Oberhausen. Überall drehte es sich am Samstag in Oberhausen um das Coronavirus. Ob beim Andrang auf dem Wochenmarkt. Oder bei den Gesprächen der Menschen.

Es ist Tag Eins, nachdem die Stadtverwaltung einschneidende Schritte verkündet hat, um das gefährliche Coronavirus aufzuhalten. Aber Oberhausen wirkt an diesem Samstagmittag nicht wie ausgestorben. Im Gegenteil. Nach Tagen völlig unberechenbaren Wetters scheint die Sonne über der Marktstraße. Hier herrscht geschäftiges Treiben, als wäre nichts geschehen. Und doch merkt man: Kein Thema beschäftigt die Menschen momentan mehr als dieses.

Mahnen zur Gelassenheit: Ingrid Neeb, ihr Lebensgefährte, der namentlich nicht genannt werden möchte, und Wilhelm Steins am Samstag im Café Bauer.
Mahnen zur Gelassenheit: Ingrid Neeb, ihr Lebensgefährte, der namentlich nicht genannt werden möchte, und Wilhelm Steins am Samstag im Café Bauer. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

In der gedämpften Atmosphäre vom Café Bauer hat auch Elisabeth Struhler aus der Innenstadt Platz genommen, eine ältere Dame. Sie ist hier Stammkundin. „Keine Panik“, sagt sie. „Ich kann die Aufregung nicht verstehen.“ Manche Medien würden das unnötig verschlimmern. „Wer besorgt sein müsste, sind die Beschäftigten in den Krankenhäusern. Außerdem ältere Menschen mit geschwächtem Immunsystem.“

Gastronomin Anita Bauer bestätigt den Eindruck ihrer Kundin, dass das Café gut besucht ist. In dritter Generation führt sie es mit ihrem Mann Jochem. „Natürlich macht man sich Gedanken“, sagt sie. Aber wenn Schließungen drohen würden, müsse man sich eben darauf einstellen. „Ich hoffe, dass wir heil durch die Krise kommen.“

Die Gelassenheit des Alters

Zu den Kunden gehören auch Ingrid Neeb (84) aus der Innenstadt, ihr Lebensgefährte und Wilhelm Steins aus dem Marienviertel, ebenfalls 84. „Man muss es schon ernst nehmen, sich oft die Hände waschen, viel Obst und Gemüse essen“, sagt Neeb. „Trotzdem machen wir unsere Erledigungen.“

Hat mit einem Spender für Desinfektionsmittel vorgesorgt: Restaurantleiter Lars Trautmann im Kaisergarten.
Hat mit einem Spender für Desinfektionsmittel vorgesorgt: Restaurantleiter Lars Trautmann im Kaisergarten. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Im Centro ist entspanntes Einkaufen möglich. Es gibt keine langen Autoschlangen und genug Platz in den Parkhäusern. Trotzdem herrscht reger Betrieb.

Haltbare Lebensmittel gefragt

Der Parkplatz vor dem Hisch-Center in Sterkrade ist voll. Hier ist samstags Wochenmarkt und der Andrang groß. Alt-Oberbürgermeister Klaus Wehling trägt zwei Einkaufstaschen nach Hause. „Fotografieren Sie, bevor es nichts mehr zu fotografieren gibt“, ruft er. Damit deutet er an, dass auf dem Markt Hochbetrieb herrscht. „Ausnahmezustand würde ich das nennen“, sagt Marktfrau Bianca Schlie-Saalmüller (40). Seit 20 Jahren ist sie im Geschäft. „Ich habe selten so viel verkauft wie heute.“ Vor allem Haltbares wie Kohlrabi, Weißkohl und Ingwer. „Die Leute reden viel miteinander, vor allem über Corona“, obwohl sie gerade diese Nähe ja meiden sollten.

Auf dem Markt geht das Gerücht um, Kaufland würde schon am frühen Nachmittag schließen. Aber das erweist sich als „Ente“. „Wir haben schon einen Aushang gemacht“, berichtet eine Kassiererin.

Sorgt sich um die Unterhaltungsbranche in Oberhausen: Oliver Prochnau.
Sorgt sich um die Unterhaltungsbranche in Oberhausen: Oliver Prochnau. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Auch Oliver Prochnau, Veranstalter von „Oberhausen rockt“, gehört zu den Marktkunden. Er hat andere Sorgen. „Für die ganze Unterhaltungsbranche ist das eine üble Sache“, sagt er. „Die Mariuzz-Tribute-Show“ im Ebertbad am 25. April muss ich wahrscheinlich schieben“, berichtet der Zwei-Meter-Mann. Das werde sich Mitte April entscheiden. Die Tickets blieben ja gültig. Aber vier Wochen Ausfall seien für das Ebertbad oder die Turbinenhalle nur schwer zu verkraften.

