Mülheim. Wohin bloß mit den Kindern? Diese Frage stellen sich viele Eltern, deren Kinder jünger als drei sind und die daher 2013 erstmals einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz haben. Denn längst sind nicht alle Kleinen versorgt. Die WAZ hatte Mütter und Väter aufgefordert, Fragen und Sorgen aufzuschreiben – und es kamen viele, viele Zuschriften. Lydia Schallwig (Amt für Kinder und Jugend) hat sich Zeit genommen, alle Fragen geduldig beantwortet.

Auf einen Blick: Die Fragen unserer Leser rund ums Thema U3-Betreuung, den neuerdings geltenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz und die Antworten:

1. Wie viele Kinder hat die Stadt bereits mit einem U3-Platz versorgt? Und wie viele Plätze fehlen noch, damit alle angemeldeten Kinder versorgt sind?

Lydia Schallwig: Aktuell wird von einem Bedarf von 39 Prozent der 0 bis unter dreijährigen Kinder und einer rechnerischen Versorgungsquote von 93 Prozent bei den Kindern von drei Jahren bis zum Schuleintritt ausgegangen.

Für die Gruppe der unter Dreijährigen, das sind 3.930 Kinder, werden demnach 1.533 Betreuungsplätze bereitzustellen sein. Sie setzen sich zusammen aus 1.073 Plätzen in Tageseinrichtungen und 460 Plätzen in Kindertagespflege.

Zum Kindergartenjahr 2013/2014 stehen 758 U3-Plätze (ohne Überbelegungen) zur Verfügung. Durch Überbelegungen und Interimsstandorte werden 892 U3-Plätze in Kindertageseinrichtungen angeboten werden können. Die Anzahl der Plätze ist somit in den letzten Jahren mehr als verdoppelt worden (354 Plätze 2008 – 892 Plätze 2013). Auch im Bereich der Kindertagespflege konnten die zur Verfügung stehenden Plätze mehr als verdoppelt werden (99 Plätze 2008 auf 305 Plätze 2013).

Die Ermittlung des tatsächlichen Bedarfes für Mülheim gestaltet sich, wie für andere Städte auch, sehr schwierig. Es werden zwar von Seiten des Landes mögliche Versorgungsquoten empfohlen, ob die Nachfrage der Eltern sich genau in diesem Rahmen bewegen wird ist ungewiss. Aus diesem Grund werden zum Kitajahr 2013/14 weitere Plätze in Form von Interimslösungen geschaffen, um den möglichen Bedarf abzufedern. Gleichzeitig besteht aber auch die Möglichkeit eventuellen Überkapazitäten zeitnah entgegenzuwirken.

Aufgrund der aktuell vorliegenden Anmeldungen und unter Berücksichtigung der geplanten Maßnahmen ist davon auszugehen, dass der Bedarf zum 1. August 2013 gedeckt werden kann.

2. Welche Kriterien sind für die Vergabe eines Platzes entscheidend? Gibt es Unterschiede zwischen städtischen und kirchlichen Einrichtungen?

Lydia Schallwig: Grundsätzlich gilt der Rechtsanspruch, ohne die Anwendung von Kriterien. Die einzelnen Träger haben jedoch unterschiedliche Aufnahmekriterien für ihre Einrichtungen, die zur Anwendung kommen, wenn es mehr Anmeldungen als Plätze für eine spezifische Einrichtung gibt.

3. Was passiert, wenn mehrere Familien gleich viele Kriterien erfüllen, also gleich viele Punkte haben? Wie wird dann ausgewählt?

Lydia Schallwig:Grundsätzliches Bestreben ist es, dass allen Eltern ein möglichst passgenaues Angebot für einen Betreuungsplatz unterbreitet werden kann. Sollte es zu dem beschriebenen Szenario kommen, so muss die konkrete Bedarfsituation der betreffenden Familien individuell gegenübergestellt werden. Kinder, deren Eltern den Betreuungsplatz benötigen, um so die Berufstätigkeit als einzige wirtschaftliche Absicherung der Familie zu ermöglichen, werden hierbei vorrangig aufgenommen.

