Mülheim. Ob mit neuer Beschwerdestelle oder mit “dezentralem Beschwerde-Management“ - die Mülheimer Krankenhäuser greifen Patientenbeschwerden systematisch auf. Dass sie ernstgenommen werden, kommt auch bei den Behandelten gut an.

Krankenhäuser leben - auch - von ihrem guten Ruf. Da kann laut geäußerte Patientenkritik problematisch werden. Beide Mülheimer Häuser greifen Beschwerden jetzt systematisch auf. „Die Erbsensuppe war kalt“, hört man im harmlosen Fall, „Mein Mann wurde zu Tode experimentiert!“ klingt da schon anders. So schrieb es Anfang vergangener Woche eine offenbar sehr aufgewühlte Frau an die Geschäftsführung des Evangelischen Krankenhauses (EKM). Dass recht rasch der Leiter des Pflegemanagements, Jörg Rebhun, persönlich anrief und sich Zeit für ein klärendes Gespräch nahm, kam bei den Angehörigen gut an: „Wir fühlten uns ernst genommen“, sagt die Tochter des Patienten.

Kritik ist Chefsache

Dieser Fall zeigt: Im EKM, wo es Patientenbefragungen bereits seit 2003 gibt, ist die Reaktion auf Kritik augenscheinlich Chefsache geworden. Bei der jüngsten Zertifizierung fielen hier noch Schwachpunkte auf, im August 2010 wurde eine spezielle Stelle geschaffen, die Versuchsphase Ende Dezember abgeschlossen. Nun sollen alle Patientenbeschwerden bei einer Mitarbeiterin zusammenlaufen.

„Ziel ist es, innerhalb eines Tages auf schriftliche oder telefonische Meldungen zu reagieren“, erklärt Maud Gressel, Leiterin der Abteilung Qualitätsmanagement. „Wir haben ein standardisiertes Protokoll für die Beschwerdeführer, die Kollegin geht aber auch auf die Stationen, um sich selbst ein Bild zu machen. Oft sind es Kleinigkeiten, aber für die Patienten elementar, wenn etwa eine Reinigungskraft eine Zimmerecke übersehen hat.“

50 Beschwerden im Vorjahr

Im EKM möchte man die Patientenkritik in Zukunft systematisch erfassen, wie der Geschäftsführer Nils B. Krog betont, und klären: „Gibt es hier einen strukturellen Hintergrund, oder sind es Einzelfälle?“ In den vergangenen sechs Monaten hätten sie 13 Beschwerdeprotokolle gesammelt. Zum Vergleich: Pro Jahr werden hier rund 20 000 Patienten stationär behandelt, doppelt so viele ambulant.

Im Mülheimer St. Marien-Hospital setzt man vorrangig auf „dezentrales Beschwerde-Management“, erläutert der Prokurist Andreas Weymann: „Jeder Mitarbeiter ist angewiesen, Meldungen zu bearbeiten, und das funktioniert oft auf kurzem Wege.“ Gleichwohl gibt es auch im katholischen Krankenhaus, seit vier Jahren bereits, eine Beauftragte aus dem Qualitäts-Management, die den eigens geschalteten Anrufbeantworter abhört („von montags bis freitags täglich“) und gegebenenfalls mit allen Beteiligten spricht. Nach einer „internen Übersicht“, so Weymann, gab es im Vorjahr knapp 50 Meldungen.

Ehrenamtliche als Anlaufstellen

Daneben haben beide Häuser ehrenamtlich tätige Patientenfürsprecher. Für das St. Marien-Hospital erfüllt diese Funktion seit nunmehr 13 Jahren Rita Achterfeld; ihre Handy-Nummer hängt auf jeder Station. Sie meint: „Dass heute mehr gemeckert wird als früher, kann ich nicht sagen. Verändert hat sich vor allem die Aufenthaltsdauer: Die Leute können das Krankenhaus nach kürzerer Zeit verlassen.“ Fast alle dürften froh darüber sein, auch wenn sie nichts zu nörgeln hatten.