Mülheim. Mülheims CDU will mit Marc Buchholz als eigenem Kandidaten in die OB-Wahl gehen. Das Bündnis mit den Grünen ging mit einem Paukenschlag zu Bruch.

Das hat es auch noch nicht gegeben: Am Freitag gaben Mülheims Grüne eine Presseerklärung heraus, in der sie bekannt gaben, wen die CDU-Parteiführung als OB-Kandidaten vorsieht.

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„Seit gestern steht fest, dass die Spitze der Mülheimer CDU Wilhelm Steitz ihren Mitgliedern nicht als OB-Kandidaten vorschlagen wird, sondern plant, mit Marc Buchholz einen eigenen Kandidaten ins Rennen zu schicken“, teilten die Grünen gegen 11.09 Uhr mit. Und dies, ohne der CDU, mit der sie sich im Dezember noch auf die gemeinsame Kandidatin Diane Jägers und eine sachpolitische Koalition als Abgrenzung zur SPD verständigt hatten, noch die Möglichkeit zu lassen, mit ihrer Personalentscheidung selbst an die Öffentlichkeit zu gehen.

Grüne: CDU fehlte der Mut, Wilhelm Steitz mitzutragen

„Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Führung der CDU letztlich der Mut fehlte, einen gemeinsamen Kandidaten mit grünem Parteibuch den eigenen Mitgliedern vorzuschlagen“, hieß es weiter seitens der Grünen, die vor Wochen nach dem gesundheitsbedingten Rückzug der schwarz-grünen Kandidatin Diane Jägers (CDU) ihren eigenen Kandidaten Wilhelm Steitz ins Spiel gebracht hatten in der Hoffnung, die CDU würde dieses mittragen.

Die Verlautbarung der Grünen erwischte den CDU-Parteivorstand auf kaltem Fuß. Die Nachricht der Grünen war schon mehr als zwei Stunden auf dem Markt, da bestätigte CDU-Parteivorsitzende Astrid Timmermann-Fechter, dass ihr Kreisvorstand Buchholz mit einem einstimmigen Votum der Kreisdelegiertenversammlung als OB-Kandidat vorschlage. Erst am Freitagabend wollte Timmermann-Fechter die Vorsitzenden der Ortsverbände und CDU-Vereinigungen über das Vorstandsvotum zu Buchholz informieren. Die Grünen waren ihr da schon mächtig in die Parade gefahren.

CDU-Vorsitzende kontert Grüne: „Verletzte Eitelkeit“

CDU-Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter zeigte sich enttäuscht über die Grünen, sprach von „verletzter Eitelkeit“, die aus deren Äußerungen spreche.
CDU-Parteichefin Astrid Timmermann-Fechter zeigte sich enttäuscht über die Grünen, sprach von „verletzter Eitelkeit“, die aus deren Äußerungen spreche. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Timmermann-Fechter zeigte sich enttäuscht von dem Vorpreschen der Grünen, die sie am Donnerstagabend vertraulich informiert hatte. Die Parteivorsitzende wertete das Agieren der Grünen als „verletzte Eitelkeit“, weitergehend wollte sie sich nicht äußern. Die CDU habe sich intensiv auch mit einer möglichen Unterstützung von Wilhelm Steitz (Grüne) auseinandergesetzt.

Steitz sei „sympathisch“ und habe Verwaltungskompetenz. „Nur ist die CDU der Ansicht, dass Mülheim einen OB braucht mit einer Perspektive, die über eine Wahlperiode hinausgeht“, so Timmermann-Fechter mit Verweis auf die 65 Jahre, die Steitz alt ist. Buchholz könne noch frische Ideen für Mülheim einbringen, zudem sei er mit seiner Verwaltungserfahrung „sehr kompetent“.

Mit der Wahl von Buchholz zum Dezernenten verlor SPD die Hausmacht im Rathaus

CDU-Mann Buchholz war Anfang 2019 mit großem Getöse vom Stadtrat zum neuen Dezernenten für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur gewählt worden. Um die Hausmacht der SPD im Rathaus zu brechen, hatte sich dafür eine breite Ratskoalition jenseits der SPD gebildet. Die SPD war düpiert. Sie hatte sich zuvor auf alte Absprachen mit der CDU verlassen, ihr Unterstützung für einen Kandidaten zu geben. Doch mit dem altersbedingten Abschied von SPD-Dezernent Ulrich Ernst verloren die Sozialdemokraten über den „Buchholz-Komplott“ des Stadtrates ihren direkten Zugriff auf das Mega-Dezernat, das mehr als 60 Prozent des städtischen Etats verantwortet.