4. Wer wählt aus? Liegt die Vergabe der Plätze im Ermessen des Kindergarten-Personals? Oder schaut noch eine andere Stelle darauf? Falls nein: Könnte die – zum Teil als Willkür empfundene – Vergabe künftig durch eine zentral gesteuerte Verteilung ersetzt werden?

Lydia Schallwig: Die Aufnahmeentscheidung bei den städtischen Kindertageseinrichtungen obliegt der Einrichtungsleitung in enger Abstimmung mit dem Träger und dem Elternrat der Tageseinrichtung.

5. Man hört immer wieder, dass das Geburtsdatum eine wichtige Rolle spielt: Werden Plätze tatsächlich zunächst an Kinder vergeben, die im Herbst geboren worden sind? Dann an Kinder aus den Winter- bzw. Frühlingsmonaten? Und erst am Ende an die Sommer-Kinder? Wenn das so ist, ist das Prozedere dann nicht ungerecht und diskriminierend?

Lydia Schallwig: Nein, der Rechtsanspruch gilt für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr und in besonderen Fällen schon vor dem ersten Lebensjahr.

6. Müssen Eltern von noch nicht versorgten Kindern mit „ungünstigem Geburtstag“ fürchten, auch als Ü3-Kinder als allerletzte – oder eben gar nicht – versorgt zu werden?

Nein, siehe Punkt 5.

7. Wird der Zeitpunkt der Anmeldung berücksichtigt? Oder wird jeder gleich behandelt: egal, ob er im Frühjahr oder im Herbst im Kindergarten vorgesprochen hat?

Lydia Schallwig: Im Rahmen einer frühzeitigen Bedarfsplanung ist es für alle Träger wichtig, dass die Anmeldungen bis zum 30. November eines jeden Jahres für das nächste Kindergartenjahr abgegeben werden. Nach diesem Termin erfolgen die trägerübergreifenden Abstimmungsgespräche hinsichtlich der nötigen Gruppenstrukturen. Sobald diese Abstimmung erfolgt ist, werden die entsprechenden Plätze vergeben.

Der Rechtsanspruch kann natürlich auch noch nach diesem Termin angemeldet werden, jedoch ist hierbei zu beachten, dass die Eltern insofern eine Mitwirkungspflicht haben, den Anspruch drei bis sechs Monate vor der geplanten Inanspruchnahme beim Jugendamt geltend zu machen.

Wer hat eigentlich einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz? 

8. Wer genau kann den erstmals bestehenden Rechtsanspruch geltend machen? An wen müssen betroffene Eltern sich wenden? Reicht ein formloses Anschreiben? Wie genau sind Wünsche zu formulieren?

Lydia Schallwig: Mit dem 1. August 2013 haben Kinder schon mit der Vollendung des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung für Kinder oder alternativ in der Tagespflege (Vorher hatten lediglich Kinder ab dem dritten Lebensjahr einen Rechtsanspruch). Aus juristischer Sicht ist festzuhalten, dass der Rechtsanspruch allein gegenüber dem öffentlichen Träger (in diesem Fall dem Amt für Kinder, Jugend und Schule) geltend gemacht werden kann. Aus diesem Grund stehen den Erziehungsberechtigten, die den Rechtsanspruch zum 1. August 2013 geltend machen möchten, beim Amt für Kinder, Jugend und Schule, Am Rathaus 1 (Eingang Schollenstraße) Frau Semerci, Zimmer B 156 und Frau Knipping, Zimmer B 153 als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung. Hier werden die Eltern grundlegend beraten, die Daten werden aufgenommen und ein Angebot wird vermittelt.

Wer sein Kind erst zum nächsten Kindergartenjahr (August 2014) versorgt haben möchte, meldet erst einmal nur in der oder den Einrichtungen an, die für eine Betreuung gewünscht werden.

9. Wie kann der Anspruch betroffenen Familien helfen? Was können Folgen sein? Auch ein Platz am anderen Ende der Stadt? Oder eine Betreuung durch eine Tagesmutter anstelle der Kita? Kann es sein, dass Eltern eine geringere oder erweiterte Betreuungszeit hinnehmen müssen? Was ist aus Sicht der Stadtverwaltung generell für die Familien zumutbar?

