Mülheim. Die Satirepartei „Die Partei“ will in der Mülheimer Politik für mehr Humor sorgen. Was sie antreibt, und wie die „Machtergreifung“ gelingen soll.

Sollte die A40 geflutet werden, damit statt Karren künftig Kanus über die Ruhrgebietsverkehrsader schiffen? Sollte es eine Umtauschaktion für SUVs in Klappräder geben? Wer jetzt „Schwachsinn“ schreit, kriegt von Andreas Frank und Dominik Messink die Retourkutsche: „Ja. Aber wir sagen wenigstens offen, dass wir Satire machen – im Gegensatz zur etablierten Politik.“

Protestpartei „für Intelligente“ sieht viele Wähler in Mülheim

In jedem Scherz steckt allerdings auch ein Körnchen Wahrheit. Die Partei – 2004 ins Leben gerufen von Titanic-Redakteuren wie Martin Sonneborn – will 2020 auch ins Mülheimer Rathaus einziehen. 20 Mitglieder trafen sich unlängst zum zweiten Mülheimer Stammtisch im Macroskope, beim ersten waren es nur sechs. Messink und Frank geben sich selbstbewusst, „echte Volkspartei“ zu werden, statt nur Splitterpartei „wie die SPD“. Sie erklären: „Wir sind die Protestpartei für Intelligente – davon soll es in Mülheim viele geben, wir rechnen mit 100 Prozent der Stimmen.“ Eine augenzwinkernde Anbiederung beim Souverän, dem Bürger?

Auf den Mund gefallen sind der 27-jährige Vorsitzende und Lehramtsanwärter Messink und der 50-jährige Künstler Frank zumindest nicht. Die mediale Klaviatur können sie bereits ausgezeichnet spielen, aber auch die politische? Frank hat es schon mal probiert, war vor Jahren mal bei Treffen der SPD für den Kulturausschuss dabei, „ohne Mitglied zu sein“, betont er.

Reale Politik ist eine „deprimierende Erfahrung“

Das sei „eine deprimierende Erfahrung gewesen und hat meine Erwartungen noch übertroffen“, schildert Frank ohne eine Miene zu verziehen. Spricht da Frust? „Nein, ich sehe Veränderungsbedarf und gute Voraussetzungen für unsere ,Machtergreifung’“, kontert der Künstler.

Zu diesem Zweck den Kreisverband Mülheim zu gründen, war kein Aufwand, schildert Dominik Messink: ein Antrag beim Landesverband, eine Satzung aufstellen, ein Mitgliedsbeitrag von 10 Euro im Jahr – wie bei jeder Vereinsgründung auch.

Politik braucht mehr bewussten Humor

Nach der Verdrossenheit nun also mehr Witz? Die Politik braucht mehr bewussten Humor – „ein Generationen-Ding“, glaubt Messink, der keine Spannungen zwischen Satirepartei und seinem Lehrer-Beruf (Spanisch und evangelische Religion) sieht. Und sie braucht gute Ideen. Zum kommenden Stammtisch im Macroskope – schon mal in örtlicher Opposition zum Rathaus – will man Vorschläge für ein „Parteiprogramm“ zur Kommunalwahl 2020 sammeln. Im Ernst.

Mitmachen kann jeder, „wir sind durchlässig – und für Elitenförderung“, schiebt Messink nach. Bislang seien unter den 20 Mitgliedern „alle Schichten und Altersgruppen“ an Bord, viele Programmierer, potenzielle Grüne. Eine neue Linke? „Nein, wir sind die radikale Mitte“, widerspricht Frank.

Hauen und Stechen – oder Kniffeln?

Stammtisch im Macroskope

Am Montag, 2. September, trifft sich der Partei-Stammtisch um 19.30 Uhr in „örtlicher Opposition“ zum Rathaus, im Macroskope an der Friedrich-Ebert-Straße 48.

Ziel ist es, „ein Parteiprogramm für den Mülheimer Kreisverband zu entwickeln, das uns in fünf Schritten an die Macht bringen wird“.

„Die Partei“ ist ein Akronym für „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“. Zur EU-Wahl 2019 zogen Satiriker Martin Sonneborn und Nico Semsrott ins Europäische Parlament ein.

Gespräche mit anderen Parteien hat der Kreisverband „Die Partei“ noch nicht aufgenommen, erst einmal will man die Politik über soziale Medien aufmischen. Auch einen OB-Kandidaten gegen ein „unbescholtenes Rathaus“ habe man schon: Carsten kanns – so der Künstlername. Und wenn die Wahl wirklich gelingt? „Dann geht das Hauen und Stechen um die Pöstchen los“, meint Messink bierernst, „vielleicht kniffeln wir auch darum.“