Velbert. Franz (89), Bubi (66) und Martin (34) sind im Velberter Restaurant „Zum Parkhaus“ ein eingespieltes Team. Die Gäste bekommen vor allem Deftiges.

Sonntags oder Feiertags, wenn die Stammgäste von weit her kommen für Sauerbraten, Rindsrouladen oder Königsberger Klopse, wenn der Laden brummt, dann sind sie alle an Bord: Großvater Franz Seidl (89) zapft Bier und hat vom Tresen aus alles im Blick, Sohn Hans-Josef (66), von allen nur „Bubi“ genannt, brutzelt und schnibbelt in der Küche, ebenso Enkel Martin (34), ausgebildeter Koch.

Bis vor zwei Jahren mischte auch noch Gertrud Seidl ordentlich mit. „Über 40 Jahre lang, meine Frau ist 2021 verstorben“, sagt Senior-Chef Franz Seidl traurig, holt einmal tief Luft, und sagt mit Blick auf die Familie mit fester Stimme: „Zusammen sind wir unschlagbar.“ Und das seit nunmehr 50 Jahren, so lange steht das „Restaurant Parkhaus Seidl“ in Velbert-Neviges für bodenständige, gutbürgerliche Küche vom „Russischen Ei“ bis zum Rostbraten.

Die Seidls in Velbert-Neviges kennen fast jeden Gast mit Namen

Franz Seidl, der das Restaurant vor 50 Jahren öffnete, steht auch mit 89 Jahren noch hinter der Theke und zapft im Restaurant „Zum Parkhaus“ Bier – Sohn „Bubi“ (66) überzeugt sich, dass der Papa auch alles richtig macht.
Franz Seidl, der das Restaurant vor 50 Jahren öffnete, steht auch mit 89 Jahren noch hinter der Theke und zapft im Restaurant „Zum Parkhaus“ Bier – Sohn „Bubi“ (66) überzeugt sich, dass der Papa auch alles richtig macht. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

„Wenn Not am Mann ist, dann kommen auch meine Töchter Rosemarie, Brigitte und Alexandra und helfen im Service-Bereich“, sagt Franz Seidl, der fast jeden Gast mit Namen kennt. „Letztes Wochenende hatten wir ein Goldhochzeitspaar, das hatte hier damals schon seine Hochzeit gefeiert, später Silberhochzeit“, erzählt „Bubi“ Seidl. Und auch traurige Tage lässt man hier gern bei Kaffee, Kuchen und einer heißen Suppe ausklingen: „Im letzten Jahr hatten wir 50 Beerdigungen“, so der Senior-Chef – und das liegt nicht nur daran, dass der katholische Friedhof auf dem Marienberg und somit gleich schräg gegenüber liegt.

Der 1. Mai ist aus vielen Gründen ein besonderer Tag

Warum heißt der Familiengasthof eigentlich „Restaurant Parkhaus Seidl“? Darüber kann Bubi Seidl nur spekulieren: „Vor unserer Zeit hieß das ganz früher mal Zum Marienberg, dann wurde hier der Parkplatz für das Schloss angelegt. Mein Vater hat den Namen dann wohl übernommen.“ Geschehen am 1. Mai 1973, wie überhaupt der 1. Mai ein besonderes Datum für die Seidls ist. „Ja, der Tag hat es in sich“, sagt Senior-Chef Franz und lächelt. Nicht nur, weil am 1. Mai mit Kinderfest am Schloss, Wallfahrts-Eröffnung und Start der Biergarten-Saison – verbunden mit dem Frühlingskonzert des Fanfarencorps – immer viel los ist.

1966 zunächst den Alten Bahnhof übernommen

„Am 1. Mai 1966, da hab ich auch drüben den Alten Bahnhof übernommen“, erzählt der Senior-Chef, den es bereits 1952 aus seiner bayerischen Heimat Eding am See (Kreis Passau) nach Velbert verschlagen hatte. „In Bayern gab es nach dem Krieg ja kaum keine Arbeit, ich war damals mit einem Flüchtling befreundet, der gab mir den Tipp, es mal hier zu versuchen.“ Ohne jemanden in Neviges zu kennen, ohne familiäre Bindung schlief der junge Mann Seidl damals die ersten drei Jahre in einer Art Jugendheim im Schloss, verdiente 14 Jahre lang seinen Lebensunterhalt in einem Walzwerk. „Aber mein Traum war immer die Gastronomie, das wollte ich schon damals in Bayern machen. Und dann hab ich 1966, am 1. Mai, beim Alten Bahnhof zugegriffen.“