„Ausnahmezustand würde ich das nennen“, sagte Marktfrau Bianca Schlie-Saalmüller zum Andrang auf dem Wochenmarkt in Sterkrade am Samstag.
„Ausnahmezustand würde ich das nennen“, sagte Marktfrau Bianca Schlie-Saalmüller zum Andrang auf dem Wochenmarkt in Sterkrade am Samstag. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Im Restaurant am Kaisergarten empfängt ein Spender für Desinfektionsmittel die Gäste.

https://www.waz.de/region/interaktive-karte-die-ausbreitung-des-coronavirus-id228619493.html„Den haben wir seit zwei Wochen“, berichtet Restaurantleiter Lars Trautmann. Seit zwei Tagen stellt er vermehrt Absagen bei reservierten Tischen fest. „Vor allem von Älteren, die zur Risikogruppe gehören. Es scheint ja kein anderes Thema mehr zu geben.“ Man könne die Folgen halt nicht abschätzen. Es könne jeden treffen.

Unzufriedenheit in der Ludwiggalerie

Die Ludwiggalerie nebenan mit der Ausstellung über Linda McCartney ist noch geöffnet. Hier ist deutliche Unzufriedenheit darüber zu spüren, dass andere städtische Einrichtungen bereits geschlossen haben. Am Nachmittag kommt dann aber die Nachricht, dass auch sie von Sonntag an nicht mehr öffnet.

Im Bero-Zentrum in Lirich waren am Samstag vor allem Lebensmittel gefragt.
Im Bero-Zentrum in Lirich waren am Samstag vor allem Lebensmittel gefragt. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Im Bero-Zentrum in Lirich erkennt man an den Lücken auf dem Parkplatz, dass weniger los ist als an anderen Samstagen. Dennoch werden voll beladene Einkaufswagen auf die Parkplätze geschoben. Den Eindruck bestätigen die Verkäuferinnen Andrea Mielke und Stefanie Grittner in einem Geschäft für Geschenkartikel. „Es ist ruhiger als sonst. Betrieb ist eigentlich nur bei den Lebensmitteln“, berichten sie. Die Leute würden sogar Kindergeburtstage absagen - und die dafür bestellten Geschenkballons.

Kritik an den Medien

Ihre Kundin Heike Renzmann (55) aus der Stadtmitte hält das für übertrieben. „Ich kaufe ganz normal ein“, sagt sie. Dazu gehöre auch ein kleiner Vorrat an Nudeln. Vorsicht sei ja angebracht, aber keine Panik. Durch einige Medien aber werde die Sache noch gepusht“, erklärt sie.

So berichteten wir über das Coronavirus in Oberhausen

14. März 2020: Oberhausen richtet mobile Teststation ein

14. März 2020: Polizei warnt vor Corona-Betrugsmasche

14. März 2020: KKO verschärft Besuchsregelung in Kliniken

14. März 2020: Oberhausen schließt alle Schulen und Kitas

14. März 2020: Stoag hebt Vordereinstieg in Bussen auf

14. März 2020: Zehn Infizierte in Oberhausen – Testteams erhöht

13. März 2020: Krankenhäuser schränken Patientenbesuche ein

13. März 2020: Erstmals zwei Oberhausener Prominente in Quarantäne

13. März 2020: Bereits 130 Abstriche für Erkrankungstests

13. März 2020: „Kulttempel“ sagt Konzerte wegen Coronavirus ab

13. März 2020: Weitere Veranstaltungen in Oberhausen fallen aus

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12. März 2020: Oberhausener Hoteliers fürchten um ihre Existenz

11. März 2020: Angst vor Ansteckung im Berufsförderungswerk

11. März 2020: Diese Veranstaltungen in Oberhausen sind abgesagt

11. März 2020: Nun drei Oberhausener mit Krankheit infiziert

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10. März 2020: Busse in Oberhausen fahren wie gewohnt

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04. März 2020: Stadt will Bürger beim Coronavirus beruhigen

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02. März 2020: Erster Oberhausener muss in Quarantäne bleiben

28. Februar 2020: Hamsterkäufe nur in wenigen Oberhausener Filialen

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27. Februar 2020: Wirtschaft rät vom Händeschütteln im Job ab

26. Februar 2020: Panik-Käufe in Oberhausener Apotheken

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26. Februar 2020: Oberhausener Reisebüro-Kunden agieren besorgt

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