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Lydia Schallwig: Festzuhalten ist, dass der Rechtsanspruch innerhalb des Stadtgebietes umsetzbar ist. Zwar wird seitens des Fachamtes das Ziel verfolgt, die Kinder wohnortnah unterzubringen, jedoch wird eine Versorgung in der jeweiligen Wunscheinrichtung nicht in allen Fällen zu ermöglichen sein.

Die Kommunen sind gehalten, im Rahmen des U3-Ausbaus nur bis zu 30 Prozent der Plätze über die Kindertagespflege bereit zu stellen. Die verbleibenden 70 Prozent sind in den Tageseinrichtungen zu versorgen.

Anders als beim Rechtsanspruch Ü3 können beim Rechtsanspruch U3 nicht die Eltern, sondern die Jugendämter die Entscheidung über die Förderung in Tageseinrichtungen oder in Tagespflege treffen. Im Rahmen eines partnerschaftlichen Umgangs auf gleicher Augenhöhe ist es jedoch unser Ziel dem Anliegen der Eltern möglichst entgegen zu kommen.

10. Was passiert, falls Eltern sich nach Nichtberücksichtigung zur Klage auf einen Platz entschließen? Wo wird diese verhandelt? Müssen sie sich anwaltlich vertreten lassen? Und wie viel Zeit braucht das Ganze? Besteht dann überhaupt noch die Möglichkeit, das Kind in der Betreuung ab August 2013 unterzubringen?

Lydia Schallwig:Sollte in Einzelfällen kein Betreuungsangebot unterbreitet werden können, obliegt es den Eltern zu entscheiden, ob sie den Klageweg bestreiten und etwaige Kosten für eine selbst organisierte Betreuung oder auch für einen möglichen Verdienstausfall geltend machen. Da bislang landesweit nur in seltenen Einzelfällen Schadenersatzansprüche aufgrund der Nichterfüllung des Betreuungsanspruches Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen war, gibt es hier kaum Erfahrungswerte.

11. Wie wird die geplante Überbelegung umgesetzt? Mit mehr Erziehern? Und an was für räumliche Interims-Lösungen ist gedacht? Werden sie den Bedürfnissen auch ganz kleiner Kinder entsprechen? Welche Qualitätseinschnitte werden seitens der Stadtverwaltung akzeptiert, um die Ansprüche zu erfüllen? Geht es auch künftig noch um pädagogische Arbeit und nicht nur um Verwahrung?

Lydia Schallwig: Um eine Betriebserlaubnis für eine bereits bestehende Einrichtung oder auch einen Interimsstandort zu erhalten, müssen die gesetzlich vorgeschriebenen personellen, räumlichen und sächlichen Qualitätsstandards eingehalten werden. Somit werden alle Betreuungsplätze, welche die Stadt Mülheim an der Ruhr zum 1. August 2013 anbieten wird, den gesetzlichen Anforderungen des Landes an den Betrieb einer Tageseinrichtung für Kinder entsprechen.

12. Ist es für die städtische Förderung eines Kitaplatzes auch nach neuer Rechtslage Voraussetzung, dass die Betreuung „notwendig“ ist, d.h. dass die Eltern arbeiten, sich in der Ausbildung befinden, arbeitssuchend etc. sind? Oder müsste die Tatbestandsvoraussetzung „Notwendigkeit der Betreuung“ gem. § 24 SGB VIII nicht ab August für Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, entfallen? Auf welche Vorschrift beruft sich die Stadt, falls es weiterhin erforderlich ist, dass beide arbeiten? Und was ist, wenn die Mutter zuhause bleibt, weil ein Kind unterwegs ist?

Lydia Schallwig: Dem Grunde nach entsteht der Rechtsanspruch wie bei den Kindern Ü3 schlicht mit Vollendung des 1. Lebensjahres. Der Umfang des Rechtsanspruchs richtet sich nach § 24 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 SGB VIII nach dem individuellen Bedarf. Ausgangspunkt bei der Feststellung des Bedarfs sind die Wünsche der Eltern.

