Mülheim. Investor Soravia macht beim Bauvolumen für die Parkstadt Mülheim einen Schritt zurück, die SPD fordert mehr. So reagieren die kritischen Bürger.
Parkstadt-Planer und Parkstadt-Kritiker bleiben auf Kriegsfuß, obwohl Investor Soravia jüngst Zugeständnisse insbesondere hinsichtlich der Bauhöhen gemacht hatte. Von einer politischen Initiative zeigt sich das Netzwerk „Parkstadt Mülheim - aber richtig“ jedoch angetan.
In einem vertraulichen Papier für Mitglieder des nicht öffentlich tagenden Projektbeirates zur Entwicklung auf dem ehemaligen Tengelmann-Gelände in Speldorf hatte Investor Soravia seine ursprünglichen Zielvorstellungen ein Stück weit revidiert. Nicht mehr 800 neue Wohneinheiten sollen entstehen, sondern nur noch bis zu 680. Auch sollen die Gebäudehöhen niedriger ausfallen: angrenzend zur bestehenden Wohnbebauung nur noch drei- bis viergeschossig, an der Wissollstraße maximal sechsgeschossig, im Osten des heutigen Technikums maximal achtgeschossig. Hochhäuser mit mehr als acht Geschossen will Soravia lediglich noch im neuen Zentrum einer „Parkstadt“ errichten: fünf an der Zahl, mit Höhen zwischen 40 und 50 Metern (elf bis 15 Geschosse).
Mülheimer Parkstadt-Netzwerk beklagt „Taschenspielertrick im Städtebau“
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„Ein Taschenspielertrick im Städtebau“ sei das, sehen Architekt Ralf Harsveldt und Unternehmensberater Bernhard Leidinger als Mitglieder des Bürger-Netzwerkes weiter nicht die Bewegung im Projekt, die sie sich für Anwohnerinnen und Anwohner sowie die Stadtteile Broich und Speldorf wünschen. Die Reduzierung der Wohneinheiten, rechnen sie vor, habe nicht zwingend zur Folge, dass auch weniger dicht und massiv gebaut werde.
Ohnehin sei die Zahl der Wohneinheiten aus ihrer Sicht weiter zu hoch angesetzt. Das Netzwerk hatte in einer Onlinepetition mehr als 4000 Mülheimer hinter seiner Forderung versammelt, maximal acht Geschosse und 400 Wohneinheiten auf dem alten Industriegelände zuzulassen.
Dichte Bebauung? Kritiker fordern Bilanz zum Versiegelungsgrad ein
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Die fünf weiterhin geplanten Hochhäuser im Zentrum jener neuen „Parkstadt“ lehnt das Netzwerk weiter ab. So, wie jetzt noch von Soravia angedacht, seien sie immer noch „um ein Vielfaches höher als die Dachkante der Bestandsbebauung der ehemaligen Schokoladenfabrik. Diese überdimensionale Höhenentwicklung widerspricht der Einfügung in die nachbarliche Umgebung.“ Bekannt ist, dass das Netzwerk am Rand des Geländes nur maximal Viergeschosser wünscht und im Kern nicht mehr als sechs Geschosse sehen will.
Das Netzwerk fordert die Stadtplaner auf, zum überarbeiteten Entwurf eine Bilanz vorzulegen, wie viel Fläche aktuell auf dem Gelände versiegelt ist und wie viel Fläche am Ende versiegelt sein würde, sollte Soravia so bauen können wie aktuell geplant. Der Investor hatte dazu aktuell nur wenig konkret festgestellt, dass es nur eine „geringe Neuversiegelung“ geben werde. Einer Nutzung unversiegelter Flächen stehe auf dem Areal eine Entsiegelung an anderer Stelle gegenüber. Damit entspreche man den Vorgaben der Bodenschutzklausel im Baugesetzbuch, mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen.
