Mülheim. In den sozialen Medien streitet Mülheim über den Ausbau der A 40. Anlass gibt eine Petition der Grünen Kathrin Rose. Nicht jeder ist begeistert.

Heiß diskutiert wird aktuell der Vorstoß der Grünen Kathrin Rose gegen den sechsspurigen Ausbau der A 40. Die Kommunalpolitikerin, die nun auch als Mülheimer Direktkandidatin in den NRW-Landtag will, hat vor wenigen Tagen dazu eine Petition gestartet. 357 von 500 benötigten Unterschriften liegen vor. Doch dafür erntet sie in den sozialen Medien nicht nur Beifall, mancher gar scheint eine Gegen-Petition für den Ausbau zu erwägen...

Dabei wird dieser schon seit 2007 in Erwägung gezogen, seit wenigstens fünf Jahren auch ein Thema in Heißen, als klar wurde, dass die Erweiterung – damals noch in den Händen von Straßen.NRW – um zwei auf insgesamt sechs Spuren nicht nur den schon lang ersehnten Lärmschutz bringen würde. Sondern im Gegenzug manche Anwohner sogar einen Teil des Gartens kosten könnte.

Ausbau der A 40 gehörte unter Rot-Grün zum „Anti-Stau-Programm“

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Die IHK forderte den Ausbau bereits 2013 und warnte ansonsten vor einem „Verkehrskollaps“ im Jahr 2025 durch den Güterverkehr. Schon damals umstritten: Das Nadelöhr an der Stadtgrenze zu Essen, denn dort liegt die Autobahn in einem Graben. Ein Ausbau auf sechs Spuren wäre nur nach innen möglich und auf Kosten der interkommunalen U-Bahn-Linie U18.

Die Kritik der Landes-Grünen an den Verkehrsplänen des damaligen Ministeriums einer rot-grünen Regierung konzentrierte sich jedoch auf die Unterfinanzierung von Minister Groscheks „größtem Anti-Stau-Programm“. Dass Roses Petition nun kommt, da rund ein Jahrzehnt später die konkreten Planunterlagen durch die Autobahn GmbH öffentlich vorgelegt worden sind, ist ein Anlass. Der andere: Im Mai sind Landtagswahlen in NRW. Doch eignet sich das Thema, an dem Rot-Grün selbst beteiligt war, dafür?

Durch dieses Nadelöhr müssen sie alle: Der Essener „Trog“ beginnt an der Grenze zu Heißen und endet hinter dem Tunnel am Essener Hauptbahnhof. Auch ein Ausbau auf drei Spuren – wie er für die Abschnitte Mülheim-Heißen bis -Winkhausen gedacht ist, endete spätestens hier wieder auf zwei Spuren.
Durch dieses Nadelöhr müssen sie alle: Der Essener „Trog“ beginnt an der Grenze zu Heißen und endet hinter dem Tunnel am Essener Hauptbahnhof. Auch ein Ausbau auf drei Spuren – wie er für die Abschnitte Mülheim-Heißen bis -Winkhausen gedacht ist, endete spätestens hier wieder auf zwei Spuren. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Mülheimer reagieren auf Petition zwiegespalten

Zumindest in der Sache sind die Reaktionen zwiegespalten. „Dass es (der sechsspurige Ausbau) notwendig ist, keine Debatte. Anders herum kann ich den Öko-Quatsch nicht mehr hören. Wir brauchen realisierbare Lösungen, wie permanentes Homeoffice, um einen Großteil der Pendler von den Straßen zu bekommen“, wird User Philippe Percheur auf der Facebook-Seite „Du weißt, dass du aus Mülheim kommst“ deutlich.

Auch Dorothea Diercks findet „den Ausbau richtig“. „Wer als Pendler tagtäglich im Stau steht, hat da eine andere Ansicht.“ Und mancher macht den zunehmenden Autoverkehr an anderen Defiziten fest: am auch in Mülheim stattfindenden Abbau des Nahverkehrs. „Hier wird seit Jahrzehnten z.B. vom barrierefreien ÖPNV geredet, aber viel zu wenig geschieht, wem nützen Aufzüge, die monatelang defekt sind“, schildert User Ulrich Kleist. „Da nehme ich doch lieber mein Auto!“

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Kritik am unattraktiven Ausbau – auch in Mülheim wird an ihm gespart

Der ÖPNV ist unattraktiv, dauert oft zu lang und hat besonders in den Randzeiten zu viele Leerfahrten – und ist daher nicht wirksam für den Klimaschutz, argumentieren User wie Dieter Brandt. Dagegen setzt Hartmut Höer auf alternative Energien: „In ein paar Jahren fahren wir mit Wasserstoff klimaneutral. Die Infrastruktur muss sich auch ändern für immer mehr Autos.“ „Würde eher für den Ausbau unterschreiben“, sagt User Mark Us Vo.

Auch in Mülheim arbeiten die Grünen in der Koalition daran, zwei Millionen Euro im Nahverkehr einzusparen und gleichzeitig das Angebot attraktiv zu halten. Ob die Gratwanderung gelingt, muss der noch nicht beschlossene neue Nahverkehrsplan erst noch unter Beweis stellen. Von dem notwendigen Ausbau der Auto-Alternative aber ist man in Mülheim weiter entfernt denn je.

Die Gegner des Ausbaus befürchten: Mehr Spuren – mehr Autoverkehr

Doch es gibt auch etliche Petitionsbefürworter wie User Björn Uhlig: „Induzierter Verkehr. Mehr Fläche – mehr Autos“, gibt er zu bedenken. Reagiert man mit noch mehr Fläche, lande man in einem „Teufelskreis“. „In Essen ist eh Feierabend und es wurde nix gewonnen.“

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Die meisten Ausbaugegner findet man freilich auf der Petitionsseite: „Ich wohne direkt neben der A 40“, schreibt Silke Reckert auf Change.org, „noch mehr Verkehr, Lärm und Abgase sind für mich nicht tragbar“. Und Tina Hammacher findet, „der öffentliche Nahverkehr und die Fahrradwege müssen in Zeiten der Klimakrise ausgebaut werden und nicht die Autobahnen“.

User René Franzkowiak schlägt auf Facebook einen Kompromiss vor: „Wie wär es mit Ausbauen und wenn es in den kommenden Jahren möglich ist, die Leute eher aufs Rad zu bewegen, einfach ein Teil der Autobahn in einen Radweg umwandeln. Mal über den Tellerrand gucken.“

INFO: Hier geht’s zu Petition

Auf der Seite Change.org hat Kathrin Rose die Petition „Nein zum sechsspurigen Ausbau der A 40 in Mülheim an der Ruhr“ gestartet. 357 Menschen hatten dort bis Sonntagmittag unterschrieben.

500 Unterschriften sind notwendig, um die Petition in den Empfehlungen zu listen.