Mülheim. „Wir waren nicht willkommen“, äußern sich die Waka-Waka-Macher. Warum der Mülheimer Rennclub dem Kulturfest kurzfristig die Absage erteilte.
Eigentlich hätte das Waka-Waka-Kulturfest an der Raffelberger Galopprennbahn ein leuchtendes Beispiel werden sollen für das Zusammenleben von Deutschen und Afrikanern in Mülheim. Zumindest im vergangenen Jahr ging es gut über die Bühne. Doch nun haben sich Veranstalter und Rennbahn-Vorstand völlig überworfen. Von „kurzfristigen, unfairen Bedingungen“ spricht Waka-Waka-Macher Eric Adou und erhebt einen gravierenden Vorwurf: „Man wollte uns offensichtlich nicht dort haben“.
Dabei schien vertraglich schon am 2. Juni alles unter Dach und Fach. Der Vertrag wurde nahezu Eins-zu-eins vom Vorjahr übernommen. Bis auf eine Ausnahme: Der Mietpreis von rund 3500 Euro war 2021 unter dem alten Vorstand auf 2.500 herabgesetzt worden – so ist es handschriftlich in dem alten Vertrag vermerkt worden. In den neuen aber war diese Sonderkondition nicht übertragen worden.
Streit um Sonderkonditionen für Mülheimer Waka-Waka-Fest
Auch interessant
Adou soll nach der Aushändigung des Vertrags im Gespräch mit dem ,neuen’ Rennclub-Präsident Werner Krüger darauf hingewiesen haben, dass dies noch zu ändern sei. Zudem wollte er eine Zahlung in zwei Raten vereinbaren. Beiden Änderungen habe Krüger vor Ort mündlich zugestimmt, bekräftigt Adou. Umgekehrt habe das Festival zugesagt, mehr Sicherheitskräfte aus den eigenen Reihen einzusetzen.
„Ich habe aufgrund der mündlichen Zusage den Vertrag am 2. Juni unterschrieben“, räumt Adou ein, „das war ein Fehler“. Denn zunächst verging fast ein Monat, bevor der Verein am 30. Juni gegenzeichnete. Die besprochenen Änderungen aber sind darin nirgendwo zu finden.
Wenige Tage vor dem Mülheimer Festival eskaliert die Situation
Kurz vor dem Festival sei die Situation dann eskaliert. Nicht nur sei die Sonderkondition mit dem Satz „wir sind nicht die Wohlfahrt“ von Krüger abgeschmettert worden, beim erneuten Treffen soll dieser auch unvermittelt weitere Forderungen gestellt haben: Die Veranstaltung sei zu laut und dürfe nur noch bis 18 statt 21 Uhr gehen, schildert Adou die neuen Bedingungen.
Ferner dürfe es danach kein „Indoor“-Programm geben, wie es bereits angekündigt war, und schließlich beharrte Krüger auf zwei zusätzliche Sicherheitskräfte, die der Rennclub vorgebe, und die die Lautstärke und Ordnung auf dem Gelände prüfen sollten.
Und damit es zu keinen Schlangen vor dem Gelände käme, sollte das Festival zudem angeblich umsonst abgehalten werden. „Binnen zwei Tagen diese Bedingungen zu erfüllen, war für uns kaum möglich“, sagt der Veranstalter und sieht andere Motive hinter den Forderungen: „Dazu kommt die Gängelei durch zusätzliche Sicherheitskräfte. Wir waren offensichtlich nicht willkommen. Man wollte uns nicht dort haben.“
Mülheimer Rennclub sagt dem Festival ab wegen Vertragsbruch
Auch interessant
Und doch war es nicht Adou, der die Veranstaltung letztlich absagte, sondern der Rennclub selbst. Die Gründe? Nach Angaben des Clubs habe der Veranstalter nicht rechtzeitig bis Donnerstag die Miete gezahlt.