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„Damit wiederholt sich das Drama der Forum-Hochhäuser“
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Das Netzwerk bleibt weiter kritisch auch hinsichtlich der Verkehrserschließung und des Energiekonzeptes für die Parkstadt. Zudem heißt es, ohne allerdings zum Beleg Ross und Reiter zu nennen: „In der Mülheimer Immobilienwirtschaft gibt es Stimmen, die sagen, dass Soravia die Zielgruppe komplett falsch einschätzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass so viele Käufer von Düsseldorf nach Speldorf/Broich ziehen, wie Wohnungen verkauft werden sollen, ist eher gering. Damit wiederholt sich das Drama der Forum-Hochhäuser, auch diesmal mit Ansage“, äußern Harsveldt und Leidinger ihre Zweifel daran, dass Soravia mit seinen Plänen die Nachfrage am Markt trifft.
Angetan ist das Netzwerk hingegen vom Vorstoß der SPD-Fraktion. Sie will unter anderem die Zahl der Wohneinheiten auf 450 bis 500 begrenzt sehen und hat auch ihre Skepsis zum Hochhaus-Bau deutlich gemacht. Entweder zeige ein separater städtebaulicher Wettbewerb deren Qualitäten auf, so die SPD, oder die Bauhöhe sei zu begrenzen auf das Maß der alten Schokoladenfabrik.
Netzwerk begrüßt politische Initiative der Mülheimer SPD: „Angemessen“
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„Mit der starken Orientierung an die bestehende Bebauung entspricht das Konzept einer angemessenen Weiterentwicklung des Quartiers“, sagt Netzwerker Harsveldt zu den Vorstellungen der SPD. Die Begrenzung der Gebäudehöhen auf den Bestand der Umgebung in Speldorf und Broich sowie eine aufgelockerte, nicht verdichtete Bebauung seien „unverzichtbare Erfolgskriterien für eine Parkstadt, die diesen Namen auch verdient“, ergänzt Anwohner und Mitstreiter Joachim Mahrholdt.
Auch begrüßt das Netzwerk die SPD-Initiative für bezahlbaren Wohnraum an Ort und Stelle, unter anderem mit 150 öffentlich geförderten Wohnungen und Wohnraum für Jung und Alt (Soravia plant mit rund 70). Werde politisch die Idee eines durchmischten Quartiers festgesetzt, so glaubt Leidinger, werde das Projekt für Soravia wirtschaftlich bleiben, aber auch bezahlbarer Wohnraum entstehen.
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Netzwerk macht Druck auf Mülheimer CDU und Grüne, sich zu positionieren
„Dadurch entfallen die Sorgen eines Verfalls der beiden Stadtteile Speldorf und Broich“, sagt der ehemalige OB-Kandidat der CDU, Bernhard Leidinger, der nun wohl auch eine Positionierung der Ratskoalition von CDU und Grünen einfordert, wenn er sagt: „Politik ist nicht Macht auf Zeit, sondern Vertretung der Bürgerinteressen auf Zeit. Wenn erkennbar wird, dass die Mehrheit des Rats die Interessen der Bürger nach angemessener Stadtentwicklung ignoriert und veralteten, erfolglosen Hochhaus-Dogmen aus den 70er Jahren folgt, dann kommt sicher auch bald die Zeit für eine Korrektur der Mehrheiten im Rat.“
CDU und Grüne waren am Donnerstag aber noch nicht so weit, um sich zur Sache zu positionieren. CDU-Fraktionschefin Christina Küsters, gleichsam Vorsitzende des Planungsausschusses im Stadtrat, wollte ein Treffen der Planungspolitiker von Schwarz-Grün am Donnerstagabend abwarten und will sich am Freitag äußern.
Altes Tengelmann-Technikum: MBI und SPD fordern Erhalt
Die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) untermauerten derweil am Donnerstag ihre Haltung, dass sie die Baupläne für überdimensioniert erachten, mit unausgegorener Verkehrsanbindung und „keiner ökologischen Verbesserung“. Wie die SPD fordern sie Soravia auf, das Technikum als Ausstellungsfläche nach Möglichkeit zu erhalten.
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