Witten. Eine neue Fußgänger- und Radbrücke soll Annens Mitte überspannen. Macht das Sinn? Könnte sich Witten das leisten? Wir haben Stimmen gesammelt.
Die von der Stadt Witten vorgestellte neue Fußgänger- und Radbrücke (wir berichteten) würde die Verkehrsprobleme in Annen – etwa rund um die Bahnschranke – zwar nicht lösen. Auch von Seiten der Politik gibt es starke Bedenken. Doch der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC) und viele Menschen im Stadtteil finden die Idee gut, Hauptverkehrsstraßen und Schienen irgendwann auf diese Weise überqueren zu können – so das Ergebnis einer nicht repräsentativen WAZ-Umfrage.
„Alles, was den Straßenverkehr entlastet, würde hier gut angenommen“, ist sich Katharina Petrovic sicher. Die 36-Jährige ist zu Fuß unterwegs und zieht Sohn Carlo (3) im Bollerwagen am Penny-Parkplatz vorbei. Vor allem die „elendige“ Kreuzung Annenstraße/ Stockumer Straße/Bebelstraße in der Nähe des Bahnübergangs Annen-Nord ist ihr ein Dorn im Auge. Dort wären Autofahrer zukünftig zumindest unter sich. Dies würde auch Susanne Rühl vom Fahrradclub ADFC-EN begrüßen. Denn: „Erst letztes Jahr hatte ein Mitglied einen schweren, unverschuldeten Fahrradunfall an dieser Stelle.“
Bürger in Witten-Annen finden eine Brücke „keine schlechte Idee“
„Die Idee, eine Brücke zu bauen, ist nicht schlecht.“ Dieser Satz ist häufig zu hören. Auch Petra Stock (54) sagt ihn. Die Schranken am Bahnübergang – der aktuell einzigen Möglichkeit, in Annens Zentrum von Nord nach Süd zu kommen – seien oft zu. „Für Radfahrer ist das hier alles besonders schwierig.“ Den Umweg über die marode Brücke am Erlenweg würde man selten in Kauf nehmen. Auch Thomas Kolberg (59) ist von der neuen Brückenidee angetan, zweifelt allerdings an deren Umsetzung. „Das wird baulich und finanziell schwierig.“
Lucca Backhaus biegt gerade mit dem Rad von der Annenstraße auf den Rheinischen Esel ab. Vorhin sei er erstmals über die neue Eselsbrücke an der Pferdebachstraße gefahren – und ist begeistert: „Das verkürzt die Fahrzeit.“ Sonst habe er an mehreren Ampeln halten müssen. Auch deshalb findet der 28-Jährige, der demnächst als Radverkehrsplaner in Bochum arbeitet, es gut, wenn Radler Hauptverkehrsstraßen kreuzungsfrei queren können. Eine Brücke in Annen hält er für machbar.
Annenerin (29): Zugang zum Bahnhof würde endlich barrierefrei
„Wenn das Konzept gut durchdacht ist und der Bau nicht 100 Jahre lang den Verkehr lahmlegt wie an der Pferdebachstraße, ist das sicher eine gute Sache“, sagt auch Melanie Rath (29). Es zeige die Wertschätzung der Stadt gegenüber Fußgängern und Radfahrern. Dass damit außerdem der Zugang zum Bahnhof Annen Nord endlich barrierefrei würde, sei ihr ganz wichtig. Sie habe deswegen selbst schon öfter an die Deutsche Bahn geschrieben.
Mit der neuen Brücke würde der Stadtteil allerdings ein anderes Gesicht erhalten, gibt Melanie Rath noch zu bedenken. Auch die Mitarbeiterin einer Praxis im Centrovital schüttelt den Kopf angesichts der Planungen, die den Blick aus dem Gebäude massiv verändern würden.
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Optik hin oder her: „Die Brücke scheint eine sinnvolle Investition zu sein, die die Anbindung an das neue Bildungsquartier gerade für Kinder sicher und komfortabel macht“, sagt Radexpertin Susanne Rühl. Von „rausgeschmissenem Geld“ könne da doch wohl nicht die Rede sein, kommentiert sie WBG-Chef Siegmut Brömmelsieks Aussage im Verkehrsausschuss. Dem schließt sich Wittens ehemaliger Verkehrsplaner und Fahrradbotschafter Andreas Müller an.
Doch Ratsherr Brömmelsiek bleibt dabei: Der desolate Gesamthaushalt lasse derartige Planungen nicht im Ansatz zu. Und: „Die Idee, eine Brücke über Annen zu bauen, ist gefühlte 100 Jahre alt.“ Nachdem immer wieder Versuche gestartet und diese von sehr vielen Bürgern abgelehnt worden seien, solle man den mehrheitlichen Bürgerwillen endlich akzeptieren. Doch der hat sich offenbar inzwischen geändert.
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