Mülheim/Essen. Das Jahr 2023 soll Klarheit bringen zur Zukunft des Flughafens Essen-Mülheim. Die Siedlergemeinschaft des nahen Wohnquartiers bezieht Position.
Sie haben den Eindruck, dass viel über sie geredet wird, aber eben auch an ihnen vorbei: Für die Bewohner der Flughafen-Siedlung bezieht nun der Vorstand klar Position in der Frage, welche gewerbliche Entwicklung sich Anwohner am Flughafen wünschen und ob ab 2034 noch Flieger von den Raadter Höhen aus abheben sollten.
Zu einer Flughafen-Zukunft hat Brigitte Dressler, die Vorsitzende der Siedlergemeinschaft „Am Flughafen“, eine klare Haltung: „Wir wollen, dass der Flughafen so bleibt, wie er ist.“ Britta Löhr aus dem Vorstand der Siedlergemeinschaft glaubt, dass „der Politik nicht klar ist, dass wir Anwohner unseren Flughafen, den wir ja schon im Namen tragen, sehr mögen“. Eine sehr große Mehrheit der Anwohner sei für den Erhalt des Flughafens. Es gebe nur einige Wenige, die nach ihrem Zuzug „plötzlich zu Flughafengegnern“ geworden seien, das aber sei „eher die Ausnahme als die Regel“.
„Wir sind am Flughafen groß geworden und er hat uns nie gestört, im Gegenteil“
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„Ich kann ja nicht neben einer Kirche eine Wohnung beziehen und mich dann beschweren, dass die Glocken läuten“, hat Dressler wenig Verständnis dafür, wenn aus der Flughafen-Siedlung heraus Stimmen kommen, die sich gegen den Flughafenbetrieb wenden. Die Vorsitzende der mehr als 60 Jahre alten Siedlergemeinschaft verweist auf die Geschichte der Siedlung, die seinerzeit, Ende der 1920er Jahre, kurz nach der offiziellen Eröffnung des Verkehrslandeplatzes, entstanden war, um Wohnraum zu schaffen für Menschen, die am Flughafen beschäftigt waren.
„Wir sind am Flughafen groß geworden und er hat uns nie gestört, im Gegenteil“, so Dressler: Durch den Flugbetrieb gebe es auf den Raadter Höhen noch Grünflächen, die anderswo in der Stadt fehlten. Dressler und Löhr sagen, sie sprächen für die Siedler, wenn sie fordern, dass die Politik in Essen und Mülheim umschwenken und dem Flugbetrieb durch eine Zurücknahme des Ausstiegsbeschlusses für 2034 eine Investitionsperspektive geben solle. Damit eben auch dem Zuschussgeschäft für die Städte ein Ende gesetzt werden könne.
Siedlergemeinschaft lehnt Pläne für großflächiges Gewerbe am Flughafen ab
Für die Siedlergemeinschaft ist laut Dressler damit auch klar, dass sie es nicht wünscht, dass es in der angestoßenen Debatte um eine gewerbliche Entwicklung südlich der Brunshofstraße zu einer großen Lösung mit einer Fläche von 27,7 Hektar kommt. Dies zeigt der Siegerentwurf aus einem Wettbewerbsverfahren zur Entwicklung der Flughafen-Fläche auf, sollte es beim Ausstiegsbeschluss bleiben.
Doch auch jene Alternativvariante, die mit 12,2 Hektar Gewerbefläche einen Flugbetrieb über 2034 hinaus noch zulassen soll, stößt auf Ablehnung der Siedlergemeinschaft. „Die Flughafen-Siedlung ist schon genug gebeutelt“, sagt Dressler mit Blick etwa auch auf die Planungen für die Landeseinrichtung zur Unterbringung von bis zu 650 Flüchtlingen an der Parsevalstraße, insbesondere aber mit Blick auf die Parkplatznot rund um den Flughafen und die Brunshofstraße.
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Dressler und Löhr glauben, dass das kleine Raadt überfordert würde, sollte neues Gewerbe auch nur auf 12,2 Hektar Fläche entstehen. Die Infrastruktur des Stadtteils sei systematisch abgebaut worden, so Löhr mit Blick etwa auf die gekappte Straßenbahnlinie 104. Plötzlich müsse Raadt „für alle möglichen Pläne herhalten“. Die Brunshofstraße sei jetzt bereits am Limit, für Anwohner gebe es dort oft genug heute schon kein Durchkommen, etwa zur Rushhour auf dem Weg zur oder von der A 52. Ein Kollabieren der Brunshofstraße, „ein totales Verkehrschaos“ sei zu befürchten, auch eine zunehmende Lärmbelästigung.
Man sei „entsetzt“ von den Entwicklungsszenarien, die die Stadt im Januar veröffentlicht hat. Löhr befürchtet bei einer großangelegten gewerblichen Entwicklung, dass dem Flughafen in Zukunft noch weitere Flächen abgeknapst werden. Was dem Flughafen auch die Chance nehme, sich selbst wirtschaftlicher aufzustellen.
Flugbetrieb mit „kleiner Düse“? Für Flughafen-Nachbarn denkbar
Die Vertreterinnen der Siedlergemeinschaft plädieren dafür, eine weitere gewerbliche Entwicklung lediglich im Ausmaß dessen zuzulassen, was der alte Bebauungsplan H17 seit langem möglich macht und was mit den Neubauprojekten von Pitstop und Dudoq in die Umsetzung gestartet ist. Ansonsten solle sich die Stadt darauf konzentrieren, die gewerblichen Potenziale des Flughafenbetriebs selbst auszuspielen. Für Löhr denkbar wäre gar die Genehmigung des Flugbetriebs für Maschinen mit kleiner Düse. „Die Flugzeuge werden ja immer leiser“, blickt sie hoffnungsfroh auch auf den Erstflug jüngst eines Elektro-Fliegers der Flugschule TFC Käufer.
Für andere Stellen in der Stadt diskutiere man, wie man dem Mangel an Grünoasen etwa durch das Anpflanzen von Miniwäldchen begegnen könne, so Löhr. Am Flughafen sollten nun ökologisch wertvolle Flächen mit Kaltluftentstehung und Brutflächen für seltene Vögel wie die Feldlerche „zugepflastert“ werden mit vierstöckigen Gewerbebauten. Das sei nicht zu akzeptieren.
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Informationsveranstaltung für Anwohner am 14. März
In der Debatte um die Zukunft rund um den Flughafen sehen Dressler und Löhr die Anwohner seitens der Stadtverwaltung nicht in die Debatte eingebunden. „Wir sind nie mal gefragt worden“, kritisiert Dressler. Für Dienstag, den 14. März, lädt der Vorstand ab 19 Uhr nun interessierte Bürgerinnen und Bürger zu einer Informationsveranstaltung zur Entwicklung am Flughafen in die „Vereinbar“ des SV Raadt ein. Einladen wolle man auch Vertreter der Planungspolitik und der Stadtverwaltung.