Oberhausen.

Die Amtszeit des dreiköpfigen Vorstandes der Stadtsparkasse Oberhausen in seiner jetzigen Zusammensetzung neigt sich wohl vorzeitig dem Ende zu.

Der Verwaltungsrat, das Aufsichtsorgan der Sparkasse, ist nach einer Serie von Sondersitzungen zum Debakel um das 20-Millionen-Kreditengagement bei der Pleite-Sporthandelsfirma „Sport-Concept“ nun fest entschlossen, Anfang des neuen Jahres personelle Konsequenzen zu ziehen. Dabei ist noch unklar, wer von der obersten Sparkassen-Spitze bleiben kann.

Das weitgehend fertig gestellte Gutachten der Wirtschaftsfachleute der Beratungsgesellschaft PwC soll nach Angaben verschiedener Quellen eindeutige Belege für mehrere Verstöße des Vorstandes im Fall „Sport-Concept“ aufweisen. Vorgeworfen würden dem Sparkassenvorstand mit Karlheinz Merzig, Thomas de Koster und Ulrich J. Salhofen „eine Reihe von Pflichtverletzungen“: Verstöße gegen Mindestanforderungen ans Risikomanagement, Verstöße gegen Informationspflichten an Aufsichtsorgane, Verstöße gegen das Kreditwesengesetz.

Wirtschafts-Staatsanwaltschaft ist alarmiert

Für das Gutachten interessieren sich nicht nur die Bankenaufsichtsbehörde Bafin, sondern auch der Sparkassenverband und die Wirtschafts-Staatsanwaltschaft in Düsseldorf. Die Staatsanwälte intensivierten in den vergangenen Wochen ihre Ermittlungen, ließen sich wichtige interne Unterlagen aushändigen, um zu prüfen, ob strafrechtliche Verfehlungen vorliegen.

„Sport-Concept“ war eine Königshardter Sportartikelfirma, die Markenware bei europäischen Großhändlern kaufte und vor allem an Discounter wie Netto als Aktionsware vertrieb. Durch die stark steigende Zahl belieferter Filialen und die eingegangene Pflicht, nicht verkaufte Ware wieder zurückzunehmen, wuchs das Kreditvolumen in den vergangenen beiden Jahren stark an – auf zuletzt 20 Millionen Euro.

Als Hauptsicherheit dienten der Sparkasse (Betriebsergebnis: 18,5 Millionen Euro) die Lagerbestände der Sportartikelfirma, die sich bisher aber als wenig werthaltig erwiesen. Insider gehen davon aus, dass die Sparkasse ihre Kreditsumme wohl verlieren wird. Der Verwaltungsrat fordert deshalb Schadenersatz vom Vorstand, der nach dem Kreditwesengesetz in seiner Gesamtheit haftet. Für den Vorstand wurde – wie üblich – eine Versicherung für solche Haftungsfälle abgeschlossen, die möglicherweise einen Teil der Schäden ausgleicht.

"Der Verlust ist verkraftbar"

So oder so: „Die Sparkasse ist wirtschaftlich auf keinen Fall gefährdet; der Verlust mindert die Erträge, ist aber verkraftbar“, wissen Kenner.

Die Ablösung des kompletten Vorstandes kommt für den Verwaltungsrat nicht in Frage. Merzig gilt in den Reihen des Kontrollorgans als Haupt-Akteur des Kreditfalls; de Koster hatte zuletzt die formale Zuständigkeit; Salhofen wird zugute gehalten, dass er mit seinem Veto Ende März 2011 die weitere Ausweitung des Kreditvolumens verhindert habe.

Bei einem Aus für den gesamten Vorstand wäre die Bafin wohl gezwungen, einen Zwangsvorstand von außen einzusetzen – diese Quasi-Übernahme will aber niemand im Verwaltungsrat.

Schon wird intern in der Sparkasse spekuliert, dass der Fall gar zur Zwangsfusion mit einer Sparkasse der Nachbarstädte führen könnte. „Das gilt es auf jeden Fall zu verhindern“, heißt es.

