Mülheim. Es wird deutlich voller an Mülheims Schulen; schon bald werden weitere Klassenzimmer gebraucht. Was das für einzelne Schulstandorte heißen kann.

Die Schülerzahlen in Mülheim steigen kontinuierlich, immer mehr Mädchen und Jungen drängen in den kommenden Jahren auf die Schulbänke. Um der Situation Herr zu werden, schreibt die Verwaltung ihren Bildungs- und Schulentwicklungsplan fort. Unterstützt wird sie dabei von Vertretern der Schulen und der Politik sowie vom sozialwissenschaftlichen Beratungsunternehmen Gebit aus Münster. Der Geschäftsführer, Dr. Friedrich-Wilhelm Meyer, legte im Bildungsausschuss nun erste Zahlen vor. Sie zeigen: Es bedarf dringend weiterer Klassenräume, sonst geht die Rechnung nicht auf.

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Eng wird es in Kürze zum Beispiel im Bereich Stadtmitte, wo es aktuell sechs Grundschulen gibt. 17 Züge sind dort derzeit eingerichtet. An der GGS Trooststraße sind es beispielsweise zwei: Die Klassen 1a, 2a, 3a und 4a bilden den ersten Zug, die Klassen 1b, 2b, 3b und 4b den zweiten. Laut Erhebung der Gebit fehlt in Stadtmitte in naher Zukunft mindestens ein Zug, in Spitzenzeiten werden es sogar zwei sein. Problem dabei: Mal eben einrichten lassen sich diese Züge nicht. Viele Schulen haben schon jetzt Platzprobleme.

Morgens könnten die Klassenzimmer als Schul-, mittags als Betreuungsort dienen

Meyers Team, das seit September 2020 mit den Mülheimer Zahlen beschäftigt ist, schlägt vor, einige der überzähligen Schüler aus Stadtmitte an der GGS Zunftmeisterstraße unterzubringen. Denkbar sei auch eine Erweiterung der GGS Heinrichstraße. Wolle man zudem an der Grundschule am Dichterviertel und vielleicht an der Hölterschule weitere Kinder unterbringen, müsse fraglos räumlich erweitert werden. Inwieweit das passt zu den Ausbauplänen hinsichtlich des in wenigen Jahren bestehenden Anspruchs auf einen OGS-Platz für jedes Kind, müsse geprüft werden. Möglicherweise gebe es Synergieeffekte: Morgens dient das Klassenzimmer als Schul-, nachmittags als Betreuungsort.

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Die Experten aus Münster haben in den vergangenen Monaten Geburtenzahlen ausgewertet und sich die Bevölkerungsprognose angesehen. Sie haben Bemerkenswertes herausgefunden: Waren es im Schuljahr 2016/17 noch 1442 Erstklässler, werden es 2022/23 schon 1717 sein – fast 300 Kinder mehr. Nach den diesjährigen Sommerferien werden 1565 I-Dötze an den Mülheimer Schulen erwartet. Bis zum Schuljahr 29/30 pendeln sich die Zahlen dann bei jährlich zwischen 1600 und knapp 1700 Neuankömmlingen ein.

Heißen, Styrum und Saarn stehen gut da

Für den Stadtteil Heißen stellt die Prognose kein Problem dar, glauben die Experten der Gebit. „Die zwei Grundschulen und ihre Zügigkeit reichen aus“, sagt Meyer. Gleiches gelte für Styrum; die beiden Schulen seien „gut aufgestellt für die Entwicklung“.

Auch in Saarn mit seinen drei Grundschulen sei „die aktuelle Zügigkeit perspektivisch ausreichend“. Über im Zuge des OGS-Ausbaus geschaffenen Raum könne man an der GGS am Krähenbüschken eventuell weitere Schulkinder unterbekommen. Im Blick behalten müsse die Verwaltung die Entwicklung des Baugebiets „Lindgens-Areal“. Dort sollen bis zu 300 neue Wohnungen entstehen – was klar Auswirkungen auf die Zahl der Kinder im Stadtteil haben dürfte.