Bei den Bedarfen hinsichtlich der Betreuungszeiten (zeitliche Lage) müssen die inzwischen sehr ausdifferenzierten Arbeitszeiten berücksichtigt werden, dies allerdings in begrenztem Umfang. Bei der Betreuung in Tageseinrichtungen ist das Jugendamt gehalten, die Öffnungszeiten im Zusammenwirken mit den Trägern soweit wie möglich an den Arbeitszeiten der Eltern auszurichten. Im Ergebnis bedeutet dies, dass bei nachgewiesenem Bedarf grundsätzlich ein maximaler Betreuungsanspruch von 45 Stunden in einer Tageseinrichtung besteht. Darüber hinausgehende Bedarfe können im Einzelfall auch durch entsprechende Angebote der Kindertagespflege gedeckt werden. Der Mindestbetreuungsbedarf beträgt bei Förderung in einer Tageseinrichtung entsprechend der vorhandenen Infrastruktur 25 Stunden (s. KiBiz). Bei der Förderung in Tagespflege gibt es keine in diesem Sinne allgemeingültigen Betreuungszeiten, so dass unter Zugrundelegung des Bildungsauftrages von einer Mindestbetreuungszeit von 15 bis 20 Stunden auszugehen sein dürfte.

13. Ist in diesem Zusammenhang jedwede Förderung – 25, 35 und 45 Stunden – ausgeschlossen? Oder wäre zumindest eine Mindest-Förderung möglich?

Lydia Schallwig: Bereits in Frage 12 beantwortet .

14. Ab wann gesteht die Stadt der Tagespflege eine Überbelegung zu? Stimmt die Information, dass Kitas der Tagespflege grundsätzlich vorgehen? Wenn nun ein Überbelegungsplatz bei einem Tagespflegenest bereitstände, der die Kitas ja entlasten würde, wieso kommt dann die Förderung nicht in Betracht?

Lydia Schallwig: Der Bildung-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag gilt für die Tagespflege in gleichem Maße wie für die Tageseinrichtungen. Innerhalb der Tagspflege wird unterschieden zwischen Tagespflegepersonen, die maximal fünf Kinder im privaten Haushalt betreuen, oder der institutionellen Kindertagespflege, die in einem sogenannten Kindertagespflege-Nest insgesamt neun Kinder versorgen kann. Für die institutionelle Kindertagespflege gibt es keine Möglichkeit, die Gruppengröße zu überschreiten. Für beide Formen der Kindertagespflege muss durch das örtliche Jugendamt eine Pflegeerlaubnis erteilt werden.

Für Kinder unter drei Jahren ist die Zusammenarbeit zwischen der Kita und der Tagespflege von besonderer Bedeutung, da die Kinder in der Regel mit fortschreitendem Alter in die Tageseinrichtung wechseln.

15. Wie steht die Stadtverwaltung dazu, dass U3-Plätze zu Lasten von Ü3-Plätzen geschaffen wurden?

Lydia Schallwig: Ein schwieriger Prozess, der aber umgesetzt werden konnte. Die langfristige Bedarfsplanung für den U3- sowie den Ü3- Bereich wurde und wird sukzessiv verändert und angepasst.

16. Werden Bedarfsanfragen von U3- und Ü3-Plätzen gleichrangig behandelt oder erfolgt zunächst die Vergabe von U3-Plätzen und nachrangig die der Ü3-Plätze?

Lydia Schallwig: Es erfolgt eine gleichrangige Behandlung.

Was empfiehlt die Stadt? 

17. Wie wird die Entwicklung der Betreuungsplatzsituation in kommenden Jahren sein? Wann entspannt sich die Situation?

Lydia Schallwig:Die Stadt Mülheim an der Ruhr strebt durch die kurzfristig zu installierenden Interimsstandorte sowie die vertretbaren Überbelegungen in den Gruppen eine Entspannung der Situation an. Neubauten sind bereits geplant und werden voraussichtlich zum 1. August 2015 in Betrieb genommen werden können.

18. Was empfiehlt die Stadt für Anmeldungen im nächsten und übernächsten Jahr? In welchem Alter ist die Aufnahme in eine Krippe, eine Kita am wahrscheinlichsten?