Schon 2019 zur Wahl von Buchholz war darüber spekuliert worden, ob Mülheims CDU sich mit ihm anderthalb Jahre vor der Kommunalwahl einen OB-Kandidaten aufbauen wollen würde. Buchholz hatte diesbezügliche Ambitionen vehement zurückgewiesen. Buchholz ist Jahrgang 1968. Der Duisburger war CDU-Fraktionsgeschäftsführer in Düsseldorf, 2009 scheiterte er als OB-Kandidat seiner Partei in Bottrop. Von 2005 an war Buchholz bis zu seinem Wechsel nach Mülheim Beigeordneter für Schule, Jugend, Sport und Soziales in Kevelaer.

Buchholz entschied sich erst am Donnerstagnachmittag

Buchholz selbst sagte am Freitag im Gespräch mit dieser Redaktion, dass er in den vergangenen drei Tagen vermehrt aus Reihen der CDU angesprochen worden sei mit der Bitte, seine ursprüngliche Haltung, sich auf sein Dezernentenamt konzentrieren zu wollen, noch einmal zu überdenken. Nach Rücksprache auch mit der Familie sei am Donnerstag die Entscheidung gefallen, doch als OB-Kandidat zur Verfügung zu stehen. Kolportiert wird, ein favorisierter Kandidat sei der CDU abgesprungen. Parteichefin Timmermann-Fechter sagt, Buchholz sei der Wunschkandidat.

Eine inhaltliche Positionierung zu seiner absehbaren Kandidatur will Buchholz noch nachschieben. Zwei Ziele verfolge er aber: erstens klare Mehrheiten im Rat, damit die Bürger wüssten, wohin der Weg gehe, und zweitens die Rückgewinnung von Vertrauen der Bürger in Politik und Verwaltung. Er nehme großes Misstrauen wahr. Dem wolle er mit Offenheit, Transparenz und klarer Positionierung entgegenwirken, so Buchholz.

Grüne schicken Giftpfeile Richtung CDU

Die Grünen hatten am Freitag reichlich Giftpfeile gegen die CDU ins Orbit gejagt, die die geplante auch inhaltliche Zusammenarbeit für die kommende Ratsperiode schwer belasten, wenn nicht zunichte machen dürfte. In den vergangenen Wochen habe sich „schon abgezeichnet, dass die CDU versuchte, uns noch hinzuhalten und fieberhaft nach einer eigenen Kandidatin oder Kandidaten suchte“, heißt es in der Mitteilung des Grünen-Parteivorstandes.

„Wir haben daher eine Entscheidung sehr dringend gefordert. War Herr Buchholz noch vor Wochen selbst für die CDU ein ungeeigneter Kandidat, so war es jetzt anscheinend wieder wichtiger, auf das Ticket ,Hauptsache CDU’ zu setzen. Die Qualität, Erfahrung und das überall parteiübergreifende Lob für den von den Grünen vorgeschlagenen Wilhelm Steitz machte ihnen wohl mächtig Angst.“

Grüne und CDU werden „Verantwortungspartnerschaft“ nicht weiterverfolgen

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Scharfe Worte, die nun den Auftakt zu einem Kommunalwahlkampf unter neuen Vorzeichen markieren. Grüne und CDU werden ihre angestrebte „Verantwortungspartnerschaft“ nicht weiterverfolgen, beide gehen mit einem eigenen OB-Kandidaten ins Rennen.

So steht die Kandidatenschar für das OB-Amt nun offenbar fest, sollte sich die Personalie Marc Buchholz neben der Kandidatur des Grünen Wilhelm Steitz bestätigen. Für die SPD tritt Monika Griefahn an, für die FDP Amrei Debatin, für den Bürgerlichen Aufbruch Martin Fritz, für die AfD Alexander von Wrese und für die Satirepartei „Die Partei“ Rocker Andy Brings. Daneben kandidiert noch der parteilose Jürgen Abeln.