Mülheim. .

Aller Voraussicht nach zum Ende des ersten Quartals 2013 wird die Schadensbilanz der städtischen Wettgeschäfte die Schallmauer von 10 Mio. Euro durchbrochen haben. Zwei noch laufende Wetten sind weiter verlustbringend – eine Trendwende ist nicht in Sicht.

Erneut präsentierte Kämmerer Uwe Bonan jüngst im Finanzausschuss nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit neueste Verlustzahlen für die aktuell laufenden Wetten der Stadt. Demnach hat Mülheim 2012 noch mal 1,553 Mio. Euro verwettet. In der Zusammenschau mit Altgeschäften, die Bonan-Vorgänger Gerd Bultmann eingestielt hatte, steht nun ein Verlust von 9,844 Mio. Euro.

Wetten laufen noch Jahre

Tendenz: steigend. Die Verlustbringer-Wetten laufen noch Jahre. Etwa die auf den Drei-Monats-Euribor, einen Interbankenzins. Sie hat eine Laufzeit bis Ende Oktober 2019. Die Stadt verliert bei der Wette eine Summe, die abhängig davon ist, wie hoch die Differenz zwischen aktuellem Zinssatz und dem Zinssatz ist, auf den sie gewettet hat (4,2 %).

Nun ist der Zinssatz Ende des Jahres gar auf 0,187 % abgestürzt. Da die Stadt auf Basis von 10 Mio. Euro wettet, heißt dies: Sie muss bei Fortbestand des Niedrigstzinses aufs Jahr gerechnet 4 % von 10 Mio. Euro an die Wettpartnerin, West-LB-Nachfolgerin Portigon, zahlen. Wären 400 000 – und bis 2019 weitere 2,7 Mio. Euro.

Intransparente Geschäfte

Noch größerer Verlustbringer ist offenbar die Wette auf den Wert des Schweizer Franken, die bis Ende August 2015 läuft. Doch lässt sich bei dieser Wette mit der alten West LB mangels transparenter Formel nur schätzen, dass das städtische Risiko für die Restlaufzeit bei 2,9 bis 3,2 Mio. Euro liegt, sollte der Schweizer Franken aufgrund der Eurokrise unverändert stark bleiben. Kämmerer Bonan geht von einem Verlustrisiko für beide Wetten in Höhe von 5,4 Mio. Euro aus.

Bis Ende 2012 rechnete die Kämmerei für die Franken-Wette bereits mit einem Verlust von 2,88 Mio. Euro. Zumindest für diese Wette will die Stadt die Verluste nicht hinnehmen. Über die Kanzlei Baum, Reiter & Co. hat sie laut Rechtsamtsleiterin Bettina Döbbe Schadenersatz in voller Höhe bei der West-LB-Nachfolgerin Portigon geltend gemacht. Zunächst sucht die Stadt die außergerichtliche Einigung.

Viele andere Kommunen klagen bereits

Portigon hat die Forderung bisher nicht erwidert, immerhin aber Verzicht auf Einrede der Verjährung erklärt. Bis 30. Juni sei Zeit für eine außergerichtliche Einigung, so Döbbe. Sonst bliebe nur der Klageweg, den zahlreiche andere geschädigte Kommunen längst beschritten haben.

Im Frühsommer soll laut Bettina Döbbe noch einmal eine Auseinandersetzung mit der Frage in Gang gesetzt werden, ob die Stadt auch für andere verlustreiche Wettgeschäfte Schadenersatzansprüche geltend machen will. Die Politik hatte diese Debatte unter Bezug auf einen Rat der Gutachter im Sommer 2012 um ein Jahr vertagt. Es sollte abgewartet werden, ob aktuellere Rechtsprechungen die Prozesschancen der Stadt steigen lassen.