Mülheim. . Ein paar Tage lang war es wegen der Sperrung der A40 in Mülheim-Heißen nur halb so laut wie sonst. Den anstehenden Ausbau sieht mancher kritisch.

  • Die halbseitige Sperrung der A40 hat Anwohnern gezeigt, was weniger Verkehr an Lebensqualität bringt
  • Am liebsten wäre es manchen, wenn man die A40 überdachen würde, wie es in Essen diskutiert wird
  • Andere fordern,dass man auf der Heißener Strecke über ein Tempolimit auf 60 Km/h nachdenkt

Der Stadtteil Mülheim-Heißen blickt mit gemischten Gefühlen auf den geplanten sechsspurigen Ausbau der A40 von Essen-Frohnhausen bis Duisburg-Kaiserberg: Denn mehr Spuren, so befürchten manche, entlasten in der Regel nur kurzfristig, bevor dem Angebot die Nachfrage folgt. Und das bedeutet mehr Autos, mehr LKW und vor allem mehr Schadstoffe und Lärm.

Der Ruf nach einem Tempolimit oder sogar einer Überdachung wird laut. Denn die halbseitige Sperrung der A40 zwischen Essen-Zentrum und Mülheim-Heißen just am Wochenende hat manchen Anwohnern gezeigt, was weniger Verkehr an Lebensqualität bringen kann. „Achtung, jetzt hört man sogar den Wind“, hebt ein Anwohner, der namentlich nicht genannt werden möchte, bedeutsam den Zeigefinger. In seinem Garten am Postreitweg, jene Straße, an der die Autobahn messerscharf entlang rasiert, kommt das nicht gerade häufig vor.

Gut 90.000 Fahrzeuge am Tag

Direkt hinter seinem schönen gut 300 Quadratmeter großen Gartenidyll steigt schon der Damm an, auf dem aufgebockt der Ruhrschnellweg führt. Dichtes Grün kaschiert den Damm und die graue Lärmschutzmauer, die zumindest die Spitzenlautstärken auf ein konstantes Rauschen herunterschneidet. Dass einen Steinwurf entfernt die Verkehrsschlagader des Ruhrgebiets mit laut Straßen NRW gut 90 000 Fahrzeugen am Tag entlangführt, ist manchmal kaum zu glauben.

Drei Tage lang war es am Postreitweg nur halb so laut wie sonst.
Drei Tage lang war es am Postreitweg nur halb so laut wie sonst. © Michael Dahlke

Die Heißener Siedlung ist deshalb ein Sinnbild für die gelebten Widersprüche aus grüner Oase und Großstadtgeknatter. Wer hier Jahrzehnte lang bleibt – und das sind in der Siedlung nicht wenige – hat sich mit dem urbanen Sound arrangiert. „Ich nehme den eigentlich nicht mehr bewusst wahr“, meint Jörg Huppekothen, der seit 40 Jahren hier lebt. Außer im Urlaub fern der A40. Dann fehlt irgendwie das Rauschen beim Einschlafen – „der Background“, sagt der Heißener.

Auch eine Nachbarin, kennt’s nicht anders. Vor 40 Jahren kaufte sie das Haus, „der Preis war gut, das bekommt man am Uhlenhorst nicht“, sagt sie. Die Fenster sind lärmisoliert, denn nachts kann man sonst nur schlecht einschlafen. Im Wintergarten aber ist man tagsüber so gut wie an der frischen Luft. Ein Kompromiss. Im Sommer sitzt man dennoch im offenen Garten – „der Flüsterasphalt hat schon weniger Lärm gebracht“, lobt die Anwohnerin. Am liebsten wäre es ihr, wenn man die A40 überdachen würde, wie es derzeit wieder für Anschlussstellen Frohnhausen und Holsterhausen diskutiert wird.

Die Geschichte der Autobahn

Denn die Geschichte der A40 ist auch eine des ständig zunehmenden Verkehrs. 1967 baute man den parallelen Radweg zur damaligen Bundesstraße 1 zugunsten des Autoverkehrs zurück. Gerade einmal 20 Jahre später und nach mehreren Erweiterungen, befürchtete man den Kollaps. Aus der B1 wurde 1992 aus mehreren Teilstrecken schließlich eine einheitliche A40. Auch das reicht inzwischen wohl nicht mehr: Bis 2030 soll der Mülheimer Bereich bis Kaiserberg sechsspurig werden. Schon im nächsten Jahr 2018 soll das Planfeststellungsverfahren für den Ausbau beginnen.

Lärmdebatte beim Frühstück

Manche Anwohner sehen die Entwicklung kritisch, „mehr Spuren fördern noch mehr Autoverkehr, das kann nicht die Lösung sein“, glauben sie. Zumal die sechs Spuren an der Essener Stadtgrenze wieder auf vier zusammengeführt werden müssen. Am Frühstückstisch am Samstagmorgen haben einige noch darüber diskutiert, weil es so schön leise war – verhältnismäßig.

Ginge es nach einer jungen, ökobewussten Familie sollte sich die Verkehrspolitik verändern. „Vor allem der LKW-Verkehr belastet am meisten, warum verlegt man ihn nicht auf die Schiene?“, fragt ein Heißener. Sein Vorschlag: „Wenn die A40 weiter ausgebaut wird, sollte man auf dieser Strecke über ein Tempolimit auf 60 Km/h nachdenken, ähnlich, wie man es in Dortmund gemacht hat, wo die A40 zur Stadtautobahn wird.“