Willi aus Bayern half bei der Renovierung

Die Traditionsgaststätte „Zum Parkhaus Seidl“ ist berühmt für ihre gutbürgerliche Küche. Und Treffpunkt zahlreicher Chöre und Vereine.
Die Traditionsgaststätte „Zum Parkhaus Seidl“ ist berühmt für ihre gutbürgerliche Küche. Und Treffpunkt zahlreicher Chöre und Vereine. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Das Lokal – es führte später der griechische Wirt Tassos und nach dessen Tod 2020 Sohn Nikos – sei damals gut angelaufen und schnell zu klein geworden, erinnert sich Franz Seidl. Wohl auch, weil schon damals etwas galt, was bis heute ehernes Gesetz in der Familie ist: „Auch Familien mit Kindern sollen bei uns die Möglichkeit haben, ein bis zweimal im Monat essen zu gehen. Wir machen eine bodenständige, bezahlbare Küche, haben auch seit 25 Jahren eine Kinderecke“, so Bubi Seidl, der sich an den Umzug ins benachbarte „Parkhaus“ noch gut erinnert: „Das war damals eine Bruchbude.“ Bezogen am 1. Mai 1973, und bei laufendem Betrieb sieben Jahre lang umgebaut, größtenteils in Eigenregie – Onkel Willi aus Bayern machte es möglich: Der heute 92-jährige Bruder von Franz Seidl betrieb eine Schreinerei, karrte mit seinem Lkw immer fleißig Material nach Neviges. Holzgetäfelte Wände, Decken, Tische, „alles, was Sie hier sehen, ist aus bayerischem Holz“, sagt Franz Seidl, und Sohn Bubi fügt hinzu: „Von 1973 bis 1980 haben wir keinen Tag Urlaub gemacht.“

Die Familie meistert neue Herausforderungen

Die dritte Generation ist Koch mit Leib und Seele: Martin Seidl (34) liebt es, neue Rezepte auszuprobieren. Besonders beliebt ist der Sauerbraten, mit Klößen, Rotkohl und ohne Rosinen.
Die dritte Generation ist Koch mit Leib und Seele: Martin Seidl (34) liebt es, neue Rezepte auszuprobieren. Besonders beliebt ist der Sauerbraten, mit Klößen, Rotkohl und ohne Rosinen. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Ja, das Restaurant, das ist ihr Leben, etwas anderes als Gastronomie kam auch für Martin Seidl (34), Sproß in der dritten Generation, nicht in Frage. Seine Koch-Ausbildung absolvierte er im Waldhotel Heiligenhaus, zuvor hatte er bei einem Praktikum mal kurz in einen Baumschulen-Betrieb hineingeschnuppert. „Das war nichts für mich, aber ich hab es wenigstens getestet.“ Stattdessen wickelt er mit Freude Rouladen, probiert neue Rezepte aus, stellt sich gemeinsam mit seinem Vater Bubi neuen Herausforderungen: „Wer vegan oder vegetarisch bei uns essen will, kein Problem, da finden wir immer etwas nach Absprache mit dem Gast. Aber künftig wollen wir das auch verstärkt auf der Karte anbieten, da gucken wir jetzt gerade.“

Chöre lieben die Frikadellen

Was aber auf jeden Fall bleibt, so versichern alle drei: „Frikadellen und Russische Eier, die putzen auch die Chöre nach den Proben gerne weg.“ Fünf Chöre singen in der Woche hinten im Probenraum, ganz zu schweigen von den vielen Vereinen, die sich hier treffen. Bei einem mischt der Chef kräftig mit, sein Skatclub ist Franz Seidl heilig. Enkel Martin grinst: „Opa spielt Karten, so lange ich denken kann.“ Und donnerstags, ganz klar, da steht dann jemand anders hinterm Tresen und zapft. Der Senior-Chef stolz: „Sechs Sorten Bier vom Fass, hat auch nicht jeder.“

>>>Öffnungszeiten

„Restaurant Parkhaus Seidl“, Bernsaustraße 35, Reservierung unter 02053 2487. Geöffnet: Montag von 17 bis 22 Uhr; Mittwoch bis Samstag von 17 bis 22 Uhr; Sonntag 10.30 bis 22 Uhr. Dienstag ist Ruhetag. Für den zweiten Weihnachtstag sind noch einige Plätze frei, der erste Weihnachtstag ist schon ausgebucht.

Mittags öffnet das „Parkhaus Seidl“ nur nach besonderer Vereinbarung, etwa bei Beerdigungen.