Mülheim. Im Mülheimer Bildungsausschuss sprach sich der Chef des Immobilien-Service gegen aktuelle Filtergeräte aus. Sie könnten sogar zur Gefahr werden.
Auch wenn der Bund angekündigt hat, den Einbau von Filtergeräten in Klassenzimmern fördern zu wollen, hält sich die Begeisterung in der Mülheimer Stadtverwaltung für eine flächendeckende Ausstattung der fast 400 in Frage kommenden Räume in Grenzen. Das wurde jetzt im Bildungsausschuss deutlich.
Frank Buchwald, Leiter des Immobilien-Service, hält den Nutzen der Geräte für minimal, manchmal gar für schädlich. Sie seien zudem sehr teuer. Im Kampf gegen die Corona-Pandemie ist für ihn Stoßlüften das Mittel der Wahl.
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„Ich kann nur davon abraten, die Filtergeräte einzubauen“, sagte Buchwald mehrfach unmissverständlich. Studien hätten gezeigt, dass die Filtermaschinen sogar kontraproduktiv sein könnten: Auf dem Weg der Luft hin zum Gerät bestehe die Gefahr, dass sich die gefürchteten Aerosole überhaupt erst im Klassenzimmer ausbreiten – „die Luft zieht dann nämlich erst recht an den Schülern vorbei“. Auch für Heiko Hendriks (CDU) ein gewichtiges Argument: „So kann etwas verteilt werden, was andernfalls vielleicht nicht verteilt worden wäre.“ Er verstehe die Zweifel am Nutzen nachträglich eingebauter Lüftungsgeräte; man müsse schon sehr genau hinschauen, ob sie Sinn machen. „Noch ist diese Frage nicht beantwortet.“
Der Bund möchte mit der Maßnahme vor allem junge Kinder schützen
Der Bund möchte mit der Maßnahme vor allem junge Kinder schützen, die – wenn überhaupt – erst als allerletztes geimpft werden können. Buchwald aber spricht von einer Investition in Höhe von zwei bis drei Millionen Euro pro Schule, die fällig würden bei der Installation einer komplett neuen Lüftungsanlage. Die Förderung helfe da nur wenig, denn die Stadt könne ihren Eigenanteil nicht aufbringen.
80.000 Euro für Reparaturarbeiten an Schul-Fenstern
Zu Beginn der Pandemie waren längst nicht alle Fenster an Mülheimer Schulen zum Stoßlüften geeignet. Manche ließen sich gar nicht öffnen, mussten ausgetauscht werden. Man habe dieses Problem zwischenzeitlich aber behoben, berichtete Frank Buchwald vom Immobilien-Service. Die Verwaltung habe dafür rund 80.000 Euro investiert.
Nun sei gewährleistet, dass tatsächlich überall ausreichend gelüftet werden könne, so Buchwald.
Man habe auch kaum Kapazitäten, um das Projekt umfänglich zu planen – und bis zur Fertigstellung könnten bis zu zwei Jahre ins Land gehen, fürchtet er. „Ich sehe uns noch keine Anlage einbauen“, so der Chef des Immobilien-Service, „und ich wäre auch vorsichtig, jetzt laut rauszuschreien, dass wir nach den Sommerferien schon Lüftungsgeräte in den Schulen haben.“ Zumal Preise und Lieferzeiten der Reiniger „derzeit jenseits von Gut und Böse“ lägen.
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Das traditionelle Stoßlüften sei vorzuziehen; „es hilft am allerbesten“. Richtig durchgeführt, senke es die entscheidenden Werte in der Raumluft schnell auf ein vertretbares Niveau ab. Und auch die Temperatur falle in der kurzen Zeit allerhöchstens um zwei Grad.
Noch sind keine Details bekannt, was genau der Bund fördern möchte
Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU) erinnerte die Diskussion an die anfänglich eher orientierungslose Debatte um die Tablets. Noch sind auch für die Luftreiniger keine Details bekannt. Es ist unklar, was genau der Bund fördern möchte und wie die Richtlinien formuliert sein werden. Der Schulträger wartet auf entsprechende Angaben. Sobald diese vorliegen, verspricht Buchholz, werde man das Angebot unter die Lupe nehmen, kritisch hinterfragen und sich mit Experten darüber austauschen. Denn: „Es gibt ja auch Fachleute, die sagen, dass die Geräte sehr wohl nützlich sind.“
Auch Frank Buchwald, der über den Deutschen Städtetag gut vernetzt ist, hat das Thema noch nicht aufgegeben. „Ich telefoniere quer durch Deutschland und informiere mich immer weiter, was es auf dem Markt alles gibt.“