Gladbeck. Besitzer von Einfamilien- und Doppelhäusern müssen bei der neuen Grundsteuer tendenziell mehr bezahlen. Nun appelliert die Politik ans Land.

„Es ist nicht einfach, in dieser Situation sachlich zu bleiben“, so brachte Wolfgang Wedekind die Stimmung der SPD-Fraktion, wahrscheinlich aber auch sämtlicher anderer Fraktionen, in der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Digitalisierungsausschusses (HFDA) auf den Punkt. Was die Vertreter der Politik so in Aufruhr versetzt hat? Die neue Grundsteuer, besser die daraus resultierende ungleiche Belastung von Besitzern von Ein- und Zweifamilienhäusern im Vergleich zu den Besitzern von Geschäftsgrundstücken.

Denn obwohl damit auf viele Immobilienbesitzer in Gladbeck höhere Grundsteuern zukommen, reißt die Reform der Grundsteuer ein Loch in die Stadtkasse. Rund eine Million Euro fehlen ab dem kommenden Jahr. Zwar müssen nach derzeit vorliegen Zahlen die Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern Mehrkosten von insgesamt rund einer Million Euro tragen, Besitzer von Geschäftsgrundstücken dagegen zahlen aber rund 2,1 Millionen Euro weniger als bisher.

Um diese Differenz über die Grundsteuer wieder reinzuholen, müsste der Hebesatz in Gladbeck auf 1007 Punkte steigen. Das wird er nicht, er bleibt stabil bei 950 Punkten. Eine weitere Erhöhung sei „nicht verhandelbar“, stellte Bürgermeisterin Bettina Weist noch einmal klar.

Gladbecker Parteien appellieren einstimmig an die NRW-Landesregierung

Einstimmig verabschiedete der HFDA daher einen von der FDP eingebrachten Appell des Landes. Darin wird die Landesregierung aufgefordert, diese Auswirkungen zu verhindern oder zumindest abzumildern. Die FDP verweist in ihrem Antrag auf das Saarland, das wie auch NRW das sogenannte Bundesmodell bei der Berechnung der neuen Grundsteuer anwendet. Allerdings habe man dort die Steuermesszahlen so angepasst, dass die Benachteiligung von Wohneigentum weitgehend vermieden werde, so die FDP.

Ähnlich sollte auch NRW vorgehen, so die Forderung, der sich alle Parteien anschlossen – übrigens auch die CDU. Die hatte schon zuvor die Landesregierung öffentlich kritisiert und eine Reform der Reform in NRW gefordert. Das hatten die übrigen HFDA-Mitglieder durchaus mitbekommen und auch anerkannt. „Eine Korrektur der Lastverschiebung stellt dabei keine stärkere Belastung von Gewerbeimmobilien dar“, machte FDP-Fraktionschef Michael Tack zudem mit Blick auf die derzeitige Grundsteuerhöhe deutlich. Die Änderung der Messzahlen könne aber nur das Land angehen, machte Kämmerin Silke Ehrbar-Wulfen deutlich. Die Kommunen hätten diese Möglichkeit nicht.

Inwieweit sich die Landesregierung von Kritik und Appellen beeinflussen lässt, vermag niemand zu sage. Bisher hält sie an ihrem Kurs fest. „Doch wir hoffen, dass der Druck auf die Landesregierung, der von allen Ebenen kommt, noch fruchten wird“, so die Bürgermeisterin. Denn im Moment sehe es so aus, als erhielten die Städte statt der dringend notwendigen finanziellen Entlastung genau das Gegenteil. Am Ende trage auch das dazu bei, dass die Menschen das Vertrauen in den Staat und die Politik verlören, warnte sie.