Mülheim. Andrea Mobini hat das Bündnis „Mülheim stellt sich quer“ auf die Beine gestellt. Es soll keine Eintagsfliege bleiben, Wahlkampf hin oder her.
Am Abend des 29. Oktober 2019 haben die Mülheimer sich selber überrascht. Mit Wucht, zu Tausenden, sind sie auf die Straße gegangen und vor die Stadthalle gezogen, um gegen eine AfD-Veranstaltung zu protestieren. So ist es gewesen. Und wie geht es weiter? Diese Frage beschäftigt besonders Andrea Mobini.
Die 59-Jährige, Kreissprecherin der Partei Die Linke, hat den Anstoß gegeben, aus dem heraus sich die Groß-Demonstration entwickelte. Sie hat das Ganze auf die Beine gestellt, unterstützt erst von einem kleinen Kreis, am Ende von einer beeindruckenden Masse. Die Idee, eine gemeinsame Initiative gegen Rechts auf die Beine zu stellen - ähnlich dem bereits vor fast 20 Jahren gegründeten Bündnis „Essen stellt sich quer“ -, hätte sie schon länger in sich getragen, sagt Mobini. „Aber in Mülheim gab es nichts Konkretes, wo man hätte ansetzen können.“
Mails an die Mülheimer Parteien: „Wir müssen reden“
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Dann geschah Anfang Juli die Gruppenvergewaltigung durch Jugendliche aus bulgarischen Familien, gefolgt von einem Aufmarsch rechtsgerichteter Demonstranten. „Als sich die Rechten da formiert haben, habe ich Mails an die anderen Parteien in Mülheim geschrieben: ,Wir müssen reden. Sonst kriegen wir ein Problem.’“
Nach der Ankündigung, dass die AfD Ende Oktober eine Veranstaltung in der Stadthalle plante, „ging es dann Schlag auf Schlag“, berichtet Mobini. „Wir mussten etwas tun. Eine Demo organisieren.“ Den Kern der Initiative „Mülheim stellt sich quer“ bildeten neben der Linken auch die SPD und die Grünen, jeweils mit ihren Jugendorganisationen. Als Sprecher-Trio fungierten außer Andrea Mobini die stellvertretende Mülheimer SPD-Vorsitzende Nadia Khalaf und der Vorstandssprecher der Grünen, Fabian Jaskolla.
Rund 30 Organisationen haben das Bündnis mitgetragen
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Am Ende haben rund 30 Organisationen das Bündnis offiziell unterstützt, politische Parteien, Jugendverbände, Kulturschaffende, auch evangelische wie katholische Kirche haben sich eingereiht und ausdrücklich zur Teilnahme an der Gegendemonstration aufgerufen. Entsprechend bunt und vielfältig ist es dann am 29. Oktober beim weitestgehend friedlichen Protestzug in der Innenstadt zugegangen.
„Wir haben zunächst mit 400 Teilnehmern gerechnet“, erinnert sich Mobini, „wir schätzen, dass es am Ende gut 3000 Menschen waren. Enorm, was daraus geworden ist. Das macht Mut für Mülheim.“
Schon als Teenager Mitte der Siebzigerjahre politisch engagiert
Sie selber lebt seit zehn Jahren hier in der Stadt. Ursprünglich kommt sie aus Darmstadt, hat sich in Südhessen schon als Teenager politisch engagiert. Die erste Demo, bei der Andrea Mobini mitgegangen ist, sei 1975, 1976 gewesen, „da ging es um Frauenrechte“. Auch die legendäre Friedensdemonstration 1981 im Bonner Hofgarten hat sie miterlebt. Und: „Antirassistische Arbeit war mir immer besonders wichtig.“
Lange Jahre engagierte sich Andrea Mobini, ohne einer Partei anzugehören. Erst 2015 sei sie in Die Linke eingetreten. Ihre Berufstätigkeit als Einzelhandelskauffrau musste sie aufgeben, ist nach einer schweren Erkrankung erwerbsunfähig. Ehrenamtlich arbeitet die 59-Jährige als Kreissprecherin ihrer Partei. Bei der Kommunalwahl im September will sie für den Stadtrat kandidieren.
Nach dem Riesen-Happening erst einmal fertig
Unabhängig davon soll das Bündnis „Mülheim stellt sich quer“ bestehen und aktiv bleiben, meint Mobini. Wahlkampf hin oder her. „Nach dem Riesen-Happening Ende Oktober waren erst einmal alle ziemlich fertig.“ Ende November habe es ein erneutes Treffen gegeben, das nächste sei für Januar geplant. „Es soll keine Eintagsfliege bleiben. Wir wollen nicht nur reagieren, sondern auch eigene Veranstaltungen organisieren. Die Leute aufklären, was die AfD eigentlich für eine Partei ist.“
Über Facebook verbunden
Die Initiative „Mülheim stellt sich quer“ ist weiterhin über ihre Facebook-Seite aktiv. Aktuell hat sie rund 730 Abonnenten.
Hier werden unter anderem Medienbeiträge zum Thema Rechtsextremismus geteilt sowie Veranstaltungen in den Nachbarstädten.
Mülheim biete gute Voraussetzungen, meint Mobini: „Die Mobilisierung ist hier relativ groß. Egal welche Partei: Wenn es gegen Rechts geht, sammeln sich die Leute.“