Mülheim. .
Die Stadt soll nicht mehr mit dem Geld ihrer Bürger auf waghalsige Wetten setzen. Sieben Jahre nach Bekanntwerden des weiter verlustbringenden Millionen-Debakels mit Wetten auf die Entwicklung von Zinssätzen und Währungen hat die Politik nun eine Dienstanweisung für das Zins- und Schuldenmanagement der Stadt beschlossen. Sie soll das Zocken ausschließen und legt Kontrollmechanismen fest.
Auf Anfrage der WAZ bestätigte Kämmerer Uwe Bonan, dass der Finanzausschuss ein entsprechendes 16-seitiges Papier in seiner Sitzung am 10. September durchgewunken hat. Im Kern verlangt die Dienstanweisung eine Kultur der Risikominimierung im Zins- und Schuldenmanagement der Stadt. So bleiben jegliche Geschäfte, die fiktiv auf einen bestehenden Kreditvertrag aufgesetzt sind, so genannte Derivatgeschäfte, untersagt. Das hatte die Politik bereits im vergangenen Jahr beschlossen, nachdem im Zuge der WAZ-Berichterstattung immer neue verlustreiche Wettgeschäfte öffentlich geworden waren.
Jetzt schon 9,1 Mio. Euro Verlust
Mit den Wettgeschäften, seinerzeit mit Segen der Politik von Ex-Kämmerer Gerd Bultmann gestartet, hat die Stadt bis zum Ablauf des ersten Halbjahres 2012 jetzt bereits 9,1 Mio. Euro in den Sand gesetzt. Das geht aus aktuellen Zahlen eines nicht öffentlichen Papiers der Verwaltung hervor, das der WAZ vorliegt. Weitere immense Risiken lauern, die Niedrigstzinsphase und der starke Schweizer Franken schlagen mächtig ins Kontor.
„Alle haben aus dem Prozess gelernt“, sagt nun Kämmerer Uwe Bonan, der seit seinem Dienstantritt 2006 die Suppe auszulöffeln hat. Er begrüßt, dass die Politik mit der Dienstanweisung für die Finanzmanager der Stadt nun klare Regeln definiert hat. Punkt 1: Die Stadt darf kein einziges Derivatgeschäft mehr ohne Zustimmung der Politik abschließen, auch keine Kredite mehr in Fremdwährungen aufnehmen. Es gilt das entsprechende Moratorium, dass nur die Abwicklung der Altgeschäfte erlaubt.
Umfassende Informationspflicht festgeschrieben
Darüber hinaus ist nun eine umfassende Informationspflicht seitens der Kämmerei festgeschrieben. Chancen und Risiken des Schuldenmanagements sind transparent zu machen, die Risikominimierung ist als Handlungsmaxime vorgegeben. In jeder Sitzung des Finanzausschusses ist ein Bericht zum aktuellen Stand abzugeben. Und der Verwaltung werden präzisere Vorgaben zur Dokumentationspflicht und zum Risikomanagement gemacht.
FDP-Fraktionschef Peter Beitz, der sich seinerzeit als Erster für eine strikte Reglementierung des Finanzgebarens stark gemacht hatte, begrüßt die Einigung. Jetzt müsse aber die Praxis zeigen, dass sie taugt. Die ehrenamtliche Politik sei schlussendlich überfordert, die Verwaltung in diesem Bereich bis ins Tagesgeschäft hinein zu kontrollieren.