Oberhausen. Ulrich J. Salhofen, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen, äußert sich erstmals seit Bekanntwerden der 22-Millionen-Euro-Kreditaffäre öffentlich zum um „Sport-Concept“.
Ulrich J. Salhofen, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen, äußert sich erstmals seit Bekanntwerden der 22-Millionen-Euro-Kreditaffäre öffentlich zum um „Sport-Concept“.
Herr Salhofen, Sie stellen sich nun dankenswerterweise als erstes Vorstandsmitglied nach Beginn des 22-Millionen-Euro-Debakels um „Sport-Concept“ der Öffentlichkeit. Warum war das nicht eher möglich?
Ulrich J. Salhofen: Als Sparkasse unterliegen wir mehreren strengen Gesetzen, die uns verbieten, zu Kundenbeziehungen und Kreditengagements etwas zu sagen, egal was Dritte darüber gegen uns vorbringen. Im konkreten Fall hatten wir sogar den Kunden darum gebeten, uns vom Bankgeheimnis zu befreien. Dieser Wunsch ist uns nicht erfüllt worden.
Wenn Sie zurückblicken: Bedauern Sie das Geschehen in diesem Geschäftsfall der Sparkasse?
Salhofen: Es tut mir äußerst leid, dass die Sparkasse Oberhausen, die in drei Jahren ihr 150-jähriges Bestehen feiert, einen solchen Kreditfall in so einer Größenordnung zu verarbeiten hat. Da bin ich persönlich als Vorstand, aber auch als Bürger dieser Stadt sehr betroffen. Wichtiger als mein persönliches Befinden ist, dass unsere Mitarbeiter seit Monaten diese unklare Situation meistern mussten. Dies war sicherlich eine sehr unangenehme Situation, für die Mitarbeiter im Kundenkontakt, aber auch bei allen Mitarbeitern im persönlichen Bereich. Hier kamen viele Fragen auf, die der Einzelne nicht beantworten konnte. Von daher kann ich nur meinen Respekt und meinen Dank gegenüber unseren Mitarbeitern ausdrücken.
Oliver Mebus bald stellv. Vorstandsmitglied
Oliver Mebus, Leiter des Vorstandsstabs, wird wohl ab 1. März 2012 ordentliches stellv. Vorstandsmitglied werden. Er gehört damit zwar nicht direkt dem Vorstand an, nimmt aber regelmäßig an Entscheidungen des Vorstandes teil. Diesem gehören jetzt nach Ausscheiden des Chefs Karlheinz Merzig nur noch zwei Leute an: Ulrich J. Salhofen als stellv. Vorstandschef und Thomas de Koster als Vorstandsmitglied (noch bis Sommer 2012).
Mebus ist 41, verheiratet, hat zwei kleine Kinder und lebt in der Walsumer Mark. Seine Ausbildung begann der gebürtige Wuppertaler bei der Sparkasse Leverkusen. Er absolvierte die Sparkassenakademie in Bonn. Ab 1992 arbeitete er 13 Jahre für die Sparkasse Leipzig; er ging 2005 nach Oberhausen. Hier kümmerte er sich um Stiftungen, Marketing und die Aufsichtsgremien. Er ist im Beirat von RWO, NBO und fördert die Allianz für Kindergesundheit.
Welche Fehler hat der Vorstand nach Ihrer Meinung in diesem Fall gemacht?
Salhofen: Da darf ich mich leider nicht zu äußern, ob da Fehler oder welche Fehler gemacht worden sind. Der Verwaltungsrat hat aufgrund des Gutachtens Entscheidungen getroffen.
Sie haben ja mit ihrem Veto im Frühjahr eine weitere Verlängerung der Kredite an Sport-Concept verhindert. Hätten Sie nicht eher die Reißleine ziehen müssen?
Salhofen: Selbst dazu, ob ich oder ein anderer, hier ein Veto eingelegt hat, darf ich weder bestätigen noch dementieren. Das sind bankinterne Angelegenheiten. Dazu kann ich keine Aussagen machen.
