Witten. Lange mussten die Wittener darauf warten, nun ist die PHD-Kinderwelt in Herbede eröffnet worden. Ganz ohne Brimborium – und das hat seinen Grund.

Keine Luftballontrauben an der Tür, kein Band, das feierlich durchgeschnitten wird. Die Eröffnung des neuen Spielzeuggeschäfts PHD-Kinderwelt in Herbede verlief unspektakulär. „Wir wollten kein Brimborium, wir wollten einfach nur endlich aufmachen“, erklärt Inhaber Patrick Deschauer. Auf offizielle Gratulanten von der Stadt konnte er dabei gut verzichten. Auf die ist er nämlich nicht besonders gut zu sprechen. „Was wir hier in Witten mit den Behörden erlebt haben, ist unbeschreiblich.“

Ein großes Problem sei die Baugenehmigung gewesen. Zwei Jahre habe er darauf warten müssen, so Deschauer. Erst im letzten Monat sei sie schließlich erteilt worden. Doch dazu kamen eine Menge Auflagen – die letzten am Tag vor der Eröffnung. Die Geschäftsleitung versteht nicht, warum ihr Steine in den Weg gelegt werden. „Wir wollen das Erscheinungsbild des Ortes aufwerten und Arbeitsplätze schaffen, werden aber mit Forderungen überhäuft“, klagt Firmensprecherin Julia Becker.

Auf Nachfrage erklärt die Stadt dazu, dass nicht alle erforderlichen Unterlagen vollständig vorgelegt worden sein. Außerdem sei es durch den Hackerangriff zu Verzögerungen gekommen. Doch Julia Becker hat für die Auflagen insgesamt nur wenig Verständnis. „Schließlich war hier doch zuvor auch ein Ladenlokal drin.“

Inhaber ist in Witten geboren und aufgewachsen

In der Tat: Bis 2016 hatte Dominik Grütter seinen Edeka in den Räumen am Anfang der Meesmannstraße betrieben. Als er in einen Neubau an der Wittener Straße zog, nutzte Netto die Immobilie vorübergehend. Seit 2018 stand sie nun leer – sehr zum Ärger vieler Herbeder, die sich Sorgen um das gepflegte Aussehen ihres Dorfes machten. In den sozialen Netzwerken fieberten sie der Eröffnung schon lange entgegen, fragten immer wieder nach dem offiziellen Termin.

Geschäftsführer Patrick Deschauer, hier mit seinen ersten Wittener Kunden Lion (3) und Emely (6), ist davon überzeugt, dass der stationäre Spielwarenhandel eine Zukunft hat.
Geschäftsführer Patrick Deschauer, hier mit seinen ersten Wittener Kunden Lion (3) und Emely (6), ist davon überzeugt, dass der stationäre Spielwarenhandel eine Zukunft hat. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Deschauer hatte sich seine Rückkehr nach Witten daher einfacher vorgestellt. Er ist gebürtiger Durchholzer, seine Eltern betrieben damals das gleichnamige Lebensmittelgeschäft auf der Bahnhofstraße. „Ich bin immer nach nebenan zu Langelittig gegangen und habe mir das Spielzeug dort angeschaut“, erinnert sich der 48-Jährige schmunzelnd. Vor gut 15 Jahren stieg er dann selbst in die Spielwarenbranche ein, gründete in Bochum die PHD-Kinderwelt, zunächst als Online-Handel. 2017 wurde dann in Castrop-Rauxel die erste Filiale eröffnet. Herbede ist nun der zweite Standort.

Kunden strömen kurz nach der Eröffnung ins Geschäft

Und obwohl der Termin für die Eröffnung kurzfristig angesetzt worden war und noch keine Leuchtreklame vor der Tür hängt, weil Deschauer „kein neues Fass mit der Stadt aufmachen“ wollte: Viele Kunden strömten schon gleich um kurz nach zehn ins Geschäft. Eltern mit Baby auf dem Arm, Omas mit Kinderwagen. Fabienne Kemper war eine der Ersten, die mit ihrem Sohn Elyas durch die Regale streifte. „Es gibt in Witten ja sonst keinen richtigen Spielzeugladen mehr“, so die Bommeranerin. Sonst habe sie für Kindersachen immer nach Bochum in den Ruhrpark fahren müssen.