Der Optimismus täuschte

Noch in ihrem im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichten Geschäftsbericht 2010 der Stadtsparkasse Oberhausen hatten sie so optimistisch gewirkt, doch sie sollten sich derb täuschen: „Wir sind sicher, dass die Spielzeit 2011 ebenso von Erfolg gekrönt sein wird“, ließen die Vorstände Karlheinz Merzig, Thomas de Koster und Ulrich J. Salhofen mit Blick auf die Geschäftsentwicklung 2011 auf Seite 16 verlauten.

Jetzt stecken sie mitten in einem Schlamassel, das von der Sportartikel-Firma „Sport-Concept“ und ihren mächtigen Hintermännern rund um den bekannten Königshardter Rolf Hoffmann mitangerührt worden ist. Hoffmann war Gründer des Oberhausener Einzelhandelsgeschäfts „Sport Hoffmann“ und wurde 2006 wegen mehrfachen Betrugs rechtskräftig verurteilt.

Beim neuen „Sport-Concept“-Fall mit einem Abschreibungsbedarf von bis zu 20 Millionen Euro für die Sparkasse Oberhausen ist es bisher noch unklar, ob der Vorstand ausgetrickst, hereingelegt, betrogen wurde oder ob er einfach nur naiv zu lange den Versprechen der „Sport-Concept“-Macher vertraute. Die Gutachter von PricewaterhouseCoopers (PwC) scheinen aber ausreichend belegt zu haben, dass der Vorstand sich nicht nach Banken üblichen Regeln, sondern in mehreren Fällen pflichtwidrig verhalten hat.

Fehler nach unten abgeschoben

Bei den ausführlichen Befragungen von beteiligten Oberhausener Sparkassen-Angestellten sollen sich die Vorstandsmitglieder nicht gerade glücklich verhalten haben. Mehrere Quellen erzählen, dass Merzig und de Koster versucht haben, Fehler auf untere Mitarbeiter-Ebenen und auf andere Personen außerhalb der Sparkasse abzuschieben. Ein gewisses Einsehen oder gar Reue sei nicht zu spüren gewesen, heißt es.

Dabei hat es, nun durch die PwC-Gutachter auch bestätigt, frühzeitig intern deutliche Warnungen von den unteren Ebenen an den Vorstand gegeben - allerdings wohl nicht direkt an die Kontrollgremien, also an den Risikoausschuss oder an den Verwaltungsrat.

So habe es angeblich lautstarke Auseinandersetzungen zwischen Merzig und Mitgliedern der internen Revision über „Sport-Concept“ gegeben, die das Kreditgeschäft für zu risikoreich und falsch hielten. Auch die Fachleute der zuständigen Kreditabteilung hätten ihre erheblichen Zweifel früh angemeldet. Doch über all diese Warnungen habe sich der Vorstand hinweggesetzt, wird berichtet.

Keine Äußerung gegenüber Öffentlichkeit

Warum die Aufsichtsgremien von den Warnern nicht eingeschaltet wurden, wird mit der Loyalitätspflicht von Arbeitnehmern gegenüber dem Vorstand erklärt.

Im Verwaltungsrat gibt es nun zwei konträre Strömungen, wie man den Vorstand der Sparkasse erneuern könnte: Entweder durch den Austausch von nur einem Vorstandsmitglied durch eine externe neue unbelastete Kraft oder durch den Austausch von zwei Mitgliedern durch eine externe und eine interne bewährte Kraft. Diejenigen, die auf interne Leute setzen, argumentieren, dass so „die Seele der Sparkassenidee“ wieder mehr Bedeutung zukommen könne als zuletzt erlebt.

Der Vorstand der Sparkasse war übrigens trotz mehrfacher Anfragen und Möglichkeiten nicht bereit, der Öffentlichkeit sein Verhalten im Kreditfall zu erläutern. Auch das endgültige PwC-Gutachten soll geheim bleiben - die Verwaltungsräte erhalten es nicht ausgehändigt, sondern dürfen es nur in der Sparkasse einsehen.