Witten. Das Kaufhaus Gassmann in Witten-Herbede ist Geschichte. Ein anderer Laden eröffnet offenbar bald – aber wann? Die Redaktion war vor Ort.

Die Türen sind verschlossen, die Regale leer. Nur ein Zettel hängt noch im Schaufenster, darauf ein Dank an die treuen Kunden: Die Ära Gassmann in Herbede ist nach fast 40 Jahren Geschichte. Das Kaufhaus hat seine Filiale in der Meesmannstraße Ende des Jahres dichtgemacht. Denn das Gebäude soll abgerissen werden und Wohnbebauung entstehen.

Auf der Wiese rechts im Bild soll das neue Wohnquartier entstehen. Die beiden Gebäude, die links an die Wiese angrenzen, werden abgerissen – sprich Gassmann und Antikscheune. Das Vorderhaus mit der Fachwerk-Giebelwand (Bildmitte) bleibt erhalten.
Auf der Wiese rechts im Bild soll das neue Wohnquartier entstehen. Die beiden Gebäude, die links an die Wiese angrenzen, werden abgerissen – sprich Gassmann und Antikscheune. Das Vorderhaus mit der Fachwerk-Giebelwand (Bildmitte) bleibt erhalten. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey

Der Abschied war sehr emotional. Viele Kunden seien extra vorbeigekommen, um sich persönlich zu verabschieden, erzählt eine Mitarbeiterin. „Wir haben Blumen bekommen, Pralinen oder kleine Geschenke.“ Die Belegschaft habe ja viele Kunden persönlich gekannt. „Ja, das war schon traurig.“

Viele Wittener bedauern die Schließung

Auch zwei Wochen später ist das Bedauern im Dorf immer noch groß. „Es ist eine Schande“, sagt ein älterer Mann, der kopfschüttelnd am leeren Laden vorübergeht. „Ein Wohnkomplex wird dem Flair der Meesmannstraße nicht guttun.“ Das meint auch Dieter Boele vom Bürgerkreis Herbede. Er fürchtet gar, dass die Meesmannstraße langsam „den Bach runtergeht“. Geschäfte seien schließlich ein wichtiger Anziehungspunkt für die Menschen im Ort.

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In den Läden ist die Gassmann-Schließung ebenfalls noch immer Thema. „Wir werden von vielen Kundinnen darauf angesprochen, auch von jungen“, sagt Birgit Thomanek, die in der Boutique „Frau Wunsch“ mitarbeitet. Viele würden das Geschäft schmerzlich vermissen. „Es gibt nicht einen hier, der das Aus nicht schade findet“, meint Roswitha Krebs von der Antikscheune.

Auch sie muss ihren Laden räumen, die Scheune wird ebenfalls abgerissen. Doch anders als bei Gassmann läuft der Verkauf dort derzeit noch weiter. „Wir haben zum Glück eine Verlängerung bis Ende Februar bekommen“, sagt ihr Lebensgefährte. Denn die Antik-Händler wissen gar nicht, wohin mit all ihren Möbeln. Sie kommen mit dem Ausräumen der großen Scheune kaum hinterher. Kleiner Lichtblick: Roswitha Krebs konnte direkt nebenan ein Ladenlokal an der Meesmannstraße anmieten. Auf gut 20 Quadratmetern soll es hier mit dem Möbelverkauf weitergehen – ebenso wie in ihrer Filiale an der Wittener Straße 36.

Das Gebäude mit der Hausnummer 53 vorn an der Meesmannstraße bleibt erhalten. In das kleine Ladenlokal rechts zieht die Antikscheune – ganz rechts im Bild – mit einem Teil ihres Sortiments.
Das Gebäude mit der Hausnummer 53 vorn an der Meesmannstraße bleibt erhalten. In das kleine Ladenlokal rechts zieht die Antikscheune – ganz rechts im Bild – mit einem Teil ihres Sortiments. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Denn so viel ist inzwischen klar: Das Haus Nummer 53 mit der Fachwerk-Giebelwand vorn an der Meesmannstraße soll wohl erhalten bleiben. Die Gebäude dahinter müssen weg – denn im Bereich zwischen Meesmannstraße und Hedwig-Kracht-Weg will ein Unternehmen aus Karlsruhe ein neues Wohnquartier errichten. Die Bauanträge sind vor wenigen Tagen bei der Stadt eingegangen und werden derzeit bearbeitet. Der Investor hatte sein Konzept bereits im Sommer bei der Verwaltung vorgestellt. Und das füge sich in den bestehenden Bebauungsplan, erklärte Stadtbaurat Rommelfanger damals.

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Nach den Plänen des Projektentwicklers sollen in Herbede 14 unterkellerte Reihen-Stadthäuser mit begrüntem Pultdach und Dachterrasse, ein freistehendes Einfamilienhaus einschließlich Garage und Stellplätzen sowie neun Eigentumswohnungen in einem Mehrfamilienhaus entstehen. Der Verkauf der Immobilien sollte bereits im ersten Quartal 2023 – also jetzt – starten, der Termin wurde inzwischen auf den Sommer verschoben – wenn die Baugenehmigungen vorliegen. Für die Fertigstellung werde aber weiterhin Ende 2024 angepeilt, teilt das Unternehmen mit.

Blick durch die Scheibe in den ehemaligen Edeka. In diesem Räumen will die PHD-Kinderwelt ein Geschäft eröffnen, die Ladentheke und einige Regale stehen schon.
Blick durch die Scheibe in den ehemaligen Edeka. In diesem Räumen will die PHD-Kinderwelt ein Geschäft eröffnen, die Ladentheke und einige Regale stehen schon. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Aber gut möglich, dass sich das in der jetzigen Situation in der Baubranche alles verzögert. Trauriges Beispiel dafür ist die „PHD-Kinderwelt“, die schon 2021 ein Spielwarengeschäft im leerstehenden Edeka am Anfang der Meesmannstraße eröffnen wollte. Erst zog sich durch Corona alles in die Länge, dann durch den Handwerkermangel. Aber jetzt scheint es voranzugehen. Durch die Fenster sieht man: Regale sind schon aufgebaut, die Ladentheke auch. Im Netz sucht das Unternehmen Mitarbeiter für die Filiale Herbede ab dem 1. März. Geht es dann auch mit dem Verkauf los? Auf diese Frage war bislang keine Antwort zu bekommen.