, obwohl sie fast eine Millionen Euro an Hundesteuern pro Jahr einnimmt. „Es gibt noch nicht mal Hundekotbeutelspender wie in anderen Städten“, sagt der Kommunalpolitiker. „Null.“ Dabei solle die Steuer pro Hund jetzt nochmals um 45 Euro erhöht werden. Momentan sind 138 Euro im Jahr fällig. Mit einem zweiten Hund steigt der Betrag auf 210, ab dem dritten Hund auf 258 Euro. Die Beutel-Automaten gibt es tatsächlich nur in privater Initiative.
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Eine DNA-Datenbank für Hunde will der WBG-Chef eher als „Denkanstoß“ verstanden wissen. „Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass sie in diesen Haushaltszeiten kommt.“ Gleichzeitig plädiert er für hohe Bußgelder. DNA-Tests könnten sich dann sozusagen selbst finanzieren. Hundehalter, die erwischt werden, zahlen momentan 125 Euro. Man wird ihrer aber selten habhaft, da Fiffi auf frischer Tat gestellt werden muss. Die Ausbeute im Vorjahr war mager. Nur neun Taten wurden geahndet.
Das Betriebsamt entfernt laut Stadt übrigens „grundsätzlich keinen Hundekot“. Einzige Ausnahme sind Kinderspielplätze. Die Anschaffung eines Kotsaugers ist bisher ebenfalls nicht geplant. Auch der aufwendigen DNA-Analyse wird bei Altschulden von 350 Millionen Euro eher geringe Chancen gegeben - ohne der politischen Debatte vorgreifen zu wollen.