Mülheim. .

75 Prozent der Pflegekräfte in Mülheimer Senioreneinrichtungen beklagen regelmäßige oder häufige Personalengpässe. Ständiger Zeitdruck und fehlende Ressourcen erzeugen bei Senioren und deren Angehörigen das Gefühl, „abgefertig“ zu werden. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die die Pflegefachkräfte Martin Behmenburg und Oskar Dierbach im stationären wie im ambulanten Bereich durchgeführt haben.

Die beiden Pfleger wollen im Rahmen der jungen Mülheimer Arbeitsgemeinschaft „Dialog-Offensive-Pflege“ etwas an der Misere ändern. An der ersten Befragung dieser Art in Mülheim, die auch landesweit Beachtung findet, haben 293 Pflegekräfte sowie 161 Pflegebedürftige, 140 Angehörige sowie 18 ehrenamtliche Betreuer teilgenommen.

90 Prozent der Angehörigen und der Pflegebedürftigen erklärten bei der Befragung, dass sie ein „außerordentlich hohes Engagement“ der Pflegekräfte erkennen. Diese 90 Prozent sagen aber auch, dass die Pflegekräfte es dennoch nicht schaffen, sie so zu versorgen, wie sie es möchten. „Es reicht einfach vorne und hinten nicht aus“, beschreibt Dierbach das Dilemma.

"Selbstausbeutung in der Pflege"

Ein hoher Prozentsatz der Pflegenden sieht sich durch den Beruf gesundheitlich gefährdet. Etwa 60 Prozent gaben an, eine körperliche wie psychische Überanstrengung zu spüren. 63 Prozent erklärten, dass die Pflegebedürftigkeit der Heimbewohner im Vergleich zu vor fünf Jahren weiter zugenommen habe. Entsprechend hoch fällt die Krankenquote in manchen Einrichtungen aus. Von „Selbstausbeutung in der Pflege“ ist die Rede. Die Sorge wächst in den Einrichtungen, dass die ohnehin hohe Fluktuation der Fachkräfte aus dem Beruf sich noch weiter erhöht.

Zwei von drei Pflegekräften halten den Verwaltungsaufwand im Vergleich zur Pflege für viel zu hoch. Ein Drittel der Befragten gab an, dass das Verwalten auf den Wohn- und Pflegeetagen über 40 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit ausmache. Die Zeit geht in der Pflege verloren. Bei weiteren 27 Prozent nimmt die Verwaltungstätigkeit immerhin zwischen 30 und 40 Prozent der Tagesleistung ein.

Der Beruf muss attraktiver gemacht werden

Dierbach und Behmenburg haben bewusst die Leute gefragt, „die täglich an der Spritze stehen“, wie sie sagen, um ein realistisches Bild zu erhalten. Die Forderungen liegen nach der Befragung auf der Hand: Die Pflegeeinrichtungen müssen sich mehr um die Gesundheit ihrer Beschäftigten kümmern, die Bürokratie muss für die Pflegekräfte deutlich reduziert werden, um dadurch wieder mehr Zeit für die zu Pflegenden zu erhalten. Und: Der Beruf muss attraktiver gemacht werden, um Nachwuchs zu gewinnen und das bestehende Personal zu halten.