Mülheim. 29 Unternehmen präsentierten sich als mögliche neue Arbeitgeber für die Vallourec-Belegschaft. Was die Beschäftigten sagten.

Was wird aus den Beschäftigten von Vallourec? Da die Werke in Mülheim-Dümpten und Düsseldorf-Rath bekanntlich zum Ende dieses Jahres aufgegeben werden, sind gut 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Suche nach einer neuen beruflichen Perspektive. Nach drei ähnlichen Veranstaltungen in Düsseldorf konnten sie sich am Samstag erstmals in Mülheim im Rahmen einer Jobbörse ein Bild von möglichen neuen Arbeitgebern machen.

Das sportliche Geschehen musste in der Westenergie-Sporthalle an diesem Samstag ausnahmsweise einmal ruhen. Stattdessen präsentierten sich auf der Hälfte der Hallenfläche 29 verschiedene Unternehmen als potenzielle neue Arbeitgeber für die Beschäftigten von Vallourec.

Warum bei Vallourec-Beschäftigten Optimismus vorherrscht

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„Ich wüsste nicht, dass in der Vergangenheit mal so etwas aufgefahren wurde bei einer Werksschließung“, ist Thomas Stupnicki vom Engagement des Konzerns und der Agentur für Arbeit durchaus angetan.

Was der technische Angestellte in Zukunft machen will, weiß er noch gar nicht so genau. In der Westenergie-Sporthalle verschafft er sich daher einen Überblick. Einige hundert Stellen haben die an diesem Samstag anwesenden Firmen zu besetzen. Die notwendigen Qualifikationen sind auf Stellwänden in der Halle nachzulesen. Außerdem bekommen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein 135 Seiten starkes Booklet an die Hand.

Viele Menschen kamen zur Jobbörse für Vallourec-Mitarbeiter in der Westenergiehalle in Mülheim.
Viele Menschen kamen zur Jobbörse für Vallourec-Mitarbeiter in der Westenergiehalle in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

„Die Arbeitgeber für Jobbörsen zu finden, war eigentlich ein Selbstläufer“, sagt Melanie Osterland, Bereichsleiterin bei der Agentur für Arbeit. „Die Leute sind ja auch gut qualifiziert“, betont der für das Personal zuständige Vallourec-Geschäftsführer Dr. Herbert Schaaff. Sein Wunsch ist, dass alle Beschäftigten nahtlos von Arbeit in Arbeit wechseln. „Arbeitslosigkeiten wollen wir auf jeden Fall vermeiden“, sagt Schaaff.

Suche nach Fachkräften macht Belegschaft optimistisch

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Diesen Optimismus teilt auch Thomas Stupnicki. Er sagt: „Fachkräfte werden immer gesucht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass der Großteil der Leute im nächsten Jahr ohne Anstellung sein wird. Jeder wird einen Job finden, da bin ich mir sicher.“

Dass die Jobbörse ähnlich gut besucht ist wie bereits die drei vorherigen in Düsseldorf zeige in den Augen von Schaaff, dass der Prozess nun bei den meisten angekommen sei. „Manch einer hat im letzten Jahr schon ein bisschen gebraucht“, sagt Schaaff. Nun – so könnte man salopp formulieren – haben sich die meisten mit dem bitteren Schicksal abgefunden.

Versuchen die Vallourec-Mitarbeiter zu vermitteln: Melanie Osterland, Bereichsleiterin der Agentur für Arbeit, Cihangir Akpolat, Human Resources Manager Vallourec Mülheim, Dr. Herbert Schaaff, Geschäftsführer Personal Vallourec Deutschland, Dr. Birgit Baumert, MAN, Rosaria Garufo und Deniz Akmese (von links) auf der Jobbörse in Mülheim.
Versuchen die Vallourec-Mitarbeiter zu vermitteln: Melanie Osterland, Bereichsleiterin der Agentur für Arbeit, Cihangir Akpolat, Human Resources Manager Vallourec Mülheim, Dr. Herbert Schaaff, Geschäftsführer Personal Vallourec Deutschland, Dr. Birgit Baumert, MAN, Rosaria Garufo und Deniz Akmese (von links) auf der Jobbörse in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jobbörse sind seit Jahrzehnten bei Vallourec

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„Man darf sich jetzt nicht verunsichern lassen und muss gucken, was die möglichen neuen Arbeitsfelder sind“, gibt sich ein 24-jähriger Elektroniker, der seinen Namen nicht öffentlich nennen möchte optimistisch.