Rendite war kein Thema
Welches Motiv stand Ihrer Ansicht nach dahinter, an so einem heiklen Geschäftsfall so intensiv und so lange festzuhalten. Wollte man seine Fehleinschätzung lange Zeit nicht eingestehen? Oder stand man unter Rendite-Druck?
Salhofen: Ich kann nur sagen, dass die Rendite kein Thema war. Man sieht am Ende eines solchen Prozesses in der Übersicht vieles anders. Ob das in diesem Fall Fehleinschätzungen oder andere Dinge waren, muss erst einmal juristisch aufbereitet werden.
Fühlen Sie sich denn von den Sport-Concept-Leuten betrogen?
Salhofen: Auch dazu kann ich nichts sagen, jede Antwort von mir wäre eine Antwort, die von der Gegenseite sofort gegen uns verwendet würde.
Welche Folgen hat dieses Geschäftsdebakel für die Kunden. Ist die Sparkasse Oberhausen in ihren Grundfesten erschüttert, kann sie bei so einer dicken Summe daran Pleite gehen?
Salhofen: Klare Antwort: Die Sparkasse ist in ihren Grundfesten nicht erschüttert, sie kann nicht daran Pleite gehen. Sie hat genug Substanz, um einen solchen für die Sparkasse möglichen Verlust zu verkraften. Dieser Geschäftsvorfall wird die Sparkasse in ihren Möglichkeiten, ihr Geschäft auszubauen, Kredite zu vergeben, sozial engagiert zu sein oder in ihre Standorte zu investieren, in keinster Weise einschränken. Die Sparkasse Oberhausen hat für einen solchen Fall entsprechende Reserven angelegt - und entsprechende Vorsorge getroffen, die 2010 und 2011 in Anspruch genommen wurde.
"Wir wollen weiter wachsen"
Gibt es für Mittelständler und Existenzgründer weniger Kredite als bisher, weil die Sparkasse dafür nun zu wenig Eigenkapital hat?
Salhofen: Nein, das auf keinen Fall. Wir haben nach den gesetzlichen Vorschriften mit unserer Eigenkapitalquote einen Wert, der es uns ermöglicht, über 700 Millionen Euro Kreditwachstum zu generieren. Wir könnten also 50 Prozent mehr als unseren jetzigen Kreditbestand von 1,45 Milliarden Euro ausleihen. Wir wollen weiter wachsen: Wir haben derzeit sehr attraktive Konditionen nicht nur für Gewerbetreibende, sondern auch für Privatleute - bei Baukrediten steht da eine zwei vor dem Komma bei zehnjähriger Zinsbindung. Es wird keine Einschränkungen geben, wir haben ja kein systemisches Kreditproblem, sondern einen besonderen Einzelfall.
Besteht aber nicht psychologisch die Gefahr, dass der Vorstand der Sparkasse aus lauter Angst vor Kreditausfällen künftig auf die Bremse bei der Kreditgewährung tritt?
Salhofen: Wir stehen nicht auf der Bremse, aber jeder Mensch, der negative Erfahrungen gemacht hat, wird sein Verhalten überprüfen. In diesem Prozess sind wir gerade. Hier liegt ja kein Problem der Kreditvergabepolitik und interner Abläufe vor. Hier haben wir ein Team von hochqualifizierten, engagierten Fachleuten. Es handelt sich um einen problematischen Einzelfall mit vielen Aspekten. Vielleicht werden wir aber in Kreditgesprächen künftig noch intensiver als bisher nachfragen. Das gilt nicht generell bei jeder Kreditvergabe bei jedem Kunden. Aber wir können ja nicht so tun, als wäre da nichts gewesen.
Sind weitere hohe Kredite bei der Sparkasse noch in Gefahr?
Salhofen: Unabhängig vom Fall „Sport-Concept“, den wir komplett in den Bilanzen 2010 und 2011 wertberichtigt haben, gibt es jedes Jahr eine Reihe von Wertberichtigungen von Krediten, um mögliche Ausfallrisiken daraus zu berücksichtigen. Alle Risiken sind da aktuell eingerechnet, für 2012 sehen wir keine großen Belastungen mehr. Der „Sport-Concept“-Fall hat deshalb keine Auswirkungen mehr auf die künftigen Gewinne. Rechnet man die „Sport-Concept“-Summen heraus, dann liegen die nötigen Wertberichtigungen sogar niedriger als in früheren Jahren.
