Mülheim. Rund drei Monate sind es noch bis zur Kommunalwahl. Wir geben hier den Überblick, wie sich die Parteien in Mülheim personell aufgestellt haben.

Die Würfel für die Kommunalwahl am 13. September sind größtenteils gefallen. Die meisten Personalentscheidungen sind getroffen. Ein Überblick.

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Die OB-Frage. Die wesentlichen Entscheidungen sind getroffen, wenn auch einer sich noch ziert mit der Entscheidung, ob er noch einmal antreten wird: Nachdem seine SPD ihn nicht mehr wollte, lässt OB Ulrich Scholten immer noch offen, ob er als unabhängiger Kandidat antreten wird. Bis zum 16. Juli, 18 Uhr, müssen die Kandidaturen bei der Stadt angemeldet sein. Angenommen wird allenthalben ein spannendes Rennen. Die SPD geht mit Monika Griefahn ins Rennen, Mitbegründerin von Greenpeace Deutschland, Ex-Ministerin aus Niedersachsen und von 2002 bis 2009 Bundestagsabgeordnete.

Nachdem die gemeinsame Kandidatin von CDU und Grünen, Diane Jägers, aus gesundheitlichen Gründen im März ihre Rückzug verkündet hat, treten CDU und Grüne mit eigenen Kandidaten in den Wettbewerb: Für die CDU tritt Marc Buchholz an, der seit gut einem Jahr im Rathaus Dezernent für Bildung, Gesundheit, Jugend, Kultur, Soziales und Sport ist. Die Grünen haben Wilhelm Steitz nominiert, der bis zu seiner Pensionierung zuletzt stellvertretender Regierungspräsident in Köln war. Wohl ohne Chance, in die Stichwahl um das OB-Amt zu kommen, sind die Kandidaten der AfD (Alexander von Wrese), vom BAMH (Martin Fritz), der FDP (Amrei Debatin) und der Satirepartei „Die Partei“ (Andy Brings) sowie der Parteilose Jürgen Abeln.

Der SPD stehen noch umkämpfte Wahlen bevor

Zwei „alte Hasen“, die ihre kommunalpolitische Karriere beenden: Dieter Wiechering (SPD, links) und Wolfgang Michels (CDU), beide langjährige Fraktionsvorsitzende ihrer Parteien.
Zwei „alte Hasen“, die ihre kommunalpolitische Karriere beenden: Dieter Wiechering (SPD, links) und Wolfgang Michels (CDU), beide langjährige Fraktionsvorsitzende ihrer Parteien. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die SPD. Ihre Versammlung zur Nominierung ihrer Wahlkreisbewerber und zur Verabschiedung ihrer Reserveliste für den Stadtrat wird die SPD erst am 29. Juni abhalten, nachdem sie Mitte März wegen der Corona-Beschränkungen abgesagt werden musste. Fest steht schon, dass Fraktionschef Dieter Spliethoff künftig keine Rolle mehr spielen wird. Sein Ortsverein verweigerte ihm die Unterstützung für eine Wahlkreis-Kandidatur. Spliethoff hat daraufhin seinen Rückzug erklärt. Freiwillig nicht mehr kandidieren wird Spliethoffs Vorgänger, der langjährige Fraktionschef Dieter Wiechering.

Auch sonst geht das Gerangel in der SPD weiter. Von möglichen Kampfabstimmungen um Wahlkreis-Kandidaturen war die Rede, auch um die Plätze auf der Reserveliste dürfte hart gerungen werden. Nicht jeder der altgedienten Ratsmitglieder darf dort auf eine Absicherung setzen, ist das Lager um Parteichef Rodion Bakum doch darauf aus, mehr frisches Blut, vor allem auch mehr Frauen in die Fraktion zu bringen.

CDU setzt weitgehend auf ihr erfahrenes Personal

Die CDU. Die Union hat ihre Mannschaft stehen. Die Vorschläge von Ortsverbänden und Parteivorstand gingen bei der Aufstellungsversammlung jüngst glatt durch. Mit Ex-Fraktionschef Wolfgang Michels und Bürgermeisterin Ursula Schröder verabschieden sich zwei altgediente Kommunalpolitiker aus der aktiven Ratspolitik. Die Reserveliste führt die aktuelle Fraktionsvorsitzende Christina Küsters an, ein deutliches Zeichen. Die CDU will nach den drei Austritten während dieser Ratsperiode wieder mindestens 15 Mandate erringen.

