Oberhausen. In den Oberhausener Apotheken gehen Desinfektionsmittel zur Neige. Die Corona-Panik sei überflüssig – auch das Gesundheitsamt beruhigt.

Der erste amtlich festgestellte Fall eines Coronavirus-Erkrankten in Nordrhein-Westfalen hat in Oberhausener Apotheken nach Beobachtung der örtlichen Apotheker zu regelrechten Panikkäufen geführt – wichtige Schutzmaterialien wie Desinfektionsmittel und Spezialmasken gehen bereits zur Neige.

Dabei sollen nach Angaben der Fachleute diese Schutzmaßnahmen nur diejenigen benutzen, die direkt mit Coronavirus-Patienten in Berührung kommen – wie medizinisches Fachpersonal. Die Kreisvertrauensapotheker Martin Müller und Ulf Brenne sprechen die um sich greifende Angst vor dem Coronavirus mit deutlichen Worten an – und kritisieren Politiker und Medien. Mediziner und das Gesundheitsamt Oberhausen beruhigen.

Apotheker Martin Müller: „Corona-Panik ist überflüssig“

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Martin Müller ist mächtig angefressen. Der stellvertretende Kreisvertrauensapotheker der Stadt Oberhausen macht an diesem Mittwochmorgen Meter zwischen Besprechung, Telefon und Tresen – die Menschen rennen der West-Apotheke im Stadtteil Buschhausen die Bude ein. „Die Corona-Panik ist vollständig überflüssig, ich bin total genervt.“

Der Oberhausener Apotheker Ulf Brenne, Sprecher der Apothekerschaft im Stadtgebiet, kritisiert Medien und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.
Der Oberhausener Apotheker Ulf Brenne, Sprecher der Apothekerschaft im Stadtgebiet, kritisiert Medien und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Das Problem: Die Kunden reißen dem Apotheker das Schutzmaterial aus den Händen, das bei akuten Notfällen deutlich dringender gebraucht wird. „Wir haben noch vier Flaschen Desinfektionsmittel. Wir telefonieren uns die Hände wund für Nachschub, aber bekommen keinen“, sagt Martin Müller – und muss etwa ältere Menschen abweisen.

Ebenso beim Thema Masken. Der Fachmann hält ohnehin nichts davon, dass nun normal gesunde Bürger mit den üblichen Operations-Atemschutzmasken den Coronavirus abwenden wollen. „Der Mundschutz schützt nicht gegen den Coronavirus, das ist eher ein modisches Accessoire.“

Apotheker Ulf Brenne kritisiert die Medien und Gesundheitsminister Jens Spahn

Ulf Brenne, Sprecher aller Oberhausener Apotheker, ist ebenfalls wütend. „Ich verstehe die Medien nicht, ich verstehe unseren Gesundheitsminister Jens Spahn nicht und ich verstehe diese Panik nicht“, sagt Brenne, der in seiner Alt-Oberhausener Fortuna-Apotheke ähnliche Zustände erlebt – und diese Aussage nicht weiter ausführen wollte.

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Dafür spricht Martin Müller: „Mein Eindruck ist, dass eine Grundangst geschürt wird und wenig auf Fakten gehört wird. Wir haben in den Wintermonaten November bis März knapp 25.000 Grippe-Tote, darüber spricht aber kein Mensch. Die Verhältnismäßigkeit ist überhaupt nicht gewahrt.“

Mediziner Stephan Becker sieht aufkommende Coronavirus-Hysterie mit Sorge

In eine ähnliche Richtung äußert sich der Oberhausener Allgemeinmediziner Dr. Stephan Becker. „Da wollen ja einige sogar noch nicht einmal mehr ein chinesisches Restaurant aufsuchen – das ist doch Quatsch. Wir müssen jetzt aufpassen, dass keine allgemeine Panik entsteht“, appelliert der Vorsitzender der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung und sieht die aufgekommene Hysterie mit Sorge.

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Seiner Einschätzung nach sei der Coronavirus nicht gefährlicher als die echte Grippe (Influenza) – mit ähnlichen Symptomen wie Fieber und starken Gliederschmerzen. So oder so hält Becker sein Praxisteam in Osterfeld mit den neuen Schutzmasken FFP2 und Schutzkitteln für gerüstet. Geplant sei, dass Menschen mit Verdacht auf Coronavirus zuhause bleiben. „Wir fahren dann beim Patienten vorbei und nehmen einen Rachen- und Nasenabstrich.“

Gesundheitsamt-Chef Karbach empfiehlt: Hände waschen

Auch der Leiter des Gesundheitsamt, Dr. Hans-Henning Karbach, hält dieses Vorgehen für geboten. „Die Menschen sollen nicht das voll besetzte Wartezimmer stürmen, sondern sich telefonisch mit ihrem Hausarzt in Verbindung setzen.“ Ansonsten empfiehlt Karbach auch den bei der Grippe übliche Dreiklang: In den Arm husten, Handhygiene und die Abstandsregel bei Symptomen.