Oberhausen. Überall drehte es sich am Samstag in Oberhausen um das Coronavirus. Ob beim Andrang auf dem Wochenmarkt. Oder bei den Gesprächen der Menschen.
Es ist Tag Eins, nachdem die Stadtverwaltung einschneidende Schritte verkündet hat, um das gefährliche Coronavirus aufzuhalten. Aber Oberhausen wirkt an diesem Samstagmittag nicht wie ausgestorben. Im Gegenteil. Nach Tagen völlig unberechenbaren Wetters scheint die Sonne über der Marktstraße. Hier herrscht geschäftiges Treiben, als wäre nichts geschehen. Und doch merkt man: Kein Thema beschäftigt die Menschen momentan mehr als dieses.
In der gedämpften Atmosphäre vom Café Bauer hat auch Elisabeth Struhler aus der Innenstadt Platz genommen, eine ältere Dame. Sie ist hier Stammkundin. „Keine Panik“, sagt sie. „Ich kann die Aufregung nicht verstehen.“ Manche Medien würden das unnötig verschlimmern. „Wer besorgt sein müsste, sind die Beschäftigten in den Krankenhäusern. Außerdem ältere Menschen mit geschwächtem Immunsystem.“
Gastronomin Anita Bauer bestätigt den Eindruck ihrer Kundin, dass das Café gut besucht ist. In dritter Generation führt sie es mit ihrem Mann Jochem. „Natürlich macht man sich Gedanken“, sagt sie. Aber wenn Schließungen drohen würden, müsse man sich eben darauf einstellen. „Ich hoffe, dass wir heil durch die Krise kommen.“
Die Gelassenheit des Alters
Zu den Kunden gehören auch Ingrid Neeb (84) aus der Innenstadt, ihr Lebensgefährte und Wilhelm Steins aus dem Marienviertel, ebenfalls 84. „Man muss es schon ernst nehmen, sich oft die Hände waschen, viel Obst und Gemüse essen“, sagt Neeb. „Trotzdem machen wir unsere Erledigungen.“
Im Centro ist entspanntes Einkaufen möglich. Es gibt keine langen Autoschlangen und genug Platz in den Parkhäusern. Trotzdem herrscht reger Betrieb.
Haltbare Lebensmittel gefragt
Der Parkplatz vor dem Hisch-Center in Sterkrade ist voll. Hier ist samstags Wochenmarkt und der Andrang groß. Alt-Oberbürgermeister Klaus Wehling trägt zwei Einkaufstaschen nach Hause. „Fotografieren Sie, bevor es nichts mehr zu fotografieren gibt“, ruft er. Damit deutet er an, dass auf dem Markt Hochbetrieb herrscht. „Ausnahmezustand würde ich das nennen“, sagt Marktfrau Bianca Schlie-Saalmüller (40). Seit 20 Jahren ist sie im Geschäft. „Ich habe selten so viel verkauft wie heute.“ Vor allem Haltbares wie Kohlrabi, Weißkohl und Ingwer. „Die Leute reden viel miteinander, vor allem über Corona“, obwohl sie gerade diese Nähe ja meiden sollten.
Auf dem Markt geht das Gerücht um, Kaufland würde schon am frühen Nachmittag schließen. Aber das erweist sich als „Ente“. „Wir haben schon einen Aushang gemacht“, berichtet eine Kassiererin.
Auch Oliver Prochnau, Veranstalter von „Oberhausen rockt“, gehört zu den Marktkunden. Er hat andere Sorgen. „Für die ganze Unterhaltungsbranche ist das eine üble Sache“, sagt er. „Die Mariuzz-Tribute-Show“ im Ebertbad am 25. April muss ich wahrscheinlich schieben“, berichtet der Zwei-Meter-Mann. Das werde sich Mitte April entscheiden. Die Tickets blieben ja gültig. Aber vier Wochen Ausfall seien für das Ebertbad oder die Turbinenhalle nur schwer zu verkraften.
Im Restaurant am Kaisergarten empfängt ein Spender für Desinfektionsmittel die Gäste.
https://www.waz.de/region/interaktive-karte-die-ausbreitung-des-coronavirus-id228619493.html„Den haben wir seit zwei Wochen“, berichtet Restaurantleiter Lars Trautmann. Seit zwei Tagen stellt er vermehrt Absagen bei reservierten Tischen fest. „Vor allem von Älteren, die zur Risikogruppe gehören. Es scheint ja kein anderes Thema mehr zu geben.“ Man könne die Folgen halt nicht abschätzen. Es könne jeden treffen.
Unzufriedenheit in der Ludwiggalerie
Die Ludwiggalerie nebenan mit der Ausstellung über Linda McCartney ist noch geöffnet. Hier ist deutliche Unzufriedenheit darüber zu spüren, dass andere städtische Einrichtungen bereits geschlossen haben. Am Nachmittag kommt dann aber die Nachricht, dass auch sie von Sonntag an nicht mehr öffnet.
Im Bero-Zentrum in Lirich erkennt man an den Lücken auf dem Parkplatz, dass weniger los ist als an anderen Samstagen. Dennoch werden voll beladene Einkaufswagen auf die Parkplätze geschoben. Den Eindruck bestätigen die Verkäuferinnen Andrea Mielke und Stefanie Grittner in einem Geschäft für Geschenkartikel. „Es ist ruhiger als sonst. Betrieb ist eigentlich nur bei den Lebensmitteln“, berichten sie. Die Leute würden sogar Kindergeburtstage absagen - und die dafür bestellten Geschenkballons.
Kritik an den Medien
Ihre Kundin Heike Renzmann (55) aus der Stadtmitte hält das für übertrieben. „Ich kaufe ganz normal ein“, sagt sie. Dazu gehöre auch ein kleiner Vorrat an Nudeln. Vorsicht sei ja angebracht, aber keine Panik. Durch einige Medien aber werde die Sache noch gepusht“, erklärt sie.
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