Mülheim. Die bei Anwohnern umstrittenen Pläne für eine Parkstadt Mülheim werden abgespeckt. Doch das dürfte vielen nicht ausreichen. Die SPD fordert mehr.
Im Streit um die Wucht einer Bebauung auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal in Speldorf hat der österreichische Investor Soravia nun Zugeständnisse gemacht. In einem überarbeiteten Entwurf zu den Plänen für die „Parkstadt Mülheim“ ist das Bauvolumen schon deutlich niedriger skizziert als ursprünglich vorgesehen. Doch das dürfte manchen Kritikern zu wenig sein. Als erste politische Kraft stellte nun die SPD klar, in welche Bahnen sie die Projektentwicklung gelenkt sehen will.
In einem zweiseitigen vertraulichen Papier für den Projektbeirat, das dieser Redaktion vorliegt, hat Soravia jüngst verkündet, sich im städtebaulichen Konzept für die Parkstadt zurückzunehmen. „Die Zahl der Wohneinheiten wird von vormals 800 auf maximal 650 bis 680 reduziert“, heißt es darin. In dieser Zahl berücksichtigt seien auch schon jene kleinen Apartments, die man für Studierende anbieten wolle.
An fünf Hochhäusern in der „Parkstadt Mülheim“ will Investor Soravia festhalten
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Auch will der Investor nach den Diskussionen mit Mülheims Stadtplanern, Politik und Stadtteil-Organisationen nicht mehr so hoch bauen, wie es der Siegerentwurf aus dem städtebaulichen Wettbewerb, der Grundlage war zum Start des Bebauungsplanverfahrens, einst vorgezeichnet hatte. Unmittelbar angrenzend zur bestehenden Wohnbebauung rund um das Parkstadt-Areal werde aktuell nur noch mit drei- bis viergeschossigen Häusern geplant, an der Wissollstraße (gegenüber vom Netto-Markt) mit maximal sechsgeschossigen Gebäuden. Im Osten des heutigen Technikums plane man derweil gar nicht mehr mit Hochhäusern, sondern bleibe mit maximal acht Geschossen unter der Hochhaus-Grenze der Landesbauordnung.
An den fünf Hochhäusern im „urbanen Kern“ der neuen Parkstadt will Soravia aber festhalten, nennt hier Höhen zwischen elf und 15 Geschossen, eine Bauhöhe von bis zu 47 Metern ist auf Arbeitsplänen ausgewiesen. Baudezernent Felix Blasch betonte dazu aktuell auf Anfrage, dass man in einer ersten Überarbeitung des Entwurfes insgesamt weniger Höhe, die Baufenster anders strukturiert, Blockbebauung gegen offenere Varianten ausgetauscht habe. Insgesamt sei festzuhalten, dass der Planungsprozess längst nicht abgeschlossen sei. Beim jetzt überarbeiteten, „wesentlich zusammengeschrumpften“ Entwurf handele es sich weiter nur um einen „Zwischenstand“.
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Mülheims Chef-Planer: „Wir haben wahrgenommen, was die Leute stört“
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„Wir sind nicht taub und haben wahrgenommen, was die Leute stört. Es einzuarbeiten und zu diskutieren, braucht Zeit, sehr viele Fragen sind noch offen“, sagt der Chef der Stadtplanung. Blasch rechnet damit, dass Gutachten, etwa zum Verkehr oder zur Entwässerung, erst gegen Ende des Jahres als verlässliche Arbeitsgrundlage ausgearbeitet seien. Erst dann werde man auch mit ausgearbeiteten Plänen in die öffentliche Diskussion gehen. In der Prüfung ist laut Blasch derweil auch eine neue Erschließungsstraße über die alte Sportplatz-Fläche des Areals, so dass Anwohner des Veilchenweges gar nicht direkt vom Parkstadt-Verkehr betroffen sein würden.
Zur Sorge von Anwohnern vor einem Hochhaus-Ghetto sagt Blasch, dass alle fünf aktuell skizzierten Hochhäuser samt zwei Nebengebäuden zusammengenommen nicht einmal das Bauvolumen des Doppel-Hochhauses der SWB am Hans-Böckler-Platz 1 in der Innenstadt ergäben. Blasch bringt für den Hochhaus-Komplex in Speldorf ins Spiel, für dessen Gestaltung einen separaten Wettbewerb auszuloben. Diesen fordert aktuell auch die SPD ein. Alternativ sei die Bauhöhe auf das Maß der alten Wissoll-Schokoladenfabrik zu begrenzen, die gerade mit Gewerbevermietungen umgenutzt wird.
SPD will weniger Wohneinheiten und mehr sozialen Wohnungsbau
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Sollte es zu Hochhäusern kommen, so fordert die SPD, dass diese nicht in Eigentumswohnungen zergliedert werden, sondern in der Hand eines einzigen Eigentümers bleiben. Die Erfahrung beispielsweise am Hans-Böckler-Platz zeige, dass insbesondere in jenen Hochhäusern ein Sanierungsstau vorherrsche, in denen die Wohnungen an eine Vielzahl von Eigentümern verkauft wurden. Die Hochhäuser, die „in einer Hand“ liegen (SWB, Technisches Rathaus), würden regelmäßig saniert oder instandgesetzt. Planungsdezernent Blasch ist allerdings skeptisch, dass sich so etwas rechtlich gegen die Bestimmungen im Wohneigentumsgesetz festsetzen ließe.
Als erste Ratsfraktion positioniert sich die SPD nun aber klar zu den Parkstadt-Plänen – und stellt dabei Forderungen auf, die noch einiges über die Zugeständnisse des Investors hinausgehen. So will die SPD maximal nur 450 bis 500 Wohneinheiten zulassen, sie fordert dabei eine Drittelung aus preisgebundenem, preisgedämpftem und frei finanziertem Wohnungsbau. 500 Wohneinheiten sind für die Fraktion nur tragbar, wenn Soravia auch inklusive und Mehrgenerationen-Wohnprojekte vorsehen sollte.
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„Die Wohneinheiten sind bezahlbar zu gestalten, um eine soziale und verträgliche Durchmischung des Quartiers zu gewährleisten“, argumentieren die Genossen. Sie wollen den Fokus darauf gesetzt sehen, dass insbesondere Familien Wohnraum in der Parkstadt finden. Soravia hat aktuell eine Wohnraumförderung für zehn Prozent der Wohnfläche angeboten.
Die SPD hat insgesamt acht Punkte in ihrem Forderungskatalog aufgeführt, den nach ihrem Wunsch am 13. Juni der Planungsausschuss beschließen soll. Darin enthalten ist auch die Aufforderung an Soravia, das Technikum als Ausstellungsfläche zu erhalten oder Ersatz dafür zu schaffen. Darüber hinaus will die SPD ein zukunftsweisendes Mobilitätskonzept ausgearbeitet sehen, das etwa eine autofreie „letzte Meile“ für Anlieferungen vorsieht; dazu ein wegweisendes Klima- und Umweltschutzkonzept nach den Idealen einer Kreislaufwirtschaft.
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