Weiter Soziales, Kultur und Sport fördern
Das klingt beruhigend. Dennoch: Müssen jetzt Sparer um ihr Geld fürchten?
Salhofen: Die Sparkasse Oberhausen ist leistungsfähig genug, die Sicherheit aller Spareinlagen zu gewährleisten. Und die Sparkasse gehört dem Sicherungsfonds der Sparkassenorganisation an - das ist eine doppelte Sicherheit.
Kann die Stadtsparkasse noch weiterhin Soziales, Kulturelles und Sportliches in gleicher Höhe fördern wie in den Vorjahren?
Salhofen: Wir können unser Engagement in dieser Stadt definitiv in Art und Umfang weiter fortführen. Die zahlreichen Förderprojekte von Vereinen, Kindergärten und Schulen, unsere sehr erfolgreichen Stiftungsprojekte „Leseförderung“, „Praxistag“, „Lebensträume“ - diese verdeutlichen unsere Zugehörigkeit und unser Engagement für diese Stadt. Das sind bodenständige, in dieser Zeit überaus wichtige Projektförderungen mit einem Jahresvolumen in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro im Jahr.
"Kein Übernahmekandidat“
Es gibt ja Spekulationen, die Sparkasse könnte mit anderen Instituten fusionieren, sie sei nach dem „Sport-Concept“-Fall ein Übernahmekandidat. Wie sehen Sie das?
Salhofen: Die Sparkasse Oberhausen ist kein Übernahmekandidat. Für Oberhausen ist es aus Sicht des Vorstandes und der Mitarbeiter nicht sinnvoll, mit einem anderen Institut zusammenzugehen. Deshalb ist das auch kein Thema.
Wie sehr ist nach Ihrer Ansicht das Image der Stadtsparkasse dauerhaft lädiert?
Salhofen gestaltet seit 2001 die Sparkasse um
Ulrich J. Salhofen, stellv. Vorstandsvorsitzender, ist 53 Jahre alt, hat zwei Kinder und lebt in Königshardt. Seit 2001 arbeitet er im Vorstand der Stadtsparkasse und gestaltete sie mit seinem früheren Chef Merzig maßgeblich um. So wurden die Zahl der Filialen mit Personal fast halbiert, Beratungsangebote (Baukredit) zentralisiert und Online-Geschäfte ausgebaut. Salhofen ist gebürtiger Ostfriese (Aurich). Er begann seine Karriere bei der Sparkasse Meppen im Emsland, machte in Münster seinen Diplom-Kaufmann und agierte noch in der Hochzeit der WestLB im Konzernbereich Controlling in Düsseldorf. Nach Stationen bei Sparkassen in Borken und Münster landete er in Oberhausen. Salhofen engagiert sich fürs Alsbachtal und für den lokalen Spitzensport. 2008 wurde er stellv. Vorstandschef - den Titel muss er abgeben, wenn der neue Vorstandschef kommt.
Salhofen: Die Reputation der Stadtsparkasse Oberhausen hat in den letzten Monaten gelitten, keine Frage. Ob das Image dauerhaft Schaden trägt, ist heute reine Spekulation. Ich glaube das nicht. Unsere Mitarbeiter haben einen sehr guten, jahrzehntelang gewachsenen Kontakt zu unseren Kunden. Und die wissen, dass das, was passiert ist, nicht Schuld des Mitarbeiters ist. Dass der ein oder andere Kunde, der sich ohnehin mit diesem Gedanken trägt, uns nun bei diesem Anlass verlässt, kann sein. Ich würde eine solche Entscheidung in jedem Einzelfall bedauern. Da wir nicht die Gewinnmaximierer sind und wir unsere Gewinne für das Wohl dieser Stadt einsetzen, ist jedenfalls ein großer Antrieb für unsere Mitarbeiter, um jeden Kunden zu kämpfen.
