Mülheim. Macht die Stadt Mülheim ihr Vorkaufsrecht geltend und kauft das Vallourec-Areal für 1 Euro, könnte der Fall vor Gericht landen, sagen Insider.

Was bedeutet es für Mülheim und den Steuerzahler, wenn die Stadt ihr Vorkaufsrecht für das Firmengelände von Vallourec tatsächlich geltend macht und das 33,5 Hektar große Industrieareal für nur einen Euro kauft? Kein gutes Geschäft, heißt es aus unterrichteten Kreisen dazu, aus denen zudem zu vernehmen ist, dass sich rechtlicher Widerstand ankündigt, wenn der Rat die Durchsetzung des Vorkaufsrechtes beschließen sollte. Fest stehe bereits jetzt, sagen Insider: Für einen Euro wird der französische Rohrproduzent die Fläche niemals verkaufen.

Die überschaubare Preiskalkulation, die die Stadt Mülheim aufruft, um das Vallourec-Areal mit Hilfe des Vorkaufsrechts zu erwerben, dürfte viele überrascht haben: Für nur einen Euro soll die Fläche den Besitzer wechseln, wenn es nach dem Willen der Stadt geht. Hintergrund für den symbolischen Preis ist das Wertgutachten, das die Stadt erstellen ließ und das hohe Kosten für den Abriss der alten Industriegebäude sowie eine teure Altlasten-Sanierung einkalkuliert.

Stadt Mülheim will Vallourec nur einen Euro für 33,5 Hektar Grundstück zahlen

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Doch so einfach dürfte es nicht werden, ist aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren. Im Gegenteil: Komme es hart auf hart – nämlich zu einem langwierigen Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang – drohe das Industriegelände auf Jahre ungenutzt zu bleiben, das skizzieren die Informanten, die Einblicke in den Verkaufsprozess um Vallourec mit seinem 33,5 Hektar großen Industriegelände zwischen Styrum und Dümpten haben. Denn macht die Stadt ihr Vorkaufsrecht nach § 25 des Baugesetzbuches gegenüber dem französischen Rohrproduzenten geltend, würde das für den Konzern wohl bedeuten, dass das bereits besiegelte 40-Millionen-Euro-Geschäft mit dem Logistikunternehmen Logicor platzt.

Das Vallourec-Aus in Mülheim – eine Chronik der Ereignisse:

„Wenn die Stadt das Vorkaufsrecht ausüben will, ist es in der Regel so, dass sie damit in den bestehenden, notariell beurkundeten Vertrag eintritt, in dem ein Verkaufswert von 40 Millionen festgelegt ist“, erklärt einer der Informanten, der namentlich nicht genannt werden will. Es sei denn, die Begründung für den niedrigen Preis sei die Tatsache, dass der Verkaufspreis nicht dem Marktwert entspreche.

Das rund 33 Hektar große Vallourec-Gelände in Mülheim soll im Rahmen der Werksaufgabe verkauft werden. Sollte die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machen, droht wohl ein Gerichtsverfahren und damit die Verzögerung im Prozess um die Neuentwicklung des Areals.
Das rund 33 Hektar große Vallourec-Gelände in Mülheim soll im Rahmen der Werksaufgabe verkauft werden. Sollte die Stadt ihr Vorkaufsrecht geltend machen, droht wohl ein Gerichtsverfahren und damit die Verzögerung im Prozess um die Neuentwicklung des Areals. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Verifizieren lässt sich das derzeit nicht: Das „unabhängige Wertgutachten“, das die Stadt zum Grundstück hat erstellen lassen, ist nicht öffentlich einsehbar. Der Marktpreis aber sei bereits, so stellen es die Insider dar, in dem Bieterverfahren zum Verkauf des Areals zwischen den verschiedenen Kaufinteressenten ermittelt worden. Es sei absehbar, dass der Konzern das von der Stadt zugrundegelegte Verkehrswertgutachten juristisch anfechten werde, sollte sie ihr Vorkaufsrecht durchsetzen.

Als börsennotiertes Unternehmen muss Vallourec Konzernvermögen schützen

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Als börsennotiertes Unternehmen sei Vallourec seinen Aktionären verpflichtet, das Konzernvermögen zu schützen und gegen Wertevernichtung anzugehen – daher würde der Konzern, so heißt es aus gut unterrichteten Kreisen, das Grundstück wohl unter keinen Umständen für nur einen Euro abgeben können. Stattdessen sei davon auszugehen, dass das Unternehmen von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch machen werde. „Vallourec muss gar nicht verkaufen, selbst wenn die Stadt eine gerichtliche Auseinandersetzung gewinnen sollte, sondern kann zurücktreten.“ Die Konsequenz ist für die Insider klar: Es drohe eine Brachfläche – auf unabsehbare Zeit.

Die Kosten, neben den Gerichtskosten auch Schadenersatz, falls Logicor in der Folge vom Kaufvertrag zurücktritt, seien vom Verlierer zu tragen. Und wohl auch die Differenz, die sich ergeben würde, wenn Vallourec zwar an den nächstbesten Bieter verkaufen, aber nicht die gleiche Summe wie nach den Verhandlungen mit dem Logistikunternehmen erzielen würde. Ob da nicht Steuergelder verpulvert würden, fragen sich die Informanten.

Die Nachfrage dieser Redaktion nach einer Stellungnahme zu der Thematik ließ Vallourec offen, derzeit wolle sich niemand in der Angelegenheit äußern.