Wanne-Eickel. Inmitten der vielen Superlative auf der Cranger Kirmes hat Wolfgang May seinen kleinen Zauberladen. Der frühere Chemielaborant hat seine Begabung zum Beruf gemacht und lässt sein Publikum mit offenem Mund da stehen. Eine Begegnung mit einem der verrücktesten Originale, die die Kirmes zu bieten hat.
Der Zauberer sitzt zwischen Dosenwurf und Schmuckstand. Und zwar in einer Bretterbude, die so unscheinbar ist, dass sie in diesem Cranger Allerlei aus Blinklichtern, „kommen Sie, schauen Sie, staunen Sie“-Schreiern und Werbeschildern für das schnellste Karussell, die längste Bratwurst oder das cremigste Eis garantiert auffällt. Der Mann in der Bretterbude heißt Wolfgang May, sein Geschäft ist die Magie. Eine Begegnung mit einem der verrücktesten Originale, die diese Kirmes zu bieten hat.
Wolfgang May sitzt auf einem Hocker in seiner Hütte, vor ihm auf dem Tresen die gezinkten Kartenspiele, hinter ihm im Regal die Zauberkästen für Anfänger, und redet lautstark über die Psychologie. Vor allem darauf komme es bei der Zauberei nämlich an, sagt der Mann aus Voerde mit dröhnender Stimme und niederrheinischem Timbre.
Zaubernder Geschäftsmann
Die Zauberei ist sein Beruf, mit seinem Stand, Vorträgen, Shows und einem Onlineversand verdient er sein Geld. May kennt sich also aus. „Das Publikum schaut immer da hin, wo der Zauberer hinsieht. So kann er die Zuschauer ablenken. Der Fachausdruck dafür lautet Missdirection“, sagt er und zündet sich eine Zigarette an.
May ist 62 Jahre alt und verzaubert von der Magie, seit er ein kleiner Junge war. Damals baute er Kästen mit doppelten Böden, mit zwölf führte er seinen Eltern den ersten Trick vor („die Flaschenwanderung“). Noch heute macht ihm das Basteln und Tüfteln mindestens genauso viel Spaß wie die Präsentation.
Tricks werden nicht verraten
In seiner Werkstatt konstruiert er viele Trickwürfel oder Hütchenspiele selber. Denn die Zauberei ist zumindest in einer Hinsicht ein ganz normaler Wirtschaftszweig, in dem es um Qualität und Quantität geht. „Preislich komme ich gegen Sachen aus Fernost nicht an, aber was aus China oder Indien kommt, ist einfach Schrott“, sagt May, der eben auch Geschäftsmann ist.
Er hat mal als Chemielaborant gearbeitet. Aber das war gar nichts für den Voerder, er gehört auf die Bühne. Die Zauberei sei eine Begabung wie die Musik, und sein Talent machte er zum Beruf. Er fing an, auf dem Bochumer Weihnachtsmarkt selbst gebastelte Kartenspiele zu verkaufen – und hatte Erfolg damit. Wie er eine Münze verschwinden lassen kann, verrät er freilich nicht, „dann wäre ja die ganze Illusion weg“.
Publikum steht mit offenem Mund da
Mit diesen kleinen Tricksereien werde man zwar „kein Copperfield, aber man kann die Leute mit sowas schocken“. Das macht er gerne, May liebt es, wenn das Publikum mit offenem Mund da steht. Ob man als Zauberer gut bei Frauen landen könne? Tochter Melanie (27) antwortet für ihn: „Er hat“, sagt sie, „meine Mutter auf der Kirmes kennen gelernt.“