Mülheim. Er ist Geschäftsführer zweier Mülheimer Unternehmen, hat vier Kinder und etliche Ehrenämter. Wie das zusammenpasst, erklärt Gerd Kleemeyer.

Er tut es für andere, für die Gesellschaft, um es seinen Kindern und seinen Mitarbeitern vorzuleben – und letztlich auch für sich selbst, sagt Gerd Kleemeyer, Geschäftsführer von Gera Chemie und Klemafol GmbH. Der 57-Jährige engagiert sich in verschiedenen Bereichen ehrenamtlich und nimmt aus jedem Engagement Impulse mit, beschreibt er seinen Antrieb. Als Mülheimer Mittelständler hat Kleemeyer dabei die Wirtschaft vor Ort im Blick – und sieht für Mülheim durchaus Perspektiven.

Ehrenamt und Wirtschaft – passt das zusammen? Für Gerd Kleemeyer unbedingt. Das Ehrenamt hat viele Gesichter – bei Gerd Kleemeyer ist es das Engagement bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ruhr, wo er ein Mandat in der Vollversammlung hat und im Präsidium sitzt. Zudem ist Kleemeyer Mitglied im Regionalbeirat der AOK Ruhrgebiet sowie Vorstandsmitglied im Netzwerk Zenit e. V. und Ehrenamtlicher Richter am Landesarbeitsarbeitsgericht Düsseldorf. „Mich reizen andere Perspektiven“, sagt der gebürtige Bremer, der seit rund 20 Jahren im Ruhrgebiet lebt.

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Als Angestellter eines Konzerns konnte er seine Ideen nicht wie gewünscht umsetzen

Ein Ehrenamt zu bekleiden, finde er fruchtbarer als Golf zu spielen, überspitzt der 57-Jährige schmunzelnd seine Motivation. Beim Wort genommen werden will er allerdings, wenn er sagt: „Leistungsvermögen bedeutet auch Verantwortung.“ Durch sein ehrenamtliches Engagement möchte Kleemeyer auch etwas „von dem Glück zurückgeben, das mir widerfahren ist“, wie er es ausdrückt. Gelernter Kaufmann ist er, hat in den Jahren des Strickbooms bei Wollsiegel gearbeitet, war damals etwa in Australien unterwegs. Später war er bei einem Konzern in Bayern unter Vertrag. Nicht das Umfeld, sagt er rückblickend, in dem er seine Ideen umsetzen konnte. Dann also lieber die Selbstständigkeit. Ganz bewusst habe er nach Unternehmen gesucht, die einen Nachfolger suchten. So landete er im Ruhrgebiet.

Die Zeit für seine etlichen Ehrenämter könne er sich nehmen, sagt der Geschäftsführer von Gera Chemie und Klemafol GmbH, weil er seine Unternehmen so organisiert hat, dass seine knapp 20 Mitarbeiter die ihnen zugeordneten Bereiche recht autonom betreuen. Die Eigenverantwortlichkeit gebe seinen Angestellten einen regelrechten Motivationsschub, mache jeden einzelnen Stolz auf das Geleistete. „Man gewinnt so viel durch Vertrauen“, hat Kleemeyer die Erfahrung gemacht. Sein Team setze sich auch aus Mitarbeitern zusammen, die „auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht unbedingt die besten Chance hätten“, wie Klemeyer manchen schwierigen Lebenslauf umschreibt. „Denen nehme ich mich gerne an.“ Denn auch hier gelte: Wer eigenverantwortlich arbeitet, ist loyal und bereit zu leisten. Im Gegenzug vermittelt er seiner Mannschaft: „Hier könnt ihr bis zur Rente bleiben.“

Mülheimer Kleemeyer pflegt in seinen Firmen wertschätzende Art des Miteinanders

Zu Beginn seiner Selbstständigkeit, als er 2001 die Firma Gera Chemie – damals noch in Oberhausen ansässig – übernommen hat, sei diese sehr hierarchisch geführt gewesen. Aus gutem Grund, entstammten die Gründer doch der Kriegsgeneration. So aber habe er nicht führen wollen und sich gefragt: „Wie will ich mit Menschen umgehen?“ Schnell sei ihm klar geworden, dass es vor allem eins ist, was er will: „Ich möchte loyale Beschäftigte.“ Solche, die etwa auch ihre Urlaubsplanung selbst regeln und von sich aus entscheiden, länger zu arbeiten, wenn ein Auftrag fertig werden muss. Die wertschätzende Art des Miteinanders befördere die Loyalität. „Dadurch gewinne ich Zeit für die Ehrenämter.“ Und die Mitarbeiter schauten hin und überlegten: Warum macht der Chef das eigentlich mit den Ehrenämtern...

Die durchaus recht verschieden sind: An der Mitarbeit im Beirat der AOK reizt Kleemeyer, dass er dadurch Einblicke in die Gesundheitspolitik auf lokaler Ebene erhält, als Vorstandsmitglied im Verein Netzwerk, der dem Zentrum für Innovation und Technik in Nordrhein-Westfalen (Zenit) angeschlossen ist, hat der Mülheimer vor allem technologische und wirtschaftliche Zukunftsthemen im Blick, dort gehe es auch darum, Start-ups einzubinden. „Da bin ich am Puls der Zeit“, sagt der Hobby-Musiker.

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Als Ehrenamtlicher Richter bringt er die Sichtweise aus dem Berufsleben ein

Zukunft und Entwicklung des Arbeitslebens hat der Geschäftsführer auch bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit bei der IHK Ruhr im Fokus. „Wie entwickeln sich Arbeit und Wirtschaft – gerade auch vor dem Hintergrund der Pandemie“, skizziert Kleemeyer eine Fragestellung, die ihn umtreibt, wenn er für die IHK, die 53.000 Betriebe in der Region vertritt, im Boot sitzt. Als Ehrenamtlicher Richter am Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist er derjenige, der die Sichtweise aus dem Berufsleben einbringt sowie die fachliche Expertise. „Seitdem ich diese Aufgabe übernommen habe, hatte ich nie wieder Probleme mit meinen Mitarbeitern.“ Die Einblicke, die er in den Prozessen gewinne, helfen ihm, andere Perspektiven einzunehmen.

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Perspektiven erkenne er auch für die Wirtschaft in Mülheim, sagt Kleemeyer. Nach der langwierigen Diskussion über Gewerbeflächen sei die geplante Entwicklung von 45 Hektar Fläche Industriebrachen an der Friedrich-Ebert-Straße hin zu Gewerbeflächen ein überaus positives Signal.

Wandel der Arbeitswelt durch die Auswirkungen der Pandemie

Zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Arbeitswelt, sagt der Chef von Gera Chemie und Klemafol, dass dadurch so manches Türchen geöffnet worden sei für neue Arbeitsweisen. „Toll, dass große Betriebe Vertrauen in ihre Mitarbeiter gewonnen haben. Jetzt kann jemand in München oder Berlin leben und trotzdem für das Unternehmen in der anderen Stadt arbeiten.“

Fürsorge zu übernehmen, sich einzusetzen und sich um andere zu kümmern, ist oberster Maßstab für den 57-Jährigen, der mit seiner Familie in Broich lebt. Sein jüngster Sohn hat gerade das Abitur in der Tasche, erzählt Kleemeyer. Auch seinen Kindern möchte er vorleben, dass es sich lohnt, sich zu engagieren – fernab von Ziffern auf dem Kontoauszug.