Mülheim. . Der Erfolg eines Schülers hängt auch davon ab, wie stark ihn die Eltern unterstützen und motivieren. Schulen suchen vermehrt das Gespräch.
Wie können wir mit Eltern ins Gespräch kommen? Und zwar mit allen? Wie können wir echtes Interesse wecken am Bildungsweg der Kinder? Und vielleicht sogar Mitarbeit bewirken? Lehrer und Erzieher treiben diese Fragen um. Sie wissen: Ohne tägliche Unterstützung, ohne motivierenden Beistand, haben die Kinder es schwerer. Mit dem Thema bleiben Schulen und Kitas in Mülheim nicht allein. Seit 2009 bringen sich die Bildungsnetzwerke in Eppinghofen, Styrum und der Innenstadt ein. Seit 2016 mischt auch das Bildungsbüro mit, arbeitet im Rahmen eines Ruhrfutur-Projekts eng mit drei Grundschulen zusammen. Was man erreicht hat? Davon berichteten Akteure am Mittwoch bei einer Bildungskonferenz in der Stadthalle.
Mit frischem Kaffee und einem gemütlichen Sofa empfängt die Grundschule am Dichterviertel die Väter und Mütter ihrer Schüler. In ungezwungener Atmosphäre, also nicht gerade beim Elternsprechtag, will man mit den Erziehungsberechtigten in Kontakt treten. Elterncafés, Sport-Aktionstage oder auch nur ein fröhliches Guten Morgen, verknüpft mit der Frage nach dem Wohlbefinden, können Berührungsängste abbauen, der Einstieg in ein vertrauensvolles Miteinander sein, so Kathrin Grollmann, Leiterin der Astrid-Lindgren-Schule. Für einige Eltern sei Austausch alles andere als normal, „dabei brauchen wir ihre Hilfe“.
Dümptener Grundschule schreibt „Lindgrens Post“
Die Gründe für eine gleichgültige, gar negative Einstellung seien vielfältig: „Manche kommen aus einem Kulturkreis, in dem klar ist, dass Lehrer sich um alle Probleme kümmern. Manche haben selbst schlechte Schulerfahrungen gemacht.“
Die Dümptener Grundschule richtet sich auch via „Lindgrens Post“ an die Väter und Mütter. In einem hübsch gestalteten Postordner finden die Eltern hilfreiche Unterlagen: Infos zum Schulalltag, Allergie-Abfragen, vorformulierte Entschuldigungsschreiben, Infos zur Sicherheit im Sportunterricht. . . Ideen, die nicht gänzlich neu sind. Nun aber auf einem systematischen, intensiven Denkprozess beruhen, bei dem sich die Lehrer vor allem auch mit Grundsätzlichem wie ihrer Haltung auseinandergesetzt haben, betont Schuldezernent Ulrich Ernst.
„Am Ziel sind wir noch lange nicht“
„Jede Schule beantwortet die Frage nach dem besten Weg der Kommunikation individuell, je nach Elternschaft“, weiß Maik Becker von der Bildungsinitiative Ruhrfutur, die Grollmanns Schule ebenso wie die Gemeinschaftgrundschule Styrum und die Grundschule am Dichterviertel im Rahmen des Projekts „Eltern und Schulen – gemeinsam stark“ finanziell unterstützt. Jede Einrichtung schlage eigene Pfade ein, sagt auch Grollmann, doch man wolle sich austauschen und als Multiplikator für andere dienen. „Am Ziel sind wir noch lange nicht.“
Das sieht Prof. Dr. Heiner Barz ähnlich, wenngleich er voll des Lobes ist. Der Bildungsforscher der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf hat das Ruhrfutur-Projekt begleitet und herausgefunden: „In Mülheim ist Elternkooperation schon gelebte Praxis, hier gibt es eine Willkommenskultur.“ Erfreulich viele seien beteiligt, „vom Schulsozialarbeiter bis hin zum Beigeordneten“. Man mache nicht alles anders, „aber mit neuem Schwung“, sei Vorreiter für andere Kommunen. Doch Wermutstropfen gebe es eben auch: „Vielfach fehlt es an Stellen für Sozialarbeiter.“ So müssten vor allem die Schulleiter viel Zeit in das außerschulische Projekt stecken. „Und leider haben die Schulen auch kein eigenes Budget, um etwa Honorarkräfte zu beschäftigen.“ Laut Barz würde sich jeder Euro mehr lohnen: für erfolgreiche Bildungskarrieren.
>> RUND 200 INTERESSIERTE BEI DER KONFERENZ
An der Bildungskonferenz nahmen Vertreter vom Schulministerium, der Bezirksregierung und von Ruhrfutur, aus der Stadtverwaltung, den Schulen und Kitas sowie der Jugendhilfe teil. Auch Schulsozialarbeiter waren anwesend, ebenso einige Eltern und Mitglieder so genannter Migranten-Selbstorganisationen.
Laut Bildungsbüro kamen rund 200 Teilnehmer in die Stadthalle.