Lydia Schallwig: Alle Eltern werden gebeten, rechtzeitig eine Anmeldung im Kindergarten vorzunehmen. Für die gewünschte Aufnahme zum Kindergartenjahr 2014/15 sollte die Anmeldung bis zu 30. November 2013 vorliegen. Die Anmeldung in der Kita ermöglicht ein gegenseitiges Kennenlernen und eine eingehende Beratung vor Ort. Um eine rechtzeitige Anmeldung bis zum 30. November jeden Jahres wird gebeten, damit der tatsächliche Bedarf für das dann darauf folgende Kindergartenjahr ermittelt werden kann.

19. Unser Kind ist in mehreren Kitas angemeldet, wurde aber leider schon das zweite Jahr in Folge nicht berücksichtigt. Wir sind berufstätig, haben also eine Tagesmutter. Wie geht die Stadt mit dem finanziellen Mehraufwand bei der Betreuung um? Müssen Familien die Übernahme dieses Mehraufwands einklagen?

Lydia Schallwig: Da für die Erfüllung des Rechtsanspruches in gleicher Weise wie in der Kita auch eine Förderung des Kindes in der Tagespflege in Frage kommt, sollte den Eltern kein finanzieller Nachteil entstehen. Aus diesem Grund können ab dem 1.August 2013 entsprechende Anträge auf Kostenübernahme gestellt werden, die dann im Einzelfall geprüft werden.

20. Wo und von wem wird die in der Zeitung erwähnte Warteliste geführt? Wie kommt man darauf?

Lydia Schallwig:Jede Tageseinrichtung sammelt ihre Anmeldungen und erstellt eine eigene Warteliste, auf der die Kinder vermerkt sind, die im ersten Schritt nicht berücksichtigt werden konnten. Darüber hinaus wird im Amt für Kinder, Jugend und Schule eine Liste derjenigen Personen geführt, die bislang ihren Rechtsanspruch gegenüber der Stadt Mülheim geltend gemacht haben (s. hierzu auch Antwort auf Frage 8).

21. Warum wurden nicht schon vor Jahren die Kitaplätze erweitert – so wie in anderen Städten?

Lydia Schallwig: Nicht allen Kommunen konnte es bisher gelingen, eine ausreichende Anzahl von Betreuungsplätzen zur Verfügung zu stellen. Da zum 1. August 2013 erstmals der Rechtsanspruch für U3 Kinder verwirklicht wird, gibt es im Gegensatz zu der Altersgruppe der über dreijährigen nur wenig Erfahrungswerte, was den tatsächlichen Bedarf angeht. Dazu kommen die Auswirkungen des 5. Schulrechtsänderungsgesetztes, so dass weniger Plätze als erwartet zum August diesen Jahres frei werden. Die Stadt Mülheim an der Ruhr bemüht sich derzeit um geeignete Lösungen, die bis zur Fertigstellung der neuen Einrichtungen geeignete Alternativen darstellen und den erforderlichen Qualitätsstandards entsprechen.

22. Wieso bekommen Menschen aus Saarn in Speldorf einen Platz, Speldorfer selbst aber keinen? Es gibt doch auch einen Anspruch auf eine wohnortnahe Schule.

Lydia Schallwig: Die wohnortnahe Versorgung ist ein Kriterium bei der Vergabe eines Betreuungsplatzes, um Kindern lange Wegzeiten zu ersparen und gleichzeitig den Aufbau von freundschaftlichen Beziehungen im Wohnumfeld zu ermöglichen. Daher ist es naheliegend, dass jede Familie zunächst die Möglichkeit nutzen sollte, in der Tageseinrichtung ihrer Wahl anzumelden. Leider gelingt es aufgrund der vielfältigen Strukturen (konzeptionelle Ausrichtung, Altersstruktur, Stundenkontingente, etc.) nicht in jedem Fall, dem Elternwunsch zu entsprechen. Sollte für Eltern die Vergabeentscheidung nicht ausreichend transparent sein, sollten sie dies in einem gemeinsamen Gespräch mit dem Jugendamt thematisieren.

23. Wieso bekommen Arbeitssuchende einen 45-Stunden-Kitaplatz, haben aber nur einen Anspruch auf 15 Stunden Tagesmutter-Zuschuss?