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Insgesamt gibt es wenig Zeichen für personelle Veränderungen. Die aktuellen Ratsmitglieder genießen höchste Priorität bei der Absicherung ihrer Mandate – entweder über ihre Kandidatur in Wahlkreisen, die als CDU-Hochburgen gelten, oder über vordere Plätze auf der Reserveliste. Letzteres gilt etwa für Markus Püll, der auf Listenplatz zwei steht und so abgesichert werden soll, sollte er am Kahlenberg, wo die Grünen zuletzt bei der Europawahl triumphierten, sein Mandat nicht verteidigen können. Für eine Verjüngung der Fraktion können Marcel Helmchen und Max Oesterwind sorgen, die aussichtsreich in Saarner Wahlkreisen kandidieren.

Können die Grünen ihr historisches Hoch der EU-Wahl bestätigen?

Die Grünen. Die Grünen wittern nach ihrem historischen Hoch bei den Europawahlen, als sie mit knapp 23 Prozent als zweitstärkste Kraft hinter der CDU abschnitten, natürlich die Chance, mehr als die sechs Sitze im Stadtrat zu ergattern, die bei der Wahl 2014 heraussprangen. Zuzutrauen ist den Grünen gar, erstmals in Mülheim direkte Wahlkreismandate einzusammeln, etwa am Kahlenberg, wo Fraktionssprecher Tim Giesbert antritt.

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In der Ratsfraktion wird es auf jeden Fall neue Köpfe geben. Eva-Maria Weber taucht gar nicht in der Reserveliste auf, sie wollte mit ihrem Rückzug „der Jugend eine Chance geben“. Justin Fonkeu (Platz 12) und Hermann-Josef Stollen (Platz 14) finden sich dort nicht auf den vorderen Plätzen. Die Liste führen die aktuellen Fraktionssprecher Franziska Krumwiede-Steiner und Tim Giesbert an, gefolgt von Ratsfrau Brigitte Erd. Dahinter streben der junge Timo Spors, Daniela Grobe, Björn Maue, Britta Stalleicken, Axel Hercher, Ann-Kathrin Allekotte und Oliver Linsel in den Stadtrat.

BAMH nicht mehr mit Hartmann als Speerspitze, MBI weiter mit Lothar Reinhard

Der BAMH. Das Wählerbündnis hat es bei seinen Nominierungswahlen krachen lassen und Fraktionschef Jochen Hartmann in die Flucht getrieben. Die Mitglieder verweigerten dem Leitwolf Listenplatz 1, den jetzt Ratsfrau Ramona Baßfeld innehat. Auf den Plätzen folgen mit Frank Wagner, OB-Kandidat Martin Fritz und Hans-Georg Hötger allesamt aktuelle Mitglieder der BAMH-Fraktion. Auf Listenplatz 5 steht Alexander Kocks, seinerzeit Kopf von Demo und Protest gegen die 39-prozentige Grundsteuer-Erhöhung. Der Bürgerliche Aufbruch muss sich erstmals bei einer Wahl beweisen, die aktuelle Ratsfraktion hatte kein Mandat der Wähler, sie war mitten in der Ratsperiode von „Fahnenflüchtigen“ aus CDU, AfD und MBI gebildet worden.

MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard in seinem Element: Bei der Demo für den Erhalt der VHS vor der Ratssitzung im Oktober 2017 diskutiert er gestenreich mit CDU-Ratspolitiker Werner Oesterwind.
MBI-Fraktionssprecher Lothar Reinhard in seinem Element: Bei der Demo für den Erhalt der VHS vor der Ratssitzung im Oktober 2017 diskutiert er gestenreich mit CDU-Ratspolitiker Werner Oesterwind. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die MBI. Die Bürgerinitiativen hatten es 2014 auf fünf Ratsmandate gebracht. Norbert Striemann ging aber im Streit zur SPD, Hans-Georg Hötger begründete die Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs mit. Um Direktmandate werden die MBI nicht konkurrieren können, bei ihnen ist die Reserveliste das Maß aller Dinge. Diese führt Fraktionssprecher Lothar Reinhard auch dieses Mal an, gefolgt von seinen beiden verbliebenen Mitstreiterinnen im Stadtrat, Heidelore Godbersen und Annette Klövekorn. Auf den weiteren Listenplätzen rangieren der Reihe nach Kevin van der Bey, Gesine Schloßmacher, Michael Kasimir, Bernd Mienert und Dietmar Berg.

