Mülheim. Die Hitze in den versiegelten Mülheimer Stadtteilen wird künftig kräftig steigen. Grüne und CDU schlagen vor, dagegen kleine Wälder zu pflanzen.

Es ist gutes Jahr her, als die Stadt mit Zustimmung der Politik eine städtische Grünfläche von einem Hektar mit zahlreichen alten und mittelalten Bäumen an der Diedenhofer Straße in Saarn an einen Investor zur Wohnbebauung veräußerte. Inzwischen aber diskutiert man im Umweltausschuss die Bedeutung von „tiny forests“ – Miniwäldchen – als Mittel für überhitzte Wohngebiete. Mit einer besonderen Erkenntnis: Solche Flächen fehlen in der Stadt.

Denn bisher galten Bereiche wie im Saarner Beispiel in Mülheim als „Brachflächen von geringer ökologischer Bedeutung“ und wurden damit nicht selten „zum Lückenschluss“ zu anderen Gebäuden an Bauinvestoren veräußert. „Baurecht geht vor Baum-Recht“, zitierte im Umweltausschuss Felix Blasch die bisherige Marschrichtung der Stadt. Blasch hat als Bau- und gleichzeitig Umweltdezernent den schwierigen Job bekommen, beides abzuwägen.

Idee der Miniwäldchen stammt aus Japan

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Die Idee der „Miniwäldchen“ stammt übrigens aus Japan, wo man sich schon vor rund 50 Jahren mit den Effekten von kleinen Stadtwäldern in hochverdichteten Städten beschäftigte. Der erste deutsche „Tiny Forest“ von knapp 210 Quadratmetern soll 2019 in Bönningstedt (Schleswig-Holstein) entstanden sein.

Doch nunmehr hat auch Essen solche „Miniwäldchen“ als Mittel gegen verdichtete städtische Bereiche und Hitzeinseln geplant und Mülheim würde gerne nachziehen: „Neben den Vorteilen für das Klima und die Natur wird auch die Aufenthaltsqualität der Menschen gesteigert“, bewertet die Stadt. Auch „bestehende klimatisch begünstige Bereiche und Kaltluftentstehungsgebiete können in ihrer Existenz erhalten, gestärkt und entwickelt werden“.

Mülheim und das Klima – wie die Stadt reagiert

Stadt hat Dümpten für „tiny forests“ im Blick und das Areal Mülheim-West

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100 Euro pro Quadratmeter würde es wohl kosten, ein solches Wäldchen nachträglich aufzubauen. „Kann die Stadt schon benennen, wo tiny forests möglich sind?“, fragte Oliver Linsel (Grüne) im Ausschuss nach. Aus Sicht der Grünen und CDU, die den Antrag auf Miniwäldchen gemeinsam stellten, wären ausgleichende Grünflächen im Mülheimer Norden sinnvoll, wo Häuser dicht an dicht stehen. Die Stadt gab an, etwa in Dümpten solche Flächen im Blick zu haben. Blasch warf zudem ins Feld, im Areal „Mülheim West“ – zwischen Konrad-Adenauer-Brücke und Aldi-Süd – einen Miniwald mit einzuplanen.

Ideen sind gefragt, denn bis 2050 werden die heißen Tage mit mehr als 30 Grad Celsius deutlich häufiger werden. Den versiegelten Stadtteilen stehen außerdem zunehmend tropische Nächte bevor, weil der Beton die Hitze speichert.

Mülheim soll städtische Flächen erhalten und aufwerten, statt sie zu verkaufen

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Freiflächen oder tiny forests seien relevant, damit Stadtviertel lebenswert bleiben, sagt Linsel im Gespräch mit der Redaktion. Und nicht immer müsse man dafür viel Geld in die Hand nehmen, so Linsel, man könne bestehende Flora ergänzen. Allerdings, räumt Linsel ein, ist es gerade dort schwer, wo es gebraucht werde – „meinen Traum von Bäumen auf der Schloßstraße werden wir vermutlich nicht umsetzen können“.

Und: Dazu müsste der Stadt eine Fläche erst einmal gehören. Michael Cremer, Klimaschützer, Vorsitzender des Mülheimer Alpenvereins und beratendes Bürgermitglied im Umweltausschuss, mahnte nicht nur deswegen an, bereits bestehende städtische Flächen zu erhalten und aufzuwerten, statt sie zu veräußern.