Die Oberhausener Feuerwehr arbeitet eng mit Notfallseelsorgern zusammen. Der Leiter der Notfallseelsorge erinnert, was zur Bildung des mittlerweile zehn Männer und Frauen zählenden Teams führte, dessen Mitarbeiter immer über die Leitstelle der Feuerwehr alarmiert werden.

Das Martinshorn der Feuerwehr hallt laut durch den Raum. Ausnahmsweise ist das hier jedoch kein Ernstfall, sondern der Klingelton eines Handys. Bernd Malecki (48) hält das Telefon hoch. Der katholische Theologe gehört zum Team der Notfallseelsorger. Diese Woche hat er Dienst und deshalb das Handy in der Tasche. „Der Ton ist nicht zu überhören”, sagen auch seine Kollegen Berthold Rzymski (53) und Michaela Breihan (43). Alle drei erzählen, was Notfallseelsorge bedeutet, die in der Stadt eng verbunden ist mit der Feuerwehr.

Der Leiter der Notfallseelsorge, Rzymski, erinnert, was zur Bildung des mittlerweile zehn Männer und Frauen zählenden Teams führte, dessen Mitarbeiter immer über die Leitstelle der Feuerwehr alarmiert werden. Es war dieser schreckliche Unfall in der Silvesternacht 1999/2000, als ein Auto mit einem Bus kollidierte und mehrere Jugendliche starben. Propst Michael Ludwig, der damals schon den Feuerwehrleuten in solchen Situationen zur Seite stand, war vor Ort und merkte, er hatte nicht „genug Hände”, um sich um den Busfahrer und die Angehörigen zu kümmern.

70 Einsätze

„Da machten wir dann unsere Ausbildung”, sagt Rzymski. Besonders spannend fand Pfarrerin Breihan das 24-stündige Praktikum beim Rettungsdienst, das dazu gehörte. Als die katholischen und evangelischen Theologen sich dann nach einem halben Jahr im März 2001 Notfallseelsorger nennen durften, stellten sie fest: „Besonders oft werden wir zu älteren Menschen gerufen, die ihren Partner verloren haben.” Im vergangenen Jahr mussten sie zu 70 Einsätzen raus.

Manche Situationen sind besonders schrecklich. „Es kann sein, dass ein Unfallopfer im Pkw eingeklemmt ist, stirbt und einen Seelsorger sprechen möchte”, sagt Brandamtsrat Rainer Porsch. „Die belastendsten Einsätze für uns sind immer die mit Kindern”, so Rzymski. Da war der Vierjährige, der vor seinem Kindergarten an einem Stück Wurst erstickte. „Der Notarzt hat so lange versucht, ihn zu reanimieren”, erinnert sich der 53-Jährige. Später stellte sich heraus, dass der Arzt selber Nachwuchs in dem Alter hatte und sein eigenes Kind dort hatte liegen sehen.” Als vor drei Jahren eine Frau bei einem Karnevalsumzug von einem der Wagen fiel und zu Tode kam, waren drei Notfallseelsorger draußen. Für Zeugen, Ehemann und Ersthelfer.

Keine Zeit

„Das Problem für uns ist, dass wir voll mit den Einsätzen beschäftigt sind”, erklärt Rainer Porsch, warum die Notfallseelsorger so wichtig sind. Die Feuerwehrleute können sich kaum um Angehörige kümmern. „Und nach einem Einsatz müssen wir meist schnell zum nächsten”, so Porsch.

Von der Feuerwehr haben die Notfallseelsorger ihre „Ausrüstung” erhalten. „Mittlerweile sogar einen Pkw”, sagt Rzymski. „Das ist für Notfallseelsorger mit Familie eine große Erleichterung”, erklärt Breihan. Das Handy sowie ein Koffer mit Gebetbüchern, Bibeln, Taschenlampen, Taschentüchern, Kerze, Teddy oder Helm gehören noch mit zur Ausrüstung.

Predigt

Und was ist, wenn ein Pfarrer sonntags gerade predigt und das Martinshorn des Notfallhandys los schrillt? „Dann stelle ich es auf Vibration, gehe später ran”, sagt Malecki. „Wir müssen ja nicht so pünktlich vor Ort sein, wie die Feuerwehr”, so Rzymski.

Die Notfallseelsorger helfen nicht nur am Einsatzort, sie stellen auf Wunsch auch Kontakte zu Hilfseinrichtungen oder Pfarrern vor Ort her.

Hilfe abgelehnt

Ob ihre Hilfe zuweilen abgelehnt würde? „Ein 43-jähriger Mann, dessen Frau gestorben war, wollte mal nichts mit Kirche zu tun haben”, sagt Bernd Malecki. Gerade dieser Mann meldete sich ein Jahr später dann doch noch bei ihm. Und einmal lehnte eine extrem katholische italienische Familie die Hilfe eines evangelischen Pfarrers ab. Da musste Propst Michael Ludwig einspringen. Doch das seien Ausnahmen.

Was den Einsatz der Notfallseelsorger vielleicht immer wichtiger macht: „Wir stellen eine wachsende Anonymität in der Gesellschaft fest”, sagt Malecki. Immer mehr Menschen hätten keinen Kontakt zur Familie oder zum Wohnumfeld. Michaela Breihan: „Das trifft junge wie alte Leute.” Außerdem stoße man viel auf Verwahrlosung. Auch hinter den Fassaden von Reihenhäusern, wo man es gar nicht erwarte. Natürlich können die Notfallseelsorger da nur Hilfe vermitteln.

PSU-Team