Mülheim. Die Suche nach bezahlbaren Wohnungen wird durch einen Rückgang von Förderungen erschwert. Welche Schritte Mülheim dagegen unternimmt.

Jedes Jahr fallen in Nordrhein-Westfalen mehr Sozialwohnungen weg, als neue hinzukommen. Aufgrund gestiegener Zinsen und erhöhter Baukosten bleiben viele Investoren, auf die sich das Land in der Vergangenheit verlassen konnte, beim Wohnungsbau vorsichtig.

Schon im Februar musste das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung einen Rückgang von fast 25 Prozent vermelden. Nur noch 3993 neu gebaute geförderte Mietwohnungen wurden im Jahr 2022 bewilligt.

Wofür das Land Nordrhein-Westfalen zehn Millionen Euro ausgibt

Auch deswegen hatte das Land im September ein zehn Millionen schweres Förderprogramm aufgelegt, mit dem Kommunen Belegungsrechte und Bindungsverlängerungen kaufen können, um mietpreisgebundenen Wohnraum zu sichern.

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Nachdem das Modellprojekt zunächst nur in Köln, Düsseldorf, Bonn und Münster angelaufen war, wurde es nun auf 67 Kommunen ausgeweitet – unter anderem Mülheim. Im Rahmen des Programms hätte die Stadt die Möglichkeit, gegenüber den Vermietern ein Benennungs- und Besetzungsrecht für einen Zeitraum von fünf oder zehn Jahren auszuüben. Bei den neuen Mietern muss es sich um Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein handeln. Als Gegenleistung fließen bis zu drei Euro pro Quadratmeter Wohnfläche an die Vermieter. Attraktive Förderkonditionen für Bindungsverlängerungen runden das Programm ab.

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„Das Förderprogramm ist schon ein sehr gutes und sehr attraktives. Ich denke, dass da noch der ein oder andere drauf aufspringen wird“, sagt Matthias Lincke, Leiter des Amtes für Geodaten, Kataster und Wohnbauförderung.

Während etwa die Stadt Bochum jüngst mit Hilfe der öffentlichen Förderung des Landes, die Belegungsrechte für 474 Wohnungen des dortigen Wohnungsbauunternehmens VBW erworben hat, sieht man in Mülheim noch keine Notwendigkeit, in dieser Größenordnung tätig zu werden.

Mülheim und die SWB schließen Kooperation über 500 Wohnungen ab

Erst im November hatten die Stadt und die kommunale Wohnungsbaugesellschaft SWB eine Vereinbarung geschlossen, nach der der Kommune für 500 Wohnungen aus dem Bestand des Unternehmens ein Belegungsrecht eingeräumt wird, sobald ein Mieterwechsel ansteht. Auch beim Neubau von öffentlich gefördertem Wohnraum soll der Stadt ein prozentualer Anteil angeboten werden. Dies – so betonte das Unternehmen damals – steht aber nicht im direkten Zusammenhang mit dem Landesprogramm.

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Die SWB setzt darüber hinaus bei ihren Neubauten an der Heißener Filchnerstraße – der sogenannten Eichbaumsiedlung – komplett auf öffentliche Förderung.

Stadt und MWB konzentrieren sich zunächst auf die Stadtgärtnerei

Bei der Zusammenarbeit mit dem zweiten großen Partner MWB konzentriert sich die Stadt zunächst auf den geplanten Neubau an der früheren Stadtgärtnerei in Holthausen. Bis zu 700 geflüchtete Menschen sollen dort in eigenen Wohnungen leben und sich selbst versorgen können.

Die ehemalige Stadtgärtnerei in Mülheim: Hier sollen 2025 bis zu 700 geflüchtete Menschen in neue Wohnungen einziehen.
Die ehemalige Stadtgärtnerei in Mülheim: Hier sollen 2025 bis zu 700 geflüchtete Menschen in neue Wohnungen einziehen. © Funke Foto Services | Martin Möller

Auch bei einer geplanten Bebauung des früheren Mannesmann-Sportplatzes am Dümptener Papenbusch ist „ein hoher Anteil öffentlicher Förderung“ vorgesehen.

Lincke kommt unter dem Strich zu dem Schluss, dass die Situation in Mülheim im Vergleich zu anderen Städten noch gut sei. „Wir haben die Anzahl sozial geförderter Wohnungen immer auf etwa einem Niveau halten können“, sagt der Amtsleiter. „Das haben wir meiner Meinung nach immer ganz gut hingekriegt.“

Mülheimer Amtsleiter: „Situation nicht zu sehr dramatisieren“

Die Gesamtsituation dürfe man auch nicht zu sehr dramatisieren. „Es gab Phasen mit großem sozialen Wohnungsbau, diese Wohnungen fallen natürlich irgendwann aus der Förderung raus. Dann ist es eine unternehmerische Kalkulation, da man sie danach auf dem freien Markt vermieten kann“, erklärt Lincke.

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„Wichtig in einer Stadt ist, dass man für alle Gruppen was hat. Also eben auch für die Menschen bezahlbar, die nicht so gut verdienen“, sagt der Amtsleiter. Wohlwissend, wie schwer das Unterfangen für Kommunen ist. „Teilweise ist das ein ziemlich unlösbares Problem“, sagt Lincke und schaut aus seinem Bürofenster im 17. Stock des Technischen Rathauses. „So was wie hier wird ja heutzutage keiner mehr bauen.“ Das ist spätestens bei der Diskussion um die Speldorfer Parkstadt-Hochhäuser wieder deutlich geworden.

Mülheimerinnen und Mülheimer kämpfen mit hohen Bodenpreisen

Dass Menschen aufgrund der vielen aktuellen Krisen bei Investitionen vorsichtig sind, kann auch Lincke niemandem verdenken. „Wenn heute einer ein Haus baut, ist das auch nicht lustig“, weiß er. Zudem sei Mülheim eine Stadt mit sehr hohen Bodenpreisen. „Die wurden ja jetzt auch nochmals angehoben. Dafür fällt der aktuelle Mietspiegel noch moderat aus“, findet der Amtsleiter.

Umso wichtiger sind Fördermöglichkeiten. „Das Land hat immer verschiedene Schubladen, die man für unterschiedliche Situationen ziehen kann.“