Mülheim. Auf Mülheims altem Tengelmann-Areal wird die Konzernzentrale zusehends wiederbelebt. Die Projektmanager haben uns über die Baustelle geführt.
Während über das Ausmaß der Wohnbebauung rund um die ehemalige Tengelmann-Zentrale noch kräftig debattiert wird, schreitet die Sanierung und Belebung der alten Konzern-Immobilien in großen Schritten voran. „Wir sind schon stolz, was wir in den zweieinhalb Jahren, die wir jetzt hier sind, geschafft haben“, sagt Wolfgang Kurzacz-Dörflinger, Leiter des Projektmanagements von Investor Soravia, am Ende eines Rundgangs mit dieser Redaktion.
Da steht Kurzacz-Dörflinger inmitten der mächtigen alten Zentrale, aber doch an einem Ort, der ganz neu geschaffen ist: oben auf dem Rundlauf um einen Lichthof herum, für den der Projektentwickler unter allergrößter statischer Herausforderung ein 200 Quadratmeter großes Loch in die Altsubstanz hat „durchstanzen“ lassen, wie der Österreicher Kurzacz-Dörflinger es ausdrückt. Mit bodentiefen Fenstern ausgestattet, sind die fünf Etagen nun lichtdurchflutet. Wer unten im Fitnesscenter des TSV Viktoria sein Programm abzieht, kann ebenso in den bald begrünten Innenhof blicken wie die Mitarbeiter der Fliedner-Stiftung, die schon eingezogen sind – oder die Mieter, die hier noch freie Flächen beziehen werden.
Parkstadt Mülheim: Zwei Drittel der Flächen im Altbau sind bereits vermietet
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Die alte Tengelmann-Zentrale mitsamt alten Räumlichkeiten der Süßwarenfabrik Wissoll gleicht einem riesenhaften Labyrinth, in dem sich selbst die Projektentwickler noch heute gelegentlich neu orientieren müssen. 63.000 Quadratmeter Mietfläche für Gewerbe und Wissenschaft gilt es zu modernisieren und an den Markt zu bringen. Im Februar 2023 ist schon viel geschafft. Laut Julia Winteroth vom Essener Maklerunternehmen Brockhoff, das die Vermarktung exklusiv betreibt, sind gut zwei Drittel aller Mietflächen, rund 43.000 Quadratmeter, mittlerweile vermietet – „so viel wie zuletzt in keiner anderen Immobilie im Ruhrgebiet“, sagt Brockhoff-Sprecherin Marina Pohl. Wohl gar mehr, als in ganz Mülheim zuletzt vermietet worden sei, setzt der Leiter der örtlichen Projektentwicklung, Lorenz Tragatschnig, noch einen drauf.
Für weitere 7000 bis 8000 Quadratmeter führe man darüber hinaus konkrete Gespräche mit Interessenten, ergänzt er. Wenn Brockhoff sein Tempo halte, so prognostiziert Tragatschnig, werde wohl in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auch der letzte Quadratmeter vermarktet sein.
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Neue Mieter: ein namhafter Technologiekonzern und nochmals die Contilia
Ganz frisch gesetzt ist die Tinte unter zwei weitere Mietverträge. Einmal lässt ein namhafter Technologiekonzern, der noch inkognito bleiben will, 1330 Quadratmeter für sich herrichten. Für die andere Neuansiedlung sorgt erneut die Contilia GmbH, die unter anderem zahlreiche medizinische und Pflegeeinrichtungen in Essen und Mülheim betreibt, etwa das St. Marien-Hospital.
Schon früher hatte Contilia sich in der Parkstadt eingemietet mit einer Pflegeschule, die seit Oktober in Betrieb ist. Die alten Räumlichkeiten der Tengelmann-Schreinerei sind nicht wiederzuerkennen. Heute gehen hier Pflegeschülerinnen und -schüler ein und aus. In der benachbarten Rettungsdienstschule, die Mülheims Berufsfeuerwehr aufgezogen hat, lernen sie schon gemeinsam mit Ersthelfern im sogenannten Schockraum die Übergabe von Notfallpatienten vom Rettungsdienst in eine Klinik.
Projektleiter: „Wenn eine Anfrage kommt, gucken wir, wo es ins Gebäude passt“
Am Standort hat Contilia offenbar Gefallen gefunden. Wohl auch am Konzept von Soravia, nicht vorkonfektionierte Mietflächen anzubieten, sondern jedem künftigen Mieter den Raum für eine ganz individuelle Planung. „Wenn eine Anfrage kommt“, so Tragatschnig, „gucken wir, wo es ins Gebäude passt.“ Auch aktuell sind Flächen zu haben in unterschiedlichst denkbaren Zuschnitten – und in der Spanne von 245 bis rund 11.000 Quadratmetern.
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So wird Contilia nun – auch ganz nach eigenen Wünschen – ein zusätzliches Bildungszentrum für seine rund 8000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufbauen lassen; der Einzug ist zum 1. Januar und zum 1. April 2024 geplant. Hier sollen alle möglichen Fort- und Weiterbildungen angeboten werden – von der Führungskräfte- bis zur EDV-Schulung, so Torsten Edelkraut, Leiter der Contilia-Akademie.
Offen und lebendig soll es zugehen am neuen Gewerbestandort Mülheims
Ein wenig ist schon davon zu spüren, was den Projektentwicklern vorschwebt am neuen Gewerbe- und Wissensstandort: Offen, lebendig soll es zugehen, Campus-Charakter sich entwickeln. Fliedner ist mit einer Betriebsstätte und einer Pflegeschule schon hierher gezogen, hat schon zweimal seine Flächen erweitern lassen. Für die Hochschule Ruhr West werden 6100 Quadratmeter Fläche aktuell hergerichtet, mit einem offenen Foyer, das einmal imposant daherkommen soll – gegenüber vom heutigen Technikum, direkt am künftigen See gelegen, in Sichtweite des denkmalgeschützten Kesselhauses, in das nach Umbau und Sanierung ein italienisches Restaurant einziehen soll.
Zukunftsmusik. Während einige Mieter, allen voran Erstmieter Standardkessel Baumgarte, bereits am Standort präsent sind, wird an allen möglichen anderen Ecken im mächtigen Gebäude kräftig geschuftet. Ungefähr 20.000 Quadratmeter Fläche seien aktuell in den Händen von Bauarbeitern verschiedener Gewerke, sagt Tragatschnig. Es gelte, den Zeitplan für den Einzug neuer Mieter einzuhalten. An acht, neun Stellen seien zudem Baustellen auf Allgemeinflächen eingerichtet. Um etwa neue Fluchttreppen oder Lüftungsanlagen zu errichten, Fassaden aufzuhübschen oder für besagten Lichthof die Bepflanzung vorzubereiten … „An guten Tagen haben wir hier bis zu 300 Bauarbeiter.“ Das Team der technischen Baubegleitung und des Facility Managements von Soravia wachse beständig.
Projektmanager zur alten Tengelmann-Zentrale: „Das kleine Schönbrunn“
Am Ende des Rundgangs steht Projektmanager Kurzacz-Dörflinger hoch oben in jenem neuen Lichthof, von dem anfangs schon die Rede war. „Schon gewaltig“, sagt er da. „Cool“ werde es werden, verrät der Wiener mit einem Schmunzeln im Gesicht, als er über das imposante Erscheinungsbild der alten Tengelmann-Zentrale aus nördlicher Blickrichtung denkt. „Das kleine Schönbrunn haben wir es schon genannt.“