Wie bewerten Sie die aktuelle wirtschaftliche Situation der Sparkasse?
Salhofen: Trotz des „Sport-Concept“-Falls werden wir in unserer Bilanz für 2011 einen ordentlichen Bilanzgewinn auf Höhe des Vorjahres ausweisen, etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Euro, das wird gerade noch errechnet. Unser Ziel ist, dass wir unseren operativen Betriebsgewinn von 17 Millionen Euro 2012 noch steigern – trotz des harten Wettbewerbs vor Ort.
Auf den Rankinglisten des Sparkassenverbandes Rheinland soll die Sparkasse Oberhausen aufgrund ihrer Wirtschaftsdaten am Ende der Skala im Vergleich mit anderen Sparkassen stehen. Stimmt das?
Salhofen: Das muss man differenziert beantworten. Je nachdem, welche statistischen Zahlen man betrachtet, steht die Sparkasse im vorderen, mittleren oder hinteren Bereich. Wir haben beim Personal- und Sachaufwand noch Probleme; bei den Erträgen, Zinsüberschuss oder Provisionen, sind wir im oberen Drittel, beim Eigenkapital stehen wir im mittleren Drittel und in verschiedenen Produktfeldern stellt sich das recht unterschiedlich dar.
Ihr Bilanzgewinn ist mit rund einer Million Euro angesichts einer Bilanzsumme von 2,4 Milliarden Euro nicht gerade üppig, die Zahl der Privatkunden ist im 10-Jahres-Vergleich rückläufig. Gab es wirtschaftliche Fehler der Sparkasse in den vergangenen Jahren?
Salhofen: Es stimmt, dass wir in den vergangenen zehn Jahren durch den harten Wettbewerbsdruck der Banken vor Ort, aber gerade auch im Internet, Kunden verloren haben – wie viele Sparkassen. Doch im vergangenen Jahr konnten wir die Zahl unserer Privatgirokonten um 1000 steigern. Das ist recht beachtlich, das zeigt, wie gut die Kompetenz unserer Mitarbeiter und unserer Produkte im Markt eingeschätzt werden. Unsere Produkte sind leistungs- und konkurrenzfähig.
Neue SB-Center und Zentralisierung "waren richtig"
Wurden aber wirtschaftliche Fehler gemacht, hat man zu sehr zentralisiert, zu viele Filialen geschlossen, sich zu wenig um den kleinen Mann gekümmert?
Salhofen: Das war nicht unsere Strategie, als ich 2001 hier Verantwortung mit übernommen habe. Wir haben die Sparkasse neu ausgerichtet: Die Schrumpfung der Zahl der Standorte, der Ausbau von zusätzlichen SB-Centern und die Zentralisierung waren richtig, um Kompetenzen stärker zu bündeln und dadurch Beratungsdienste effizienter und qualitätsvoller für unsere Kunden anzubieten. Wir haben dadurch aber auch Kosten eingespart; ohne diese Entwicklung hätten wir erhebliche Kostenprobleme. Ebenso war die zweite strategische Entscheidung, mit der Sparkasse Mülheim über mehrere Töchter zu kooperieren, richtig: Damit wurden Synergien möglich, wir haben so Mengengrößen wie eine Großsparkasse erreicht.
Wie muss sich die Sparkasse in Zukunft aufstellen? Mehr Internet, mehr Computerisierung, weniger Filialen, um so Kosten zu sparen?
Salhofen: Die Zukunftsausrichtung unseres Instituts ist die primäre Aufgabe des neuen Vorstandsvorsitzenden und des Verwaltungsrates. Aber auch dieser wird dabei bleiben, dass wir uns zentral auch künftig nach den Wünschen unserer Kunden richten: Attraktive Produkte, zusätzliche Leistungen und vielleicht - für die seit Jahren stark gestiegene Nachfrage - auch eine noch höhere Internet-Präsenz.
Das Interview mit dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Ulrich J. Salhofen führte WAZ-Redakteur Peter Szymaniak.