Witten. Anwohner Ulrich Wolf spricht von einer „Katastrophe“. 16 Bäume, die ohne Genehmigung in Witten gefällt worden sein sollen, sorgen für Empörung.

Vom alten Minigolfplatz an der Ardeystraße/Ecke Waldstraße ist nicht mehr viel übrig geblieben. Irgendwo auf der gerodeten Fläche steht noch eine weiße Bank, auch eine rote Leuchte lugt aus dem Gestrüpp. Rechtzeitig vor Beginn der Nistzeit und dem damit einhergehenden Schutz für die Gehölzer ist das Baugrundstück von Bäumen und Sträuchern befreit worden - in Abstimmung mit dem Grünflächenamt. So weit, so normal. Erst auf der Seite zum Buchenholz hin fängt die Geschichte an, interessant zu werden.

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Dort, am Rande des beginnenden Waldes, wurden ebenfalls Bäume gefällt, etwa 16. Die Stümpfe sind noch gut zu sehen, ist ja auch erst ein paar Tage her. Was Anwohner in Wallung bringt und auch die Stadt auf den Plan gerufen hat: Diese 16 Bäume sollen ohne Genehmigung der Säge zum Opfer gefallen sein. Bäume, die möglicherweise sogar unter die Baumschutzsatzung fielen.

„Hier schafft ein Investor Fakten, indem er die Bäume abholzt, die unter der Baumschutzsatzung standen“, sagt Ulrich Wolf, der der Bürgerinitiative „239“ angehört. Sie läuft Sturm gegen eine Änderung des Bebauungsplans 239, dessen Aufstellung der Rat beschlossen hat. Die Initiative hat bereits 650 Unterschriften gesammelt.

Wittener Bürgerinitiative spricht von „Eigentor“ des Investors

Wolf warnt vor „kasernenartigen“, dreieinhalbgeschossigen Gebäudekomplexen, die ein geänderter Bebauungsplan vorsehe und die sich seinen Angaben zufolge über 150 Meter an der Ardeystraße entlangziehen sollen. Ursprünglich habe der B-Plan an dieser Stelle lediglich „sechs bis acht, vielleicht zehn Einfamilienhäuser“ erlauben wollen, sagt der 72-Jährige, der selbst in der Waldstraße. wohnt. „Wir haben nichts gegen eine maximal zweieinhalbgeschossige Bebauung mit Einfamilien- und Doppelhäusern plus Kita“, sagt er.

Den streitbaren Anwohnern, denen sich Harald Kahl vom Bürgerforum angeschlossen hat, kommen die gefällten Bäume vielleicht sogar ganz recht. „Damit hat der Investor ein Eigentor geschossen“, sagt die Initiative. Sie hofft nun um so mehr, dass die Politik im laufenden Änderungsverfahren den Daumen nach unten senkt und die ehrgeizigen Baupläne zumindest abgespeckt werden.

Die 16 Bäume hin zum Waldstück Buchenholz hätten nach Auffassung von Stadt und Bürgerinitiative nicht gefällt werden dürfen.
Die 16 Bäume hin zum Waldstück Buchenholz hätten nach Auffassung von Stadt und Bürgerinitiative nicht gefällt werden dürfen. © Jürgen Augstein | Jürgen Augstein

Die Alleebäume an der Ardeystraße, die noch stehen, tragen teilweise Trauerflor. Das ist natürlich das Werk der Bürgerinitiative, die große Stellwände an der Straße gestaltet hat. „Nein zur Waldzerstörung“ ist darauf zu lesen. Die Initiative spricht neben der Kita von 45 geplanten Wohneinheiten, die Stadt in einer früheren Vorlage von 20 bis 30. Aber zurück zu den 16 Bäumen.

Die seien an einem Freitagmittag und an einem Samstag gefällt worden, sagt Anwohner Michael Achenbach (65). Der Stadt zufolge handelt es sich um Feldahorne. Für deren Beseitigung habe keine „Fällgenehmigung“ vorgelegen, heißt es aus dem Rathaus. Ob bei allen Bäumen gegen die Baumschutzsatzung verstoßen worden sei, „so die erste Vermutung“, wolle man noch genau untersuchen lassen. Voraussichtlich werde ein Gutachter hinzugezogen.

Dem Verursacher könne neben Ersatzpflanzungen ein Bußgeld bis zu 50.000 Euro drohen, egal, ob versehentlich oder absichtlich gegen die Baumschutzsatzung verstoßen worden sei, erklärt die Stadt.. Und was sagt der Investor, der an dieser Stelle bauen will, selbst zu den Vorwürfen?

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Der Architekt und Grundstückseigentümer spricht von „sinnvollen und erforderlichen Rückschnittarbeiten“, die „selbstverständlich nach Abstimmung mit dem Grünflächenamt“ durchgeführt worden seien, so wie sie zuletzt überall im Stadtgebiet stattgefunden hätten. Sie dienten unter anderem der Pflege des Grundstückes, freien Sichtachsen für den Verkehr und der Gefahrenabwehr auf Straßen und Gehwegen durch „umstürzende Gehölze“. Hinsichtlich der geplanten Bebauung verweist der Bauherr auf den Aufstellungsbeschluss des Rates.

In der damaligen Vorlage begrüßt die Verwaltung das Vorhaben. „Damit kann ein Beitrag zur Deckung des im Handlungskonzept Wohnen ausgewiesenen Bedarfs von 1595 Wohnungen bis zum Jahr 2030 geleistet werden“, heißt es. Außerdem werde an dieser Stelle ein „städtebauliches Entree zum angrenzenden Wohnquartier“ geschaffen. In den ersten zwei Bauabschnitten sind schöne neue Einfamilienhäuser an der Waldstraße und auf dem alten Sportplatz entstanden.

Zur Bürgerinitiative, die nun eine ihrer Ansicht nach zu massive Bebauung verhindern will, gehört Anwohner Heinz Hetschold (79). Trotz der gefällten Bäume freut er sich, dass auf dem künftigen Baugrundstück nun erst einmal wieder Ruhe einkehrt. „Bis Oktober entsteht hier eine muntere Wildpopulation“, sagt er. Fazit: Bis die ersten Häuser stehen, dürften noch viele Monate ins Land gehen.