Länger als er alt ist, arbeiten Siegfried Muschkiet und Tamer Tekin im Betrieb und hatten kaum damit gerechnet, sich nach so langer Zeit noch einmal umorientieren zu müssen. „Wir gucken jetzt, was für Möglichkeiten bestehen. Man weiß ja gar nicht, was überhaupt gesucht wird. Stahl ist eine sehr breite Branche“, sagt Tekin, der im Dümptener Werk als Schichtführer arbeitet.

Vallourec-Beschäftigte wollen „etwas in der Hinterhand haben“

Wie gut man sich in ganz andere Bereiche hineinarbeiten kann, zeigt sein Kollege Muschkiet, der eigentlich Tischler gelernt hat. Mit Holz hatte der Tagesvorarbeiter in seinen 34 Vallourec-Jahren wenig zu tun. „Es erzählen ja alle, dass die Zeit günstig ist“, möchte er sich diesen Eindruck gerne bestätigen lassen.

Arne Havemann von der TesT GmbH im Gespräch mit Sandra Gens und Ramona Bialek, beide von der Agentur für Arbeit, auf der Jobbörse für Vallourec-Mitarbeiter in Mülheim.
Arne Havemann von der TesT GmbH im Gespräch mit Sandra Gens und Ramona Bialek, beide von der Agentur für Arbeit, auf der Jobbörse für Vallourec-Mitarbeiter in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Auch Tanja und Nadine, die als Frauen gegenüber ihren männlichen Kollegen auf der Jobbörse deutlich in der Unterzahl sind, wissen noch nicht, ob sie in Zukunft erneut ihrem erlernten Beruf nachgehen oder noch einmal eine neue Herausforderung annehmen wollen. „Da wir erst am 31. Dezember dran sind, ist es ja jetzt noch etwas zu früh, sich zu bewerben, aber es ist ja nicht schlecht, schonmal etwas in der Hinterhand zu haben“, sagt das freigestellte Betriebsratsmitglied.

Zweite Runde mit Veranstaltungen zur Jobvermittlung steigt im September

Viele der Beschäftigten hatten dennoch schon konkrete Bewerbungsunterlagen dabei, an vielen Ständen wurden bereits Kontaktdaten zwischen den Arbeitnehmern und den möglichen neuen Arbeitgebern ausgetauscht. Im September soll noch einmal eine zweite Runde ähnlicher Veranstaltung zur Jobvermittlung anstehen. Die ersten 500 Beschäftigten werden Vallourec zu diesem Zeitpunkt schon verlassen haben.

Was die Arbeitsagentur anbietet

Für einige Angestellte von Vallourec ist eine Jobsuche eine neue Erfahrung. „Viele haben das noch nie gemacht, weil sie bei uns eine Ausbildung angefangen haben und seitdem 30 Jahre lang im Betrieb gearbeitet haben“, sagt Geschäftsführer Dr. Herbert Schaaff.

Daher bietet die Agentur für Arbeit in den Werken Bewerbungstraining an. „Niemand muss dafür zu irgendwelchen Trägern gehen“, sagt Bereichsleiterin Melanie Osterland.

Darüber hinaus finden in Dümpten und Düsseldorf-Rath individuelle Beratungsgespräche statt. Auch die Rentenberatung wird laut der Arbeitsagentur gut angenommen. Für etwa 500 Beschäftigte wird es Altersübergangslösungen geben.