Adou bestreitet das und gibt an, mit dem Geld gegen 19 Uhr am Büro gewesen zu sein. Er habe sogar mit einer Vertretung des Rennclubs gesprochen. Die habe ihm gesagt, dass das Büro ab 18 Uhr geschlossen sei. Die Zahlung sei nun zu spät gekommen, der Vertrag sei damit gebrochen worden.
Auch interessant
So stellt es auch Rennclub-Präsident Werner Krüger da mit Hinweis auf eine vertraglich vereinbarte Hinterlegung der Summe – 14 Tage vor dem Mietbeginn: „Wir erwarten Vertragstreue, sonst ist es unseriös. Die Miete wurde nicht rechtzeitig gezahlt. Punkt.“ Mündliche Vereinbarungen – etwa die Einschränkung der Veranstaltungsdauer sowie die Forderung nach freiem Eintritt – habe es nicht gegeben. „Alles gelogen. Dauer und Eintritt ist Sache des Veranstalters, uns ist das egal“, schmettert Krüger ab, räumt aber die Sicherheitskräfte ein, denn es habe im vergangenen Jahr „Beschwerden über die Lautstärke“ gegeben.
Waka-Waka-Macher halten Rennclub vor: Wir waren nicht willkommen
Ähnlich schildert es auch das Ordnungsamt, das eine „Beschallungsgenehmigung bis 21 Uhr“ erteilte, „es war geplant, die Einhaltung der Auflagen durch den Kommunalen Ordnungsdienst prüfen zu lassen“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Allerdings führt das KOD die Maßnahme nicht allein auf das Waka-Waka-Fest zurück, sondern auf den Veranstaltungsort an sich: Es habe Beschwerden auch über die Häufigkeit von Veranstaltungen und deren Lautstärke gegeben.
Für die Waka-Waka-Veranstalter ist die Reaktion des Rennclubs lediglich der Aufhänger für die grundsätzlich unfreundliche Gesprächsatmosphäre der neuen Führung. „Hier wird das Klischee des unpünktlichen und lauten Afrikaners angeführt. Es tut weh, wieder diese Erfahrung zu machen“, sagt die afrikanische Wissenschaftlerin Bridget Fonkeu, Gründerin der Silent University in Mülheim. Sie hat sich mit Diskriminierungen im Alltag auseinandergesetzt: „Für afrikanische Menschen sind die Grenzen nicht mehr mit einem Ort verknüpft, sondern sie stoßen immer wieder dort auf Grenzen, wo sie leben. Wir brauchen deshalb kulturelle Brücken zwischen Afrikanern und Deutschen, nicht nur wirtschaftliche.“
Mülheimer Kulturdezernentin will helfen, neuen Ort zu finden
Auch interessant
Die Enttäuschung in der Community über den kurzfristigen Ausfall sei groß gewesen, schildert Veranstalter Eric Adou, auch bei den Nachbarn. Das Festival sei aber nur aufgeschoben, wie es heißt, man müsse nur einen neuen Ort finden.
Damit bleiben auch die öffentlichen Mittel, mit denen das Waka-Waka-Kulturfest gefördert wird, vorerst bestehen, bestätigt Kulturdezernentin Daniela Grobe: „Wir als Kulturverwaltung halten die Veranstaltung für förderungswürdig, die Politik ist diesem Votum mehrheitlich gefolgt. Die kurzfristige Absage hat mich auch nur über Dritte erreicht und hat mich – genauso wie vermutlich viele Menschen – überrascht.“
Was die Gründe der Absage anbelangt, will sich die Kulturdezernentin „nicht an Spekulationen beteiligen“, sagt aber die Unterstützung zu, einen geeigneten Veranstaltungsort zu finden. Adou ist entschlossen, die Suche fortzusetzen: „Wir brauchen kein Mitleid, aber wir brauchen Respekt und die Möglichkeit, die afrikanische Kultur und Denkweise zu zeigen.“