Hattingen. Andauernd Mails checken, aufs Smartphone schauen: In Hattingen ging‘s nun um Handynacken und Handysucht. Was Sex damit zu tun hat.

Das tut schon beim Zusehen weh. Den Kopf tief nach vorne geneigt, den Blick starr nach unten. Aufs Handy natürlich, wohin sonst? Viele Menschen haben mit Handynacken und Handysucht zu kämpfen. Was passiert mit dem Körper, wenn man das Handy nicht mehr aus der Hand legen kann? Und was geschieht emotional und sozial bei Handysucht? Experten in Hattingen klären auf.

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Beim Altstadtgespräch sprachen Dr. Carsten Moser, der in der Klink für Orthopädie und Unfallchirurgie im Katholischen Klinkum Bochum gearbeitet hat und seit einem Jahr in der Klinik Blankenstein tätig ist. Und Dr. Bernhard Kis, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie im St. Elisabeth-Krankenhaus in Niederwenigern.

Smartphones und Tablets verleiten zu einer Fehl- und unnötigen Zwangshaltung

Carsten Moser, der sich seit zwanzig Jahren mit der Wirbelsäule befasst und seit einem Jahr mit Schmerztherapie Patienten hilft, fasst seine Erfahrungen zusammen:

Zivilisationskrankheiten: Smartphones und Tablets verleiten zu einer unnatürlichen Haltung, einer Fehl- und unnötigen Zwangshaltung. Die Ergebnisse sind Handynacken, Ipad-Schulter, WhatsAppitis und Blackberry- beziehungsweise Handydaumen.

Haltungsschäden: Die völlig ungesunde Haltung sieht so aus: Die Schultern fallen nach vorne, die Halsmuskeln überdehnen, die Brustmuskeln verkürzen sich und die Wirbelsäule wird belastet.

Dr. Carsten Moser (li.) und Dr. Bernhard Kis wissen über exzessive Handynutzung und die Folgen Bescheid.
Dr. Carsten Moser (li.) und Dr. Bernhard Kis wissen über exzessive Handynutzung und die Folgen Bescheid.

Folgen: Das bleibt nicht ohne Konsequenzen, denn viele Personen haben Schmerzen und Verspannungen im Nacken, die Schmerzen strahlen sogar bis in die Arme. Viele haben Kopfschmerzen und tastbare Verhärtungen in der Nackenmuskulatur. In ausgeprägten Fällen kommt es zu Schädigungen der Halswirbelsäule und Blockaden.

Jugendliche: Schlecht ist die Dauer-Handy-Haltung für jeden Menschen. Allerdings sind Jugendliche durch stundenlanges Chatten, Gamen oder Filme auf dem Tablet schauen besonders gefährdet, weil ihre Wirbelsäule noch eine höhere Flexibilität aufweist. Überspitzt gesagt, könnten Smartphone-Nutzern an der Schädelbasis durch die jahrzehntelange Fehlhaltung tatsächlich Hörner wachsen.

Ausgleich: Wenn man das Handy hoch vors Gesicht hebt, ist schon viel Gutes getan. Man muss aber unbedingt durch Gymnastik oder anderen Sport für gesunden Ausgleich sorgen, wenn man nicht krank werden will. Unter https://www.mein-ruecken-und-ich.de findet man Hilfe.

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Das ganze gesellschaftliche Leben richtet sich bei vielen nach dem Handy aus

Bernhard Kis kennt die Handy-Problematik von der psychosomatischen Seite. Er weiß, wie ständiger Handygebrauch auf die Seele wirkt.

Handysucht: Viele können das Smartphone gar nicht mehr aus der Hand lassen, weil bei der Benutzung im Gehirn der Botenstoff Dopamin ausgeschüttet wird, der wie Belohnungen wirkt - wie beim Rauchen oder beim Sex. Das Suchtproblem tritt dann auf, wenn wir immer mehr von der Substanz brauchen, um glücklich zu sein.

Abhängigkeit: Das ganze gesellschaftliche Leben richtet sich bei vielen nach dem Handy aus. Auch die Vibration, wenn eine WhatsApp-Nachricht kommt, fühlt sich gut an. Man wird angestupst, es kümmert sich jemand um einen, es wird ein sozialer Reiz gesetzt.

Bindungshormon: Bei den sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder WhatsApp kann man in einen Dialog mit anderen treten und sich selbst darstellen. Und alle können zugucken. Dadurch wird das Bindungshormon gestärkt, aber wir verlernen die Interaktion mit dem direkten Gegenüber. Mit zunehmendem Nutzen von Künstlicher Intelligenz wird die Problematik in Zukunft noch deutlich verstärkt.

Hilfen: Die Handynutzung Jugendlichen zu verbieten, bringt einen nicht weiter. Wichtig ist, dass Eltern mit den Kindern gemeinsam etwas unternehmen, denn Handysucht birgt ein großes Risiko für die Gesellschaft. Gemeinsam aufs Rad zu steigen, Sport zu machen oder andere Aktivitäten zu entwickeln, ist eine gute Gegenstrategie.

Beratungsstellen: Wer alleine nicht mehr klarkommt, kann Beratungsstellen zum Beispiel in Bochum, Essen oder Herdecke aufsuchen. Sie sind mit den Problemen befasst und zeigen Auswege.

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