Auf rund 800 Quadratmetern bietet die PHD-Kinderwelt Spielwaren und Garderobe.
Auf rund 800 Quadratmetern bietet die PHD-Kinderwelt Spielwaren und Garderobe. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

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Genau das war auch einer der Gründe, warum Deschauer den Neuanfang in Witten wagte. Die klassischen Spielwarenläden – wie Langelittig, Engel auf der Ruhrstraße oder auch Intertoys in der Stadtgalerie – hätten nach und nach geschlossen. Witten habe aber mit den Nachbarstädten eigentlich ein gutes Einzugsgebiet, meint der Geschäftsführer, und Herbede noch dazu eine gute Verkehrsanbindung. Aber wenn die Ruhrbrücke gesperrt wird? „Dann haben wir immer noch die zweite Autobahnausfahrt.“

Die Meesmannstraße kann sich über fehlende Passanten oder Kunden eigentlich nicht beklagen, wenn es denn genug Geschäfte gibt. Jetzt ist auch der Leerstand am Ortseingang endlich Geschichte.
Die Meesmannstraße kann sich über fehlende Passanten oder Kunden eigentlich nicht beklagen, wenn es denn genug Geschäfte gibt. Jetzt ist auch der Leerstand am Ortseingang endlich Geschichte. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Dass die Spielzeugbranche generell eine Zukunft hat, daran hat der Unternehmer, der nach eigenen Angaben „einen Millionenbetrag“ in Umbau, Einrichtung und Ware des neuen Ladens gesteckt hat, ohnehin keinen Zweifel. „Hochzeiten und Kinder sind zwei sehr emotionale Themen“, erklärt Sprecherin Julia Becker. Themen, bei denen die Kunden sich beraten lassen wollen. Amazon funktioniere da nicht, sagt sie. „Die Kunden wollen etwas anfassen.“ Die kleinen allemal.

Sortiment, Service, Öffnungszeiten

Die PHD-Kinderwelt bietet auf der rund 800 Quadratmeter großen Ladenfläche ein Sortiment rund ums Kind an. Lego, Playmobil, Barbie gehören ebenso dazu wie Puppen und Kreativ-Spielzeug, Gesellschaftsspiele und Bücher. Im vorderen Bereich des Geschäfts gibt es außerdem hochwertige Marken-Kleidung für Babys und Kleinkinder – bis Größe 140.

Als Service für die Kundinnen und Kunden sind ein Still- und ein Wickelraum geplant. In „Geburtstagskisten“ und „Babyboxen“ können Geschenke-Wünsche gesammelt werden. In der Instagram-Ecke findet man künftig die neuesten Trends und innovatives Spielzeug, das von bekannten Influencern beworben wird.

Die PHD-Kinderwelt in der Meesmannstraße 37 hat montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags bis 15 Uhr geöffnet.

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Und die Herbeder wollen endlich schauen, was denn nun aus ihrem alten Edeka geworden ist. „Ich hoffe, der Laden wird angenommen“, sagt eine 69-jährige Passantin, es gebe ja kaum noch Geschäfte im Dorf. „Gassmann fehlt schon sehr“, meint auch Jutta Poetini (69), die mit ihrer 97-jährigen Mutter zur Eröffnung gekommen ist. „Gut, dass wenigstens hier jetzt wieder Leben reinkommt. Das sah ja zuletzt schon arg verkommen aus.“

Auch die Werbegemeinschaft Herbede ist froh, dass wieder ein Geschäft am alten Edeka-Standort eröffnet worden ist. „Wir können somit wieder auf eine intakte Verkaufsmeile in unserem Stadtteil schauen“, sagt Vorsitzender Dominik Grütter. Eine intakte Verkaufsmeile – in der mit dem Gassmann-Abriss allerdings bald eine große Lücke entstehen wird.

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