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Lydia Schallwig: Arbeitssuchende Eltern erhalten in der Kindertageseinrichtung ein bedarfsgerechtes Angebot. Dabei handelt es sich nicht generell um einen 45 Stunden Platz. In der Tagespflege wird bei Nachweis der Arbeitslosigkeit oder Arbeitssuche das Pflegegeld für 15 Std./Woche bewilligt, damit Eltern dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können.

24. Warum will die Stadt kein Kitaplatz-Sharing? Es gibt Mütter, die nur zwei Tage arbeiten. Wieso ist das System so unflexibel, dass man nicht nur einige Tage voll buchen kann und die anderen nur stundenweise?

Lydia Schallwig: Aus Sicht der Fachverwaltung und der freien Träger hat man sich aus pädagogischen und entwicklungspsychologischen Gründen einheitlich gegen ein Kitaplatz-Sharing in den Tageseinrichtungen entschieden. Insbesondere kleine Kinder benötigen für eine positive Entwicklung verlässliche Strukturen und vertraute Ansprechpartner. Auch der mit dem Besuch der Tageseinrichtung verbundene Bildungsauftrag kann nur über die regelmäßige Teilhabe am Gruppengeschehen verwirklicht werden.

25. Warum ist die Stadt nicht bei ihrem Konzept geblieben, vielen Tagesmüttern Arbeit zu geben und daher nur die Kita-Plätze für Dreijährige auszubauen?

Lydia Schallwig: Die Kommunen sind gehalten, im Rahmen des U3 Ausbaus nur bis zu 30 Prozent der Plätze über die Kindertagespflege bereit zu stellen. Die verbleibenden 70 Prozent sind in den Tageseinrichtungen zu versorgen.

26. Wieso gibt die Stadt privaten Kita-Anbietern wie „Kind & Co“, die expandieren möchten, nicht Raum und finanzielle Unterstützung? In Gelsenkirchen klappt das: Die Stadt hat einem privaten Anbieter ein Gebäude gestellt und sich an den Finanzen beteiligt. Die Leitung von „Kind & Co“ bemüht sich, im stillgelegten Feuerwehrgebäude an der Aktienstraße eine weitere private Kita zu eröffnen. Investoren für den Umbau sind vorhanden, doch der Leitung werden nach ihren Angaben nur Steine in den Weg gelegt. Warum ist das so?

Lydia Schallwig: Eine Förderung kann nur an anerkannte Jugendhilfeträger erfolgen. Jede darüber hinaus geleistete Förderung eines Kindergartens ist eine freiwillige Leistung der Kommune, die aufgrund der aktuellen Haushaltslage bei der Landesregierung keine Bewilligung erfährt.

Bezüglich der Immobilie an der Aktienstraße besteht bereits ein Kontakt zwischen der Fachverwaltung und dem genannten Träger. Nach Prüfung entspricht die benannte Immobilie nicht den Anforderungen an den Betrieb einer Kindertageseinrichtung.

27. Meine Söhne besuchen die städtische Tageseinrichtung „Zauberwald“ an der Aktienstraße. Diese hatte einmal vier Kita-Gruppen à ca. 20 Kinder. Vor zwei Jahren wurde eine Gruppe geschlossen – mit dem Hinweis auf Umbaumaßnahmen für die U-3 Betreuung. Seit zwei Jahren steht dieser Gruppenraum mit Nebenräumen und Waschraum nun leer. Wenn ich lese, dass 300 bis 500 Plätze fehlen, frage ich: Warum wird der Platz seit zwei Jahren nicht sinnvoll genutzt? 20 bis 25 Kinder mit zwei Erzieherinnen könnten im Zauberwald einen Platz finden. Und gibt es ähnliche Situationen auch in anderen Kitas?

Lydia Schallwig: Die Nutzung des Gruppenraumes erfolgt derzeit durch die vorhandenen U3-Gruppen der Einrichtung u.a. als "Schlafraum". Gemäß dem Raumprogramm der Einrichtung (im Raumprogramm werden die räumlichen Mindeststandards definiert) muss er zu diesem Zweck vorgehalten werden und kann nicht für die Unterbringung einer zusätzlichen Gruppe genutzt werden. Der für diese Einrichtung geplante weitere Umbau hat sich bedauerlicherweise verzögert, wird aber in diesem Jahr erfolgen.