Mülheim. Die diesjährige Benefiz-Aktion von WAZ und NRZ in Mülheim kommt dem Mülheimer Arbeitslosenzentrum zugute. Was seine Arbeit so wertvoll macht.
Sein Klientel hat kaum eine Lobby, braucht mannigfaltige Unterstützung und ist während der Corona-Krise gar noch gewachsen. Trotzdem bangt das Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) um seine Existenz. Dem Verein, der hinter dem Beratungszentrum steht – und vor allem den Menschen, die er betreut – soll daher der Erlös unserer diesjährigen Benefiz-Aktion Jolanthe zugute kommen.
Auch wenn zu unserem Bedauern wegen Corona zum zweiten Mal in Folge kein Neujährchen am Wasserbahnhof gefeiert werden kann, so will Jolanthe trotzdem Gutes tun. Daher sammeln wir auch in diesem Jahr wieder Spenden und stellen bei einem Losverkauf zahlreiche attraktive Preise zur Verfügung. Mit dem Erlös der diesjährigen Benefiz-Aktion wollen wir das Mülheimer Arbeitslosenzentrum (Malz) unterstützen.
Beraterin ist gute Seele des Mülheimer Arbeitslosenzentrums
Gabi Spitmann ist so etwas wie die gute Seele von Malz, seit Jahrzehnten hat sie ein offenes Ohr für die Klientinnen und Klienten, die das Arbeitslosenzentrum aufsuchen. Die Menschen, die zu ihr kommen, sagt Gabi Spitmann, stehen zumeist weit unten, leben am Existenzminimum, sind Alleinerziehende, so genannte Aufstocker oder im Alter auf Grundsicherung angewiesen.
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Sie hat die Schlecker-Frauen beraten und kennt die Wissoll-Mitarbeiterinnen, erzählt Gabi Spitmann aus ihrer langjährigen Beratungstätigkeit. Inzwischen aber – auch das eine Folge der Pandemie – kommen neben Beschäftigten aus der Gastronomie auch Architekten, Rechtsanwälte oder Balletttänzerinnen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. „Viele von denen hatten noch nie in ihrem Erwerbsleben mit dem Arbeitsamt zu tun oder wissen gar nicht, was Kurzarbeit bedeutet“, hat Spitmann während der Corona-Monate erfahren.
Menschen kommen zu „Malz“, wenn das Geld hinten und vorne nicht mehr reicht
Hinzu kommen langzeiterkrankte Menschen, deren Krankengeld nicht ausreicht oder bereits ausgelaufen ist, Geflüchtete, die nicht nur mit den Hürden der Sprache kämpfen oder ältere Paare, bei denen die Rente nicht reicht. „Wir thematisieren auch, ob ein Gang zur Tafel helfen könnte“, legt die Beraterin dar und erklärt: „Hier müssen die Menschen wirklich alles offen legen. Wer macht das schon gerne?“ Und dennoch ist es ihr größtes Anliegen, dass die Klienten die Beratungsstelle mit einem positiveren Gefühl verlassen – „wenn wir wenigstens einmal gelacht haben, ist schon viel gewonnen.“
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Schicksale sind es, die Spitmann betreut, keine Fälle – zumindest nicht für sie. „Die Menschen, die herkommen, haben überhaupt kein Selbstwertgefühl mehr. Die werden woanders nicht mal mehr mit ihrem Namen angeredet“, sagt die 62-Jährige. Manche Mutter wolle vor ihrem Kind verheimlichen, dass sie aufstocken müsse, in der Schule solle bloß nicht bekannt werden, unter welchen prekären Verhältnissen die Familie lebt.
Fortbestehen des Arbeitslosenzentrums ist akut gefährdet
Gabi Spitmann bekommt in ihren Gesprächen so viel mehr mit als nur den aktuellen Kontoauszug oder die letzte Mahnung, erfährt die Not jenseits des Materiellen, das doch in so viele Bereich einwirkt. „Die Menschen brauchen umfassende Beratung, auf vielen Gebieten“, weiß sie. Rund 1400 Beratungen finden jährlich bei Malz statt, hinzu kommen etwa 1000 telefonische Kurzberatungen.
Mitmachen bei der Jolanthe-Aktion
Die Lose für die Jolanthe-Aktion – diesmal zugunsten des Mülheimer Arbeitslosenzentrums – sind in diesem Jahr ab sofort erhältlich bei der Tourist-Info der MST im Stadt-Quartier an der Schollenstraße 1. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr.
Zu gewinnen gibt es etwa einen Reisegutschein im Wert von 300 Euro, das Gemälde „Stadtportrait Mülheim“, unser-Buch mit 700 Titelseiten aus 70 Jahren, den Bildband „Ruhrgebiet bei Nacht von oben“ sowie einen Präsentkorb „Pottküche“.
Wer mag, kann auch spenden: Spendenkonto bei der Sparkasse Mülheim, DE05 3625 0000 0175 0342 77, Stichwort: Jolanthe.
Doch das Fortbestehen des Arbeitslosenzentrums, das bereits seit 35 Jahren besteht und damit nach eigenen Angaben zu den ältesten Beratungsstellen dieser Art in NRW zählt, ist akut gefährdet. Vor rund einem Jahr kappte die Landesregierung die Zuschüsse aus dem Europäischen Sozialfonds, mit dem aktuellen Haushalt hat auch die Stadt ihre Unterstützung eingestellt. Gespräche über eine Fortsetzung hat es gegeben, doch vergebens. „Vorher sind wir zu 80 Prozent aus dem Europäischen Sozialfonds gefördert worden und zu 20 Prozent von der Stadt. Jetzt erhalten wir keinerlei Fördermittel mehr“, skizziert Annette Lostermann-De Nil, erste Vorsitzende des Malz e.V., die wirtschaftliche Situation.
Vereinseinnahmen und Spenden reichen derzeit nicht, um das Angebot zu erhalten
Zwar seien sie ein Verein, aber diejenigen, die Mitglied werden – oft aus Dankbarkeit für die Beratung – können nicht viel beitragen zur Vereinskasse. Rund 500 Euro Vereinseinnahmen erzielen sie von ihren rund 150 Mitgliedern im Jahr, hinzukämen rund 1000 Euro Spenden, rechnet Gabi Spitmann vor. Das reicht hinten und vorne nicht, um die Räume, in denen die Beratungsgespräche stattfinden, weiterhin im Gewerkschaftshaus an der Friedrichstraße anmieten zu können oder um Gabi Spitmann als einzige hauptamtliche Mitarbeiterin weiter beschäftigen zu können.
Nun also ringen der Trägerverein von Malz und die gute Seele Gabi Spitmann selbst um ihre Existenz, um auch in Zukunft denjenigen eine Hand reichen zu können, die ansonsten in der Gesellschaft oft übersehen werden. Jolanthe möchte dazu beitragen, dass das Angebot erhalten bleibt – damit Arbeitslose nicht untergehen.
Kontakt zum Mülheimer Arbeitslosenzentrum unter 0208/32 521 oder: 0208/32 627 sowie per E-Mail an: arbeitslosenzentrum@gmx.de