Die FDP setzt auf Kontinuität und Verjüngung, die Linken vor dem Neustart

Die FDP. Die FDP holte 2014 drei Ratsmandate. Auch sie hat ihren drei Ratsherren, die aktuell liberale Politik im Stadtrat machen, das Vertrauen ausgesprochen: Fraktionschef Peter Beitz, Joachim vom Berg und dem jungen Markus Schulz, Jahrgang 1992. Die FDP setzt auch auf den folgenden Plätzen auf den Nachwuchs, etwa auf Lena Marie Hedrich (Jahrgang 1992, Platz 4). Auf den Listenplätzen hinter ihr hoffen André Pütz und Philippa Gerling auf einen Sitz im Stadtrat, sollte die FDP besser abschneiden als 2014.

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Die Linken. Die Linken müssen (mal wieder) komplett neu starten, nachdem ihre zwei Ratsmitglieder Birgit Felderhoff und Andreas Marquardt dem Kreisverband den Rücken gekehrt haben, um mit Ex-AfDler Lutz Zimmermann und Hasan Tuncer vom Bündnis für Bildung eine überraschende Liaison quer durch das politische Spektrum einzugehen. Zur Spitzenkandidatin der Kommunalwahl wählten die Linken ihre Kreissprecherin Andrea Mobini, auf Listenplatz 2 folgt Schatzmeister Marc Scheffler, der zuletzt auch als Bundestagskandidat in Erscheinung trat. Die stellvertretende Sprecherin der NRW-Linken, Nina Eumann, komplettiert das Trio an der Spitze der Reserveliste. Weitere Kandidaten sind Yannik Liebermann (Platz vier) und Dorit Thunack (Platz fünf).

Das BfB muss sich neu beweisen, WIR setzt erneut auf Bicici

Das Bündnis für Bildung. Die Wählergemeinschaft ist bekanntlich aus der Bürgerinitiative zum Erhalt der Bruchstraßen-Schule entstanden. Die Wähler statteten das Bündnis 2014 mit einem Ratsmandat aus (Hasan Tuncer). Mittlerweile stellt das BfB im Rat eine Fraktion, nachdem Lutz Zimmermann (AfD, Mülheim 5 vor 12) sowie die Linken Birgit Felderhoff und Andreas Marquardt mit Tuncer ein Links-Rechts-Bündnis eingegangen sind. Wahlkreiskandidaten und Reserveliste wird die Wählergemeinschaft erst Ende Juni wählen. Laut dem Vorsitzenden Ferit Sentürk sind alle vier Ratsmitglieder bereit für eine erneute Kandidatur. Bleibt die Frage: Wer wird Spitzenkandidat? Denn dass das BfB vier Ratsmandate bei den Wahlen erreicht, ist unwahrscheinlich.

WIR AUS Mülheim. Der aktuelle Einzelkämpfer des Wählerbündnisses im Rat, Cevat Bicici, wird auch im September Spitzenkandidat sein. Auf den Plätzen folgen Uwe Klabuhn, Kirsten Grunau, mit Wolfgang Budde der ehemalige Vorsitzende der Interessengemeinschaft „Wir in Mintard“ und Annelie Klemt. Bicici freut sich, dass auch alle nötigen Unterstützer-Unterschriften für die Wahlen zu den drei Bezirksvertretungen beisammen sind.

AfD nimmt nächsten Anlauf, Satirepartei hat auch reelle Chancen

Traten schon bei der Bundestagswahl 2017 als Spitzenpersonal ihrer Parteien an, waren sich im Wahlkampf aber gar nicht grün: Alexander von Wrese (AfD) und Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne).
Traten schon bei der Bundestagswahl 2017 als Spitzenpersonal ihrer Parteien an, waren sich im Wahlkampf aber gar nicht grün: Alexander von Wrese (AfD) und Franziska Krumwiede-Steiner (Grüne). © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die AfD. Die AfD war nach der Kommunalwahl 2014 mit drei Mandaten in den Stadtrat eingezogen, die Fraktion löste sich aber schnell im Streit auf. Jochen Hartmann gründete den Bürgerlichen Aufbruch, Lutz Zimmermann und Martin Fritz machten als „Mülheim 5 vor 12“ weiter, bevor sich auch ihre Wege trennten. Erneut drängt die Partei in den Stadtrat, bei der Europawahl holte sie in Mülheim knapp 9,7 Prozent. Die Reserveliste der AfD führt deren OB-Kandidat und Kreisvorsitzender Alexander von Wrese an. Auf den Plätzen folgen Dominic Fiedler, Karin Fiene, Deniz Yorulmaz und Tobias Laue.

Die Partei. Nach ihrem Mülheimer Ergebnis bei der Europawahl 2019 (2,45 Prozent) ist die Satirepartei auch ernsthafter Kandidat für Sitze im Stadtrat. Die Reserveliste führen Dominik Messink, Sonja Strahl, Karsten Wusthoff, Andreas Preker-Frank und Roland Oder an.