Problematisch wird es in Dümpten

Problematisch wird es in Dümpten: Die fünf Grundschulen erwarten einen Ansturm. Aus aktuell 13 Zügen müssen 15 werden. Die Gebit empfiehlt die Erweiterung der Grundschule am Steigerweg; darüber hinaus werde es Erleichterung geben, sobald die Barbaraschule die Räume der benachbarten Kita Sternenzauber nutzen kann. Dort könne möglicherweise ein neuer Zug eingerichtet werden, sagt Meyer. Die Astrid-Lindgren-Schule solle künftig immer dreizügig fahren; zuvor aber müssen noch Räume, die aktuell für die Betreuung genutzt werden, umgebaut werden.

Auch im Bereich Broich/Speldorf mit vier Grundschulen gibt es Handlungsbedarf: Aktuell existieren dort 13 Züge, nach Berechnungen der Gebit werden bald 14 Züge benötigt. Meyer hält es für möglich, „den Mehrbedarf an der Katharinenschule zu realisieren“.

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Über generelle Raumstandards ausgetauscht und die Ist-Situation analysiert

Die Gebit hat die Schülerzahlen analysiert und mit Schulleitungen gesprochen, um die Besonderheiten der Standorte kennenzulernen. Sie hat sich mit den Beteiligten auf generelle Raumstandards geeinigt und ausgewertet, wie’s tatsächlich um die Raumsituation an den Grundschulen bestellt ist.

Auch auf die weiterführenden Schulen hat das Unternehmen bereits geschaut, will dies in den kommenden Wochen aber noch genauer tun. Logischerweise werden auch dort die Schülerzahlen wachsen: Im Schuljahr 2026/27 werden die Erstklässler des Jahrgangs 2022/23 anlanden – und es wird voll werden. 744 Schüler und Schülerinnen werden dann voraussichtlich aufs Gymnasium gehen (nach den diesjährigen Ferien werden es 666 sein), 533 auf die Gesamtschule (452), 448 auf die Realschule (386) und 50 auf die Hauptschule (41).

Der Stadt steht ein langwieriges Verfahren bevor

Was aus all den Zahlen und Erwägungen erwächst, was in der klammen Stadt überhaupt umsetzbar ist und wo genau gebaut werden könnte – all das ist im aktuellen Planungsstadium noch unklar. Es ist ein langwieriges Verfahren, das der Stadt bevorsteht.

Beratung, Qualifikation und Softwareentwicklung

Hinter dem Kürzel des Münsteraner Unternehmens „Gebit“ verbirgt sich die „Gesellschaft für Beratung sozialer Innovation und Informationstechnologie Münster GmbH & Co. KG“. Das sozialwissenschaftliche Beratungsunternehmen wurde 1989 gegründet. Geschäftsführer sind Dr. Friedrich-Wilhelm Meyer und Malte Meyer.

Laut der Homepage liegen die Schwerpunkte der Gebit in der Beratung, Qualifikation und Softwareentwicklung für öffentliche Verwaltungen und freie Träger der Wohlfahrtspflege. Unter anderem sind dort Sozial-, Erziehungs-, Kommu­nikations-, Informations- und Ver­waltungswissenschaftler beschäftigt, zudem Sozialpädagogen, Betriebswirte, Sozial­geografen und Informatiker.

Die Gebit hat sich bereits in vielen Kommunen mit Schulentwicklungsplanung beschäftigt: darunter etwa im Kreis Viersen und im Kreis Gütersloh, in Bad Oeynhausen, Detmold, Emmerich, Hamm und Schwerte.

Der Bildungsausschuss hat die Verwaltung nun immerhin damit beauftragt, Gespräche mit dem Immobilienservice aufzunehmen, um auszuloten, was generell denkbar ist. In einem nächsten Schritt geht es dann um die so genannte Maßnahmenplanung, die schon konkreter ist – und erst danach um echte Baubeschlüsse.

Dass Schulentwicklung zeitaufwendig sein kann, zeigt auch ein Blick nach Styrum: Die aktuellen Bauarbeiten an der Brüder-Grimm-Schule stammen aus der Maßnahmenplanung 2011/12. Damals ging man übrigens noch davon aus, dass die Schülerzahlen drastisch abnehmen werden und veranlasste Schulschließungen. Ein Schritt, den man nun